Der Unterhaltsanspruch der Eltern gegen die Kinder geht, nachdem das Sozialamt in Vorleistung getreten ist, gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII bis zur Höhe der gewährten Leistungen auf den Sozialhilfeträger über. Das Sozialamt kann dann also den Unterhaltsanspruch, den der Vater oder die Mutter gegen das Kind haben, im eigenen Namen gegen das Kind geltend machen. Voraussetzung für den gesetzlichen Anspruchsübergang ist, dass tatsächlich Sozialhilfeleistungen erbracht worden sind und zum Zeitpunkt der Leistungserbringung ein fälliger Unterhaltsanspruch nach bürgerlichem Recht bestand.

2.2.1 Ausschluss des Anspruchsübergang nach § 94 Abs. 1 SGB XII

Es gibt einige Konstellationen, in denen der gesetzliche Übergang von Unterhaltsansprüchen ausgeschlossen ist. Nach § 94 Abs. 1 SGB XII ist dies der Fall

  • soweit der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlungen erfüllt wird (§ 94 Abs. 1 Satz 2 SGB XII),
  • wenn der Unterhaltspflichtige selbst zum Personenkreis des § 19 SGB XII gehört oder der Unterhaltspflichtige mit der leistungsberechtigten Person ab dem zweiten Grad (Großeltern/Enkel) oder einem entfernteren Grad verwandt ist (§ 94 Abs. 1 Satz 3 SGB XII),
  • soweit dem Unterhaltsberechtigten Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) gewährt werden,
  • wenn das unterhaltspflichtige Kind schwanger ist oder ein leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreut (§ 94 Abs. 1 Satz 4 SGB XII)

2.2.2 Ausschluss des Anspruchsübergangs nach § 94 Abs. 1a SGB XII

Nach dem durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz neu eingeführten Abs. 1a sind Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 des Vierten Buches beträgt jeweils mehr als 100.000 EUR (Jahreseinkommensgrenze). Der Übergang von Ansprüchen der Leistungsberechtigten ist ausgeschlossen, sofern Unterhaltsansprüche danach nicht zu berücksichtigen sind[1].

[1] Vgl. hierzu Ziffer 1.2.

2.2.3 Ausschluss des Anspruchsübergangs nach § 94 Abs. 3 SGB XII

Auch im dritten Absatz des § 94 SGB XII finden sich einige Ausnahmetatbestände, nach denen der Übergang von Unterhaltsansprüchen ausgeschlossen ist. Danach gehen Unterhaltsansprüche nicht über

Eine unbillige Härte kann entweder die Person des Unterhaltspflichtigen oder die des Unterhaltsberechtigten betreffen. Umstände, die bereits nach bürgerlichem Recht ganz oder teilweise der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs entgegenstehen, kommen nicht als Härtegrund im Sinne des § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in Betracht. Die öffentlich-rechtliche Regelung ist insoweit von den unterhaltsrechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung des Unterhaltsanspruches nach § 1611 Abs. 1 BGB abzugrenzen. Bei der Auslegung des Begriffs "unbillige Härte" ist in erster Linie die Zielsetzung der Hilfe zu berücksichtigen; daneben sind aber auch die allgemeinen Grundsätze der Sozialhilfe, die Belange der Familie und die wirtschaftlichen und persönlichen Beziehungen sowie die soziale Lage der Beteiligten heranzuziehen . Eine unbillige Härte kann insbesondere vorliegen,

  • wenn die Höhe des Heranziehungsbetrages in keinem Verhältnis zu der dadurch zu befürchtenden nachhaltigen Störung des Familienfriedens steht,
  • wenn durch die Heranziehung das weitere Verbleiben der leistungsberechtigten Person in der Familie gefährdet erscheint,
  • wenn vor dem Hintergrund der sozialen und wirtschaftlichen Lage des Unterhaltspflichtigen eine unzumutbare Beeinträchtigung seiner Person und der übrigen Familienmitglieder zu befürchten ist,
  • wenn der Unterhaltspflichtige den Unterhaltsberechtigten bereits vor Eintritt der Sozialhilfe über das Maß hinaus betreut oder gepflegt hat,
  • wenn der Unterhaltspflichtige erhebliche Leistungen zur häuslichen Pflege erbringt und der Leistungsträger durch die geleistete Pflege weitere Leistungen erspart, die die erbrachte Sozialhilfeleistung übersteigen würden,
  • wenn die Zielsetzung der Hilfe infolge des Übergangs gefährdet erscheint.

Die BGH[1] hat ferner das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII für den Fall bejaht, dass es im Verantwortungsbereich des Sozialhilfeträgers liegt, dass der Unterhaltsberechtigte nicht pflegeversichert ist und deshalb im später eingetretenen Pflegefall kein Pflegegeld bezieht. Gem. § 94 Abs. 3 Satz 2 SGB XII ist der Amtsermittlungsgrundsatz für die Feststellung der unbilligen Härte eingeschränkt. Den Sozialhilfeträger trifft keine Pflicht, von Amts wegen Gründe für eine unbillige Härte zu ermitteln. Die Gründe für das Vorliegen einer unbilligen Härte sind aber von dem Sozialhilfeträger zu berücksichtigen, wenn sie nachgewiesen werden oder der Träger der Sozialhilfe auf andere Weise Kenntnis davon erlangt hat. Liegt eine unbillige Härte v...

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