Zusammenfassung

 
Begriff

Im Steuer- und Sozialversicherungsrecht gibt es gesetzliche Ausschlussfristen, nach deren Ablauf Rechtshandlungen nicht mehr zulässig und damit nicht mehr wirksam vorgenommen werden können (z. B. Einspruchsfrist) oder nach deren Ablauf ein Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden kann. In Arbeitsverträgen und Betriebsvereinbarungen, besonders aber in Tarifverträgen, werden häufig Ausschlussfristen (auch Verwirkungs-, Verfall- oder Präklusivfristen genannt) vereinbart. Danach erlöschen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb der vereinbarten Frist (in der Regel zwischen 3 und 6 Monaten nach Fälligkeit des Anspruchs) gegenüber dem Vertragspartner geltend gemacht werden. Ausschlussfristen betreffen nicht die Entstehung von Rechten und deren Inhalt, sondern ihren zeitlichen Bestand. Sie bezwecken, Arbeitgebern und Arbeitnehmern möglichst schnell und umfassend einen Überblick über das Bestehen von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis zu verschaffen. Sie dienen deshalb der Rechtsklarheit und dem Rechtsfrieden. Der Schuldner soll sich darauf verlassen können, nach Ablauf der Ausschlussfrist vom Gläubiger nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Kurze Ausschlussfristen dienen dazu, einen Beweisnotstand des Schuldners zu verhindern, der sich bei Ablauf längerer Fristen vergrößern würde. Umgekehrt soll der Gläubiger angehalten werden, kurzfristig Begründetheit und Erfolgsaussichten seiner Ansprüche zu prüfen. Für die Geltendmachung tariflicher Rechte dürfen Ausschlussfristen nur in Tarifverträgen vereinbart werden. Rechte aus Betriebsvereinbarungen dürfen nur durch Ausschlussfristen in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung eingeschränkt werden.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Arbeitsrecht: Rechtsquellen von Ausschlussfristen im Arbeitsrecht sind Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträge. Selten finden sich arbeitsrechtliche Ausschlussfristen in Gesetzen. Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche nach dem AGG müssen z. B. innerhalb von 2 Monaten schriftlich geltend gemacht werden (§ 15 Abs. 4 AGG).

Arbeitsrecht

1 AGB-Kontrolle

Seit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1.1.2002 werden Regelungen über Ausschlussfristen einer strengeren gerichtlichen Kontrolle nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) geltenden Regeln unterzogen. Betroffen sind in Formulararbeitsverträgen aufgenommene Ausschlussfristen, aber auch Vereinbarungen in Individualverträgen, wenn die vom Arbeitgeber vorformulierte Ausschlussfrist zwar nur zur einmaligen Verwendung bestimmt war, der Arbeitnehmer auf ihren Inhalt aber keinen Einfluss nehmen konnte.[1] In Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen normierte Ausschlussfristen sind nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht kontrollfähig. Dies gilt auch, wenn der Arbeitsvertrag nicht (beidseitig) tarifgebundener Parteien umfassend auf einen bestimmten (persönlich, zeitlich und örtlich einschlägigen) Tarifvertrag verweist.

2 Beginn und Dauer der Ausschlussfrist

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist eine vertragliche Ausschlussfrist von weniger als 3 Monaten für die erstmalige Geltendmachung eines Anspruchs unangemessen kurz.[1] Sie hält einer AGB-Kontrolle nicht stand und ist unwirksam. Dies hat zur Folge, dass die zu kurze Ausschlussfrist ersatzlos entfällt. Die Frist wird nicht mittels Auslegung angepasst, um die Wirksamkeit der Regelung zu erhalten. Eine sog. geltungserhaltende Reduktion ist im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht vorgesehen. Es muss daher eine Ausschlussfrist von mindestens 3 Monaten vereinbart werden.[2] Für (kürzere) Ausschlussfristen in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen gilt diese Rechtsprechung allerdings nicht.

Die Ausschlussfrist sollte zudem an die Fälligkeit des Anspruchs anknüpfen. Insofern ist zu beachten, dass das BAG den Begriff der Fälligkeit im Rahmen von Ausschlussfristen dahingehend auslegt, dass ein Anspruch regelmäßig erst dann fällig ist, wenn der Gläubiger ihn annähernd beziffern kann.[3] Fälligkeit im Rahmen der vereinbarten Ausschlussfristen tritt nicht stets schon bei Entstehung des Anspruchs ein. Vielmehr ist der Begriff der Fälligkeit im Rahmen der Ausschlussfristen unter Einbeziehung des Kenntnisstands des Gläubigers und subjektiver Zurechnungspunkte auszulegen. Demnach ist der Anspruch erst fällig, wenn dem Gläubiger die tatsächliche Geltendmachung möglich ist. Dies hat zur Folge, dass die Unkenntnis die Fälligkeit des Anspruchs verschieben kann.[4]

Wird für den Beginn der Ausschlussfrist allein an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses angeknüpft, benachteiligt diese Regelung den Arbeitnehmer unangemessen, da nicht sichergestellt ist, dass der Gläubiger vor Ablauf der Ausschlussfrist überhaupt Kenntnis von dem Anspruch hat. Eine solche Regelung ist daher unwirksam.[5]

Weiter führt das Anknüpfen des Laufs der Ausschlussfrist an das "Entstehen" des Anspruchs zu einer unangemessenen Benachteiligung i. S. v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Durch die Bezu...

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