Rz. 26

Die Pflichten des Ausbildenden ergeben sich aus den §§ 14 bis 16 BBiG. Seine Hauptpflicht ist die Vermittlung der beruflichen Handlungsfähigkeit und Durchführung der Ausbildung, sodass das Ausbildungsziel innerhalb der vorgesehenen Ausbildungszeit erreicht werden kann. Die sachliche Ausbildung umfasst in erster Linie eine geordnete Vermittlung von Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten; es sind dem Auszubildenden die üblichen Arbeiten zu übertragen. Diese müssen dem Ausbildungszweck dienen und den körperlichen Kräften des Auszubildenden angemessen sein, § 14 Abs. 3 BBiG. Eine dem Ausbildungszweck dienende Aufgabe liegt vor, wenn diese geeignet ist den Ausbildungszweck unmittelbar oder mittelbar zu fördern (Lakies/Malottke/Lakies, BBiG, § 14 Rn 31). Entscheidend für die Art der zu übertragenden Aufgaben ist das Berufsziel, sodass Besorgungen i.d.R. nicht hierunter fallen, jedoch können auch Hilfs- oder Nebenaufgaben übertragen werden (Leinemann/Taubert/Leinemann/Taubert, BBiG, § 14 Rn 54). Wird ein Auszubildender mit Aufgaben betraut, die diesem Zweck nicht dienen, kann er von seinem Beschwerderecht oder von seinem Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 BGB Gebrauch machen.

 

Rz. 27

Der Ausbildende hat dem Auszubildenden kostenlos die erforderlichen Ausbildungsmittel zur Verfügung zu stellen, § 14 Abs. 1 Nr. 3 BBiG. Dies kann auch nur leihweise erfolgen. Ob hierunter auch die für den Schulbesuch benötigte Ausbildungsliteratur zu fassen ist, ist umstritten (zust. BAG v. 16.2.1976, AP Nr. 3 zu § 611 BGB Ausbildungsverhältnis [für Krankenpflegeschüler, m. krit. Anm. Schwerdtner]; abl. wegen des dualen Berufsausbildungssystems Schaub/Vogelsang, ArbR-HdB, § 174 Rn 47; Leinemann/Taubert/Leinemann/Taubert, BBiG, § 14 Rn 27; Natzel, DB 2005, 610, 611). Bei Nichterfüllung dieser Pflicht kann der Auszubildende einen Deckungskauf vornehmen (BAG v. 16.2.1976, AP Nr. 3 zu § 611 BGB Ausbildungsverhältnis). Die Ausbildungsstücke werden Eigentum des Ausbildenden, dies ist jedoch für die Prüfungsstücke nicht ohne Weiteres der Fall (BAG v. 3.3.1960, AP Nr. 2 zu § 23 HandwO; Schaub/Vogelsang, ArbR-HdB, § 174 Rn 50). Insoweit ist zu differenzieren, ob der Materialwert oder die Arbeitsleistung des Prüflings überwiegt, ob sich das Prüfungsstück im Eigentum eines Dritten befindet oder ob es zur Durchführung eines Kundenauftrags dient (Lakies/Malottke/Lakies, BBiG, § 14 Rn 12).

 

Rz. 28

Eine weitere Pflicht des Ausbildenden ist, den Auszubildenden zum Schulbesuch anzuhalten (§ 14 Abs. 1 Nr. 4 BBiG), was sich nach der konkreten Ausgestaltung des Einzelfalles richtet. In diesem Rahmen sind auch §§ 19 Abs. 1 Nr. 1, 15 BBiG und die Schulgesetze der Länder zu beachten. Der Auszubildende ist für den Schulbesuch von der Arbeitsleistung freizustellen. Auch ist während der Freistellung die Vergütung fortzuzahlen. Der Berufsschulunterricht geht der betrieblichen Ausbildung vor. Die Pflicht zur Freistellung gilt auch für solche Zeiten, in denen der Auszubildende im Zusammenhang mit dem Schulbesuch aus tatsächlichen Gründen an der Teilnahme der betrieblichen Ausbildung gehindert ist (BAG v. 26.3.2001 – 5 AZR 413/99, NZA 2001, 892). Mit der Neuregelung des § 15 BBiG ab dem 1.1.2020 erfolgte eine Gleichstellung von minderjährigen und volljährigen Auszubildenden. Die Freistellungsansprüche aus den §§ 9, 10 JArbSchG wurden für alle Auszubildenden mit der Einführung des § 15 Abs. 1 S. 2 BBiG ins BBiG übernommen. Somit sind alle Auszubildenden neben den o.g. Fällen nunmehr auch in den sonstigen in § 15 Abs. 1 S. 2 BBiG genannten Fällen freizustellen. Auch wurden in § 15 Abs. 2 BBiG die Vorschriften zur Anrechnung der freigestellten Zeiten auf die betriebliche Ausbildungszeit aus §§ 9, 10 JArbSchG (dort jedoch: "Arbeitszeit") entsprechend übernommen, sodass diese nunmehr für alle Auszubildenden unabhängig von ihrem Alter gelten (ausführlich zur Thematik Rennebarth, DStR 2020, 516, 518 f.). Die Verletzung der Freistellungspflicht ist eine Ordnungswidrigkeit gem. § 101 BBiG. Die Kosten der außerbetrieblichen Ausbildung sind vom Ausbildenden zu tragen.

 

Rz. 29

Die persönliche Ausbildung regelt § 14 Abs. 1 Nr. 5 BBiG. Der Ausbildende hat dafür zu sorgen, dass der Auszubildende charakterlich gefördert sowie sittlich und körperlich nicht gefährdet wird. Diese Pflicht ist auf den betrieblichen Bereich beschränkt und darf das grundgesetzlich geschützte Recht der Eltern auf Erziehung (Art. 6 GG) nicht beeinträchtigen (BVerwG v. 9.11.1962, AP Nr. 1 zu Art. 4 GG; Lakies/Malottke/Lakies, BBiG, § 14 Rn 26). Unzulässig ist auch die religiöse Beeinflussung des Auszubildenden (BVerwG v. 9.11.1962, AP Nr. 1 zu Art. 4 GG).

 

Rz. 30

Eine Verletzung der Ausbildungspflicht kann zu Geldbußen (§ 101 BBiG) führen. Außerdem kann sich der Ausbildende schadensersatzpflichtig machen. Dies gilt auch dann, wenn der Ausbildende die Ausbildung auf einen Ausbilder überträgt und dieser seine Pflichten verletzt. Der Ausbilder ist der Erfüllungsgehilfe des Ausbildenden und haftet somit gem. § ...

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