4.4.1 Leitsatz: Kürzung der Verpflegungspauschalen anstelle Vorteilsbesteuerung

Eine bedeutsame Rechtsänderung durch das gesetzliche Reisekostenrecht ergibt sich, wenn der Arbeitnehmer während seiner beruflichen Auswärtstätigkeit durch den Arbeitgeber verpflegt wird. An dem bisherigen System, dass die Arbeitgeberbewirtung durch den Ansatz eines geldwerten Vorteils erfasst wird und im Gegenzug die lohnsteuerlichen Verpflegungspauschbeträge vom Arbeitnehmer ungeachtet der unentgeltlichen Verpflegung ungekürzt in Anspruch genommen werden können, wird nur noch eingeschränkt in bestimmten Fällen festgehalten.

Der praktische Hauptanwendungsfall folgt einer anderen steuerlichen Behandlung – es gilt das umgekehrte Prinzip: Kürzung der Verpflegungspauschbeträge anstelle der Vorteilsbesteuerung. Einerseits soll der Arbeitgeber dadurch entlastet werden, dass auf eine Besteuerung der während einer beruflichen Reisetätigkeit gewährten Mahlzeiten verzichtet wird, anderseits muss der Arbeitnehmer dafür eine Kürzung der Verpflegungspauschbeträge in Kauf nehmen.[1] Durch diese Verfahrensweise nimmt der Gesetzgeber im Ergebnis eine Saldierung vor.

Einfacher bedeutet nicht immer leichter

Ob diese vom Gesetzgeber unterstellte Vereinfachung in der Praxis tatsächlich mit einer deutlichen Arbeitsersparnis für das Lohnbüro verbunden ist, wie es in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommt, darf aufgrund der komplexen Wechselwirkung zwischen Fällen der Sachbezugsbesteuerung und Kürzungssachverhalten zumindest in Frage gestellt werden. Die folgende Übersicht veranschaulicht die für Arbeitgeberbewirtung geltende schwierige Rechtslage mit ihren zahlreichen Fallvarianten.

 

4.4.2 Anforderungen an die Arbeitgeberbewirtung

Die nachfolgenden Ausführungen zur steuerlichen Behandlung der Arbeitgeberbewirtung sind nicht nur für unmittelbar vom Arbeitgeber gewährte Verpflegung anzuwenden, sondern auch für Bewirtungsleistungen während einer beruflichen Auswärtstätigkeit, an welcher der Arbeitgeber selbst nicht teilnimmt, aber die Mahlzeit durch einen Dritten auf Veranlassung des Arbeitgebers abgegeben wird.

Das Frühstück, das Mittag- oder Abendessen ist bei dienstlichen Reisen durch den Arbeitgeber veranlasst, wenn die

  • Aufwendungen vom Arbeitgeber dienst- oder arbeitsrechtlich ersetzt werden und
  • die Rechnung auf den Arbeitgeber ausgestellt ist oder es sich um eine Kleinbetragsrechnung handelt (Gesamtrechnungsbetrag bis 250 EUR[1]), die dem Arbeitgeber im Original vorliegt.[2]

Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass der Arbeitgeber in diesem Fall den Tag und den Ort der Mahlzeit im Rahmen der beruflichen Auswärtstätigkeit bestimmt und die Verpflegung damit als Sachleistung zu erfassen ist.

 
Wichtig

Unentgeltliche Verpflegung nur bei Bewirtung durch Arbeitgeber

Die nachfolgenden Regelungen beziehen sich ausschließlich auf die unmittelbare oder mittelbare (= veranlasste) unentgeltliche Verpflegung durch den Arbeitgeber während einer beruflichen Auswärtstätigkeit.

Nimmt der Arbeitnehmer an einer geschäftlichen Bewirtung oder einem Arbeitsessen eines Dritten teil, fehlt es an einer Arbeitgeberbewirtung. In diesem Fall ist weder die Sachbezugswertbesteuerung noch die Kürzung der Verpflegungspauschbeträge zu prüfen. Ebenso weiterhin nicht als Arbeitslohn zu erfassen sind die Vorteile

  • aus einer geschäftlichen Bewirtung i. S. d. § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG oder
  • eines außergewöhnlichen Arbeitsessens (60-EUR-Grenze[3]) des Arbeitgebers.

Die Abgabe der Mahlzeit erfolgt hier in ganz überwiegend betrieblichem Interesse, das sowohl beim Arbeitnehmer als auch bei den anderen teilnehmenden Personen steuerpflichtige Einnahmen ausschließt.

Aber: Eine Kürzung der Verpflegungspauschale kann auch in diesen Fällen der Arbeitgeberbewirtung in Frage kommen. Nach dem für die Kürzung maßgebenden Prinzip der Unentgeltlichkeit ist es insoweit ohne Bedeutung, ob der geldwerte Vorteil aus der arbeitgeberseitigen Gestellung von Mahlzeiten zum Arbeitslohn zählt.

Unterscheidung zwischen üblicher Arbeitgeberbewirtung und Belohnungsessen

Wird der Arbeitnehmer nach den vorstehend dargestellten Grundsätzen während einer beruflichen Auswärtstätigkeit unentgeltlich oder verbilligt verpflegt, ist nach den Reisekostenbestimmungen zwischen einer üblichen Arbeitgeberbewirtung und einem sog. Belohnungsessen zu unterscheiden. Die Üblichkeitsgrenze beträgt 60 EUR. Die 60-EUR-Grenze ist als Bruttobetrag inkl. Mehrwertsteuer zu verstehen, der sämtliche anlässlich der Bewirtung gewährten Speisen und Getränke umfasst. Zuzahlungen des Arbeitnehmers bleiben bei der Prüfung der 60-EUR-Grenze außer Ansatz.

4.4.3 Übliche Mahlzeiten bis 60 EUR

4.4.3.1 Kürzung der Verpflegungspauschale

Beträgt der Gesamtwert der vom Arbeitgeber unmittelbar oder mittelbar gewährten Speisen und Getränke nicht mehr als 60 EUR, handelt es sich um eine übliche Bewirtung. Beim Arbeitnehmer wird auf die Besteuerung des hieraus resultierenden geldwerten Vorteils verzichtet, wenn der Arbeitnehmer seinerseits für die dienstliche Reisetätigkeit dem Grunde nach eine Verpflegungspauschale als Werbungskosten geltend machen kann.[1] Gleichzeitig sieht d...

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