1 Einleitung

Der Beschäftigte kann bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses von seinem Arbeitgeber die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses verlangen (§ 109 GewO). Das Arbeitszeugnis dient als Unterlage für künftige Bewerbungen des Arbeitnehmers und darf deshalb durch seinen Inhalt dessen weiteres berufliches Fortkommen nicht unnötig erschweren. Es gibt zugleich dem Arbeitnehmer Aufschluss, wie der Arbeitgeber seine Leistung beurteilt. Außerdem ist das Zeugnis Dritten, insbesondere künftigen Arbeitgebern, Grundlage für ihre Personalauswahl.[1]

Das Erstellen des Arbeitszeugnisses verlangt daher vom Arbeitgeber viel Fingerspitzengefühl: Zum einen muss das darin Mitgeteilte der Wahrheit entsprechen, zum anderen soll das Arbeitszeugnis insgesamt, so die Rechtsprechung, wohlwollend abgefasst sein.

Verstößt der Arbeitgeber gegen die Wahrheitspflicht, indem er dem Beschäftigten beispielsweise im qualifizierten Zeugnis Leistungen und positive Verhaltensweisen bescheinigt, die dieser im Betrieb nie gezeigt hatte, kann er vom neuen Arbeitgeber, der auf die Richtigkeit des Zeugnisses vertraut hatte, auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden.

2 Abgrenzung Arbeitszeugnis/Arbeitsbescheinigung

Arbeitsbescheinigungen sind keine Zeugnisse, einem einfachen Zeugnis aber ähnlich. Häufig werden Arbeitsbescheinigungen gefordert, um gewisse Vorteile zu erlangen oder Voraussetzungen zu begründen, wie z. B. verbilligte Fahrkarten, verbilligte Dienstleistungen, Zugang zu einem Studium. Auf die Erteilung solcher Bescheinigungen besteht ein Rechtsanspruch.

Des Weiteren besteht ein Anspruch auf eine Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III. Diese Arbeitsbescheinigung dient der behördlichen Ermittlung des Arbeitslosengeldes nach Höhe und Zeitpunkt der Gewährung. Es ist kein Zeugnisersatz.

3 Wann entsteht ein Zeugnisanspruch?

Der Zeugnisanspruch setzt ein Arbeitsverhältnis voraus. Dauer und Umfang des Arbeitsverhältnisses sind ohne Belang. So hat z. B. das LAG Düsseldorf einen Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis bei nur zweitägiger Tätigkeit bejaht[1], das LAG Köln nach 6 Wochen.[2] Auch Aushilfen haben einen Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis.

Unterfällt das Arbeitsverhältnis nicht dem TVöD, ist Anspruchsgrundlage § 109 GewO.

Wird ein TVöD-Arbeitsverhältnis gekündigt, hat der Beschäftigte einen Anspruch auf unverzügliche Ausstellung eines vorläufigen Zeugnisses (§ 35 Abs. 3 TVöD). Dieses vorläufige Zeugnis enthält nur Angaben über Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses (sog. einfaches Zeugnis). Daneben gibt es noch das endgültige (sog. qualifiziertes) Zeugnis.

Deren Merkmale sind

 
Einfaches Zeugnis Qualifiziertes Zeugnis
Firmenbogen Firmenbogen
Überschrift Überschrift

Eingangsformel

(Personalien, Gesamtdauer der Beschäftigung, Funktionen)
Eingangsformel
Art der Beschäftigung Art der Beschäftigung
Fortbildungsmaßnahmen

Fortbildungsmaßnahmen

Leistungsbeurteilung

Führungsbeurteilung
Austritt aus der Firma Austritt aus der Firma
Eventuell Gründe für das Ausscheiden Eventuell Gründe für das Ausscheiden
Schlussfloskel Schlussfloskel
   
Ort, Datum, Unterschrift Ort, Datum, Unterschrift

Der Anspruch auf ein vorläufiges Zeugnis nach § 35 Abs. 3 TVöD, besteht bei jeder Art von Beendigung des Arbeitsverhältnisses, setzt also im Gegensatz zum BAT keine Kündigung voraus. Er entsteht allerdings nicht automatisch, sondern nur bei einem entsprechenden Verlangen des Beschäftigten. Demgegenüber entsteht der Anspruch auf ein qualifiziertes Endzeugnis automatisch mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses und ist vom Arbeitgeber von sich aus unverzüglich auszustellen (§ 35 Abs. 4 TVöD).

Der Anspruch auf ein endgültiges Zeugnis bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht auch dann, wenn sich ein Kündigungsschutzprozess anschließt und der Beschäftigte während dessen Dauer weiter beschäftigt wird.

Auch bei Vertragsbruch hat der Beschäftigte einen Anspruch auf unverzügliche Zeugniserteilung, da eine tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorliegt.

 
Praxis-Tipp

Bei Auszubildenden muss kraft gesetzlicher Verpflichtung bei Beendigung der Berufsausbildung ein Zeugnis ausgestellt werden, und zwar unabhängig davon, ob es zur Abschlussprüfung gekommen ist oder nicht.

4 Erlöschen des Zeugnisanspruchs

  • Erfüllung

    Der Zeugnisanspruch erlischt mit seiner Erfüllung. Die Zeugnisschuld ist Holschuld. Der Arbeitgeber muss das Zeugnis nach Fälligkeit des Zeugnisanspruchs am Ort seiner Niederlassung zur Abholung bereithalten. Wenn er es nicht rechtzeitig erstellt hat, muss es auf Gefahr und Kosten des Arbeitgebers übersandt werden.

    Erfüllt ist der Anspruch, wenn dem Beschäftigten auf sein Verlangen hin ein ordnungsgemäßes Zeugnis erteilt wird. Allerdings hat der Beschäftigte ein Wahlrecht zwischen einem einfachen oder einem qualifizierten Zeugnis. Verlangt er zunächst ein einfaches Zeugnis, steht es ihm frei, später ein qualifiziertes Zeugnis zu fordern. Eine Rückgabepflicht hinsichtlich des einfachen Zeugnisses besteht nicht.

    Erhält der Beschäftigte ein qualifiz...

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