Rz. 7

Abs. 2 verlangt, dass der Arbeitslose in eine Qualifikationsgruppe eingeordnet wird. Dies erfolgt individualisiert, allerdings nur bezogen auf die Auswahl unter Gruppen. Ausgangspunkt und entscheidender Faktor ist seine berufliche Qualifikation. Das bislang erzielte Arbeitsentgelt ist nach dem System der Qualifikationsgruppen unerheblich (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 20.8.2013, L 13 AL 3434/12). Diese bestimmt sich nicht allein anhand seines Schul- oder Ausbildungsabschlusses. Die Ermittlung des fiktiven Arbeitsentgelts hat sich in aller Regel auf das Segment des Arbeitsmarktes zu erstrecken, das der Arbeitslose mit seinem formalen Qualifikationsniveau realistischerweise erreichen kann (Bayerisches LSG, Urteil v. 27.5.2009, L 10 AL 378/07), das ist nach Ansicht des LSG Bayern der erforderliche Berufsabschluss für diese Beschäftigungen (LSG Bayern, Urteil v. 18.12.2013, L 10 AL 374/13). Die Agentur für Arbeit muss ihre Vermittlungsbemühungen nicht auf das Segment des Arbeitsmarktes ausrichten, auf dem der Arbeitslose zwar Berufserfahrungen aufweist, ihm aber das formale Qualifikationsniveau fehlt. Maßgebend ist vielmehr die gesamte berufliche Qualifikation. Diese beinhaltet insbesondere auch Zusatzqualifikationen, z. B. durch berufliche Fortbildung, und berufliche Erfahrung. In einer Gesamtschau hat die Agentur für Arbeit die Beschäftigungen zu ermitteln, die der Arbeitslose nach seiner beruflichen Qualifikation erreichen kann. Nach der tatsächlichen Lage auf dem regional relevanten Arbeitsmarkt kann das auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel eine höhere Qualifikationsgruppe sein, wenn dies die tatsächliche Einstellungspraxis der Arbeitgeber spiegelt. Diese Beschäftigungen sind in eine Reihenfolge zu bringen, beginnend mit der Qualifikation, die am höchsten zu bewerten ist. Jeder Beschäftigung ist danach die Lage auf dem Arbeitsmarkt gegenüberzustellen, um zu ermitteln, auf welche Beschäftigung oder welche Beschäftigungen die Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu erstrecken sind. Das sind die Beschäftigungen, in die der Arbeitslose ohne weitere Förderung am ehesten einzugliedern sein wird. Das LSG Baden-Württemberg (a. a. O.) hält es für richtig, zunächst zu prüfen, auf welche Beschäftigung die Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu erstrecken sind. Sodann sei zu prüfen, welche Ausbildung hierfür üblicherweise erforderlich sei. Die konkrete vorhandene Ausbildung des Arbeitslosen sei nur für den ersten Prüfschritt relevant. Dabei handelt es sich um eine Prognose des Vermittlers, denen nicht nur Erfahrungsgrundsätze und allgemeine Kenntnisse über den regionalen und ggf. auch überregionalen Arbeitsmarkt zugrunde zu legen sind, sondern z. B. auch bekannte offene Stellen und deren Anforderungsprofil. Nicht entscheidend soll der höchste von dem betroffenen Arbeitslosen erworbene Bildungsabschluss sein. Das soll jedenfalls dann zutreffen, wenn der Arbeitslose in dem entsprechenden Beruf eigentlich nie berufstätig war und der Abschluss bereits längere Zeit zurückliegt (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 10.8.2011, L 18 AL 285/10). Auch für dieses Gericht kommt es für die Einordnung in eine Qualifikationsgruppe allein auf diejenige Tätigkeit an, mit der ein Arbeitsloser bestmöglich in den Arbeitsmarkt integriert werden kann (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 12.7.2017, L 18 AL 138/16). Das BSG stellt darauf ab, ob der Arbeitslose über den für die angestrebte Beschäftigung erforderlichen Berufsabschluss verfügt (BSG, Urteil v. 4.7.2012, B 11 AL 21/11 R). Im entschiedenen Fall kam es auch nicht auf ein zuvor deutlich höher erzieltes Entgelt an, als nach der maßgebenden Qualifikationsgruppe für die Bemessung des Alg. Das LSG Nordrhein-Westfalen betont gar den förmlichen Berufsabschluss (Urteil v. 9.2.2012, L 9 AL 12/11) und hält ebenfalls das erzielte und auch das erzielbare Entgelt für irrelevant. In die Prognose der Fachkraft der Agentur für Arbeit können auch erfolgreich zurückgelegte Weiterbildungsmaßnahmen eingehen. Ein förmlicher Berufsabschluss ist jedoch stets ausschlaggebend, wenn dieser tatsächlich gefordert wird und nicht ersetzt werden kann.

 

Rz. 7a

Das BSG hat es nicht beanstandet, dass das Alg im Anschluss an Erziehungszeiten nach Qualifikationsgruppen bemessen wird (BSG, Urteil v. 29.5.2008, B 11a AL 23/07 R). Es liegt kein Verstoß gegen die Verfassung oder gegen Gemeinschaftsrecht vor (BSG, Urteil v. 25.8.2011, B 11 AL 19/10 R). Da Bemessungsrahmen und Bemessungszeitraum strikt voneinander zu trennen sind, können Zeiten, die aufgrund von Sonderregelungen bei der Bestimmung des Bemessungszeitraumes außer Betracht bleiben, nicht zu einer Ausweitung des Bemessungsrahmens über 2 Jahre hinaus führen. Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn Arbeitsentgelt, das bis zum Beginn des Mutterschutzes und damit im entschiedenen Fall mehr als 3 Jahre vor dem Versicherungsfall erzielt wurde, nicht als Bemessungsentgelt zugrunde gelegt wird. Der Gesetzgeber ist auch nicht verpflichtet, Mütter von einer sa...

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