Rz. 414

Wird der Antrag während des laufenden Verfahrens erweitert, war strittig, ob die Erweiterung dazu führt, dass sämtliche bis zur Antragserweiterung aufgelaufenen fälligen Beträge in der nun geltend gemachten Höhe erweitert werden können, oder aber nur die bei Antragseinreichung bereits fälligen Beträge und der Jahresbetrag entsprechend der Antragserweiterung erhöht werden.[388]

 

Rz. 415

Inzwischen spricht sich die herrschende Rechtsprechung, siehe nachstehende Rdn 416 bis Rdn 425 unten gegen eine Addition der im Verfahren weiter aufgelaufenen fälligen Beträge aus, selbst wenn der ursprüngliche Antrag konkretisiert wird.

 

Rz. 416

Ein Teil der Rechtsprechung geht jedoch davon aus, dass wenn in einem Antragsverfahren ein Antrag erweitert wird, der Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellung auch für die Erweiterung gilt und nicht der Zeitpunkt der jeweiligen ersten Antragstellung abzustellen ist.

 

Rz. 417

Gemäß § 34 FamGKG ist auch für die Antragserweiterung grundsätzlich der Tag maßgeblich, an dem der jeweilige Antrag eingereicht wird, die Addition während eines möglicherweise lange dauernden Verfahrens weiter aufgelaufener fälliger Beträge erscheint jedoch nicht sachgerecht, da dies zu einem unkalkulierbaren Kostenrisiko führen kann.

 

Beispiel

Geltend gemacht wird laufender Unterhalt ab Januar 2023 in Höhe von 450,00 EUR monatlich, zuzüglich fällige Beträge für 4 Monate in Höhe von ebenfalls 450,00 EUR monatlich. Es ergibt sich folgende Wertberechnung für diesen Unterhaltsantrag:

Wertberechnung:

 
12 x 450,00 EUR, § 51 Abs. 1 FamGKG 5.400,00 EUR
4 x 450,00 EUR, § 51 Abs. 2 FamGKG 1.800,00 EUR
Summe, § 22 Abs. 1 RVG 7.200,00 EUR

Nun erfolgt eine Antragserweiterung bezogen auf die weiteren aufgelaufenen fälligen Beträge während der Dauer des Verfahrens im August 2023. Es werden für die Monate Januar bis August 2023 (8 Monate) monatlich jeweils 450,00 EUR fällige Unterhaltsbeträge im Rahmen einer Antragserweiterung geltend gemacht.

Abwandlung 1:

 
12 x 450,00 EUR, § 51 Abs. 1 FamGKG 5.400,00 EUR
4 x 450,00 EUR, § 51 Abs. 2 FamGKG 1.800,00 EUR
Summe, § 22 Abs. 1 RVG 7.200,00 EUR

+ Antragserweiterung im August 2023

 
8 x 450,00 EUR, § 51 Abs. 2 FamGKG 3.600,00 EUR
Summe, § 22 Abs. 1 RVG 10.800,00 EUR

Die Addition der hier weiter aufgelaufenen fälligen Beträge ist m. E falsch, siehe ab Rdn 419 unten.

Abwandlung 2:

Es erfolgt eine Antragserweiterung hinsichtlich der weiter aufgelaufenen fälligen Beträge sowie eines insgesamt höheren Unterhaltsbetrags, der sich nach vollständiger Auskunftserteilung entsprechend neu berechnet hat. Geltend gemacht wird ein laufender Unterhalt in Höhe von 550,00 EUR monatlich seit Januar 2023 sowie fällige Unterhaltsbeträge in Höhe von 550,00 EUR monatlich für (4 + 8) 12 Monate.

Da es sich hier um eine Konkretisierung des ursprünglichen Antrags handelt, sind die weiter geltend gemachten Beträge zum ursprünglichen Antrag wie nachstehend berechnet zu addieren:

 
12 x 450,00 EUR, § 51 Abs. 1 FamGKG 5.400,00 EUR
4 x 450,00 EUR, § 51 Abs. 2 FamGKG 1.800,00 EUR
Summe, § 22 Abs. 1 RVG 7.200,00 EUR
+ 12 x 100,00 EUR (Antragserweiterung höherer Unterhalt) 1.200,00 EUR
+ 4 x 100,00 EUR (Antragserweiterung höherer Unterhalt) 400,00 EUR
+ 8 x 550,00 EUR (Antragserweiterung weitere fällige Beträge) 4.400,00 EUR
Summe, § 22 Abs. 1 RVG 13.200,00 EUR
Die Addition der hier weiter aufgelaufenen fälligen Beträge ist m. E falsch, siehe ab Rdn 419 unten.  
 

Rz. 418

Diese Berechnungsmethode entspricht auch der Rechtsprechung z.B. des OLG Köln:

Zitat

"Wird bei einer Unterhaltsklage nach Antragseinreichung die Klage erhöht, so sind die Beträge, die auf die Zeit zwischen Klageeinreichung und Klageerweiterung fallen, streitwerterhöhende fällige Beträge."[389]

Auch das OLG Brandenburg berechnet nach dieser Methode:[390]

Zitat

"Im Unterhaltsverfahren in Familienstreitsachen stellen Unterhaltsbeträge, um die der Zahlungsantrag nach Verfahrenseinleitung durch spätere Antragserweiterung erhöht wird und die auf die Zeit bis zur Antragserweiterung entfallen, werterhöhende fällige Beträge im Sinne von § 51 Abs. 2 FamGKG dar. Ebenso hat die Erweiterung ab Eingang derselben im Umfang der Differenz zur Ausgangsforderung werterhöhende Wirkung nach § 51 Abs. 1 FamGKG."

 

Rz. 419

Anders sieht es hingegen das OLG Bremen bei Bewertung eines Stufenantrags:[391]

Zitat

"Für die Berechnung des Verfahrenswertes in Unterhaltssachen ist der Unterhaltsrückstand zum Zeitpunkt der den jeweiligen Verfahrensgegenstand betreffenden ersten Antragstellung maßgebend, bei einer Stufenklage also der Unterhaltsrückstand zum Zeitpunkt der Einreichung des Auskunftsantrages und nicht zum Zeitpunkt der Bezifferung des Antrags."

 

Rz. 420

Auch das OLG München addiert weiter aufgelaufene fällige Beträge nicht:

Zitat

"1. Nach § 51 FamGKG richtet sich der Wert des Verfahrens einerseits nach der Höhe der höchsten Unterhaltsforderungen für 12 Monate sowie andererseits nach den bei Einreichung des Antrags rückständigen Forderungen. (Rn 15)"

2. Soweit der Antrag im Rahmen eines Stufenver...

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