0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist mit dem SGB X v. 18.8.1980 (BGBl. I S. 1469) ab 1981 in Kraft getreten und gilt in der Neufassung des SGB X v. 18.1.2001 (BGBl. I S. 130) mit Wirkung zum 1.1.2001. Durch das Gesetz zum Abbau verzichtbarer Anordnungen der Schriftform im Verwaltungsrecht des Bundes v. 29.3.2017 (BGBl. I S. 626) ist mit Wirkung zum 5.4.2017 Satz 2 angefügt worden.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Regelung beschränkt sich auf den Rechtsbehelf gegen einen schriftlichen oder schriftlich bestätigten Verwaltungsakt (VA). Sie gilt ab der Einführung von § 36a SGB I zum 28.8.2002 auch für den elektronischen Verwaltungsakt. Nach seinem Wortlaut regelte § 36 bisher lediglich das Erfordernis einer Rechtsbehelfsbelehrung für schriftliche Verwaltungsakte und die Anforderungen an die Rechtsbehelfsbelehrung für schriftliche Verwaltungsakte. Dass auch ein elektronischer Verwaltungsakt einer Rechtsbehelfsbelehrung bedarf, wurde bisher unter Heranziehung von § 36a SGB I und § 66 Abs. 1 SGG durch Auslegung ermittelt. Mit der Ergänzung der Regelung um den neuen Satz 2 wird ausdrücklich klargestellt, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung für elektronische Verwaltungsakte erforderlich ist, sie die gleichen Inhalte wie eine schriftliche Belehrung haben muss und elektronisch zu erfolgen hat. Sie soll den beschwerten Betroffenen auf diesen Rechtsbehelf und die dabei zu beachtenden Förmlichkeiten hinweisen. Die Vorschrift findet ihre grundrechtliche Stütze in dem aus Art. 19 Abs. 4 GG abzuleitenden Anspruch auf effektiven Rechtsschutz; jedoch gibt es keinen verfassungsrechtlichen Grundsatz, jede Verwaltungsentscheidung mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. Für die Rechtsbehelfsbelehrung bei einem Widerspruchsbescheid gelten § 85 Abs. 3 SGG bzw. § 73 Abs. 3 VwGO. Das VwVfG enthält keine solche allgemeine Verpflichtung zu einer Rechtsbehelfsbelehrung. Die fehlende oder unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung berührt nicht die Rechtmäßigkeit und Vollstreckbarkeit des VA.

 

Rz. 3

Nicht durch die Vorschrift erfasst werden Überprüfungsmöglichkeiten außerhalb des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens wie Dienstaufsichtsbeschwerden oder Petitionen oder die Einschaltung der Aufsichtsbehörde des Versicherungsträgers. Diese bleiben form- und fristlos jederzeit auch neben Rechtsbehelfen und Rechtsmitteln möglich.

2 Rechtspraxis

2.1 Belehrungspflicht

 

Rz. 4

Durch die Rechtsbehelfsbelehrung soll der von einem VA Betroffene darüber unterrichtet werden, dass die Entscheidung der den VA erlassenden Behörde rechtlich überprüfbar ist. Er ist daher durch die Belehrung in der Lage, zur Vermeidung der Bestandskraft (§ 39 Abs. 2) aber auch gezwungen, sich darüber zu erklären, ob er die getroffene Entscheidung für sich akzeptiert. Es handelt sich bei der Vorschrift daher um eine der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG dienende Regelung.

 

Rz. 5

Die Regelung verlangt die Rechtsbehelfsbelehrung bei einem VA. Andererseits macht aber eine Rechtsbehelfsbelehrung eine Mitteilung nicht zum VA. Aus der Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung auf einem Schreiben folgt daher noch nicht, dass es sich dabei um einen VA handelt.

 

Rz. 6

Das Erfordernis der Rechtsmittelbelehrung war bisher nach dem Wortlaut der Vorschrift auf schriftliche oder schriftlich bestätigte VA (vgl. Komm. zu § 33) beschränkt. Bei nicht schriftlichen VA ist eine schriftliche Rechtsbehelfsbelehrung nicht möglich und eine mündlich erteilte ist nicht nachweisbar.

 

Rz. 7

Das Erfordernis der Rechtsbehelfsbelehrung in elektronischen VA in Form von elektronischen Dokumenten, die grundsätzlich seit dem Dritten Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften möglich und zugelassen sind (vgl. Komm. zu § 37 und § 36a SGB I), war bisher nicht ausdrücklich vorgesehen. Die Gesetzesergänzungen über die ausdrückliche Zulassung elektronischer VA sind damit begründet worden, dass auch einfache elektronische Dokumente der Schriftform nicht entsprechen, weil es an einer Verkörperung durch unmittelbar lesbare Schriftzeichen fehlt und deshalb Regelungen erforderlich sind, die die elektronische Form der Schriftform gleichstellen (BT-Drs. 14/9000 S. 26). Die entsprechende Ergänzung ist wohl übersehen worden, weil sich die Ergänzungen und Begründungen an dem VwVfG orientierten, das eine § 36 entsprechende Vorschrift nicht enthält. Es ist vielmehr unter Berücksichtigung der Gesamtsystematik des Gesetzes ausgeschlossen, dass die Rechtsbehelfsbelehrung in einem elektronischen Dokument damit ausdrücklich ausgeschlossen werden sollte. Dieses lässt sich der Gesetzesbegründung auch nicht entnehmen. Das Erfordernis einer Rechtsbehelfsbelehrung ist grundsätzlich jedoch auch in einem elektronischen VA, der keinem gesetzlichen Schriftformerfordernis unterliegt (vgl. Rz. 13), gegeben. Dies ist nun ausdrücklich durch die Anfügung von Satz 2 erfolgt.

 

Rz. 8

Die Rechtsbehelfsbelehrung soll dem durch den VA beschwerten Beteiligten erteilt werden. Dies ist im Gesetzgebungsverfahren allein zur Klarstellung eingefügt worden (BT-Drs. 8/2034 S. 9; 8/4330 S. 2). Mit der Voraussetzung der Beschwer...

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