Rz. 55
Die grundsätzliche Möglichkeit, wechselbezügliche Verfügungen inhaltlich aufrechtzuerhalten, ist weitgehend anerkannt. Das gilt nicht nur, wenn beide Ehegatten die Fortgeltung für den Fall der Eheauflösung wollten, sondern – und auch hier ohne Umdeutung – auch dann, wenn nur ein Ehegatte seine wechselbezüglichen Verfügungen aufrechterhalten wissen wollte (die an sich wegen § 2270 Abs. 1 BGB unwirksam würden).[67]
Rz. 56
Verfügungen, die im Wechselbezug stehen, müssen nicht zwingend zeitgleich in einer einheitlichen Urkunde getroffen werden. Sie können auch nacheinander in getrennten Urkunden niedergelegt werden. Allerdings muss in diesem Fall ein entsprechender Verknüpfungswille feststellbar sein, der sich aus den Urkunden zumindest andeutungsweise ergeben muss. Auch ein langer Zeitraum von fast 40 Jahren, der zwischen den beiden Testamenten liegt, spricht nach den Gesamtumständen nicht entscheidend gegen die Annahme eines Verknüpfungswillens der Eheleute. Anhaltspunkte für eine nachträgliche Verknüpfung können sich etwa auch aus einer inhaltlichen Bezugnahme und einer gemeinsamen Verwahrung der Testamente ergeben.[68]
Rz. 57
Über § 2268 Abs. 2 BGB fortgeltende wechselbezügliche Verfügungen behalten nach BGH-Rechtsprechung auch nach Scheidung der Ehe ihre Wechselbezüglichkeit und können nicht gemäß § 2271 Abs. 1 S. 2 BGB durch einseitige Verfügung von Todes wegen aufgehoben werden.[69]
Hinweise
▪ | Möglichst schon nach der Trennung Widerruf nach erbvertraglichen Rücktrittsvorschriften beurkunden und zugehen lassen |
▪ | Testamentsgestaltung: "Dieses Testament verliert seine Wirkung, wenn der Tatbestand des § 2077 BGB vorliegt." |
▪ | In eine Scheidungsvereinbarung (notariell oder gerichtlich: Testamentsform!) vorsorglich aufnehmen: "Alle gemeinschaftlichen Verfügungen von Todes wegen heben wir hiermit auf." |
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