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BVerfG Beschluss vom 20.06.2007 - 2 BvR 1042/07

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Verfahrensgang

BGH (Urteil vom 14.03.2007; Aktenzeichen 5 StR 461/06)

LG Landshut (Urteil vom 18.05.2006; Aktenzeichen 3 KLs 54 Js 19966/04)

 

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt L…, wird abgelehnt.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

 

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG liegt nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde ist teils unzulässig, ansonsten unbegründet.

1. Soweit der Beschwerdeführer davon ausgeht, dass die Entscheidungen des Landgerichts und des Bundesgerichtshofs seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzen, hat er sein Vorbringen nicht hinreichend substantiiert dargelegt (§§ 23 Abs. 1, 92 BVerfGG).

a) In seinen anlässlich der Verfassungsbeschwerde dazu niedergelegten Ausführungen stellt der Beschwerdeführer allgemeine Erwägungen zu den Voraussetzungen des § 265 StPO, den darin verankerten, dem Gericht obliegenden Hinweispflichten und deren grundsätzlicher Bedeutung an. Den behaupteten tatsächlichen Verstoß mit verfassungsrechtlicher Relevanz gegen diese Vorschrift durch die Fachgerichte legt er nicht dar. Er verweist lediglich “vollumfänglich” auf die Argumentation in der Revisionsrechtfertigungsschrift.

Diese befindet sich im laufenden Text der nicht durchlaufend paginierten 683 Seiten der Verfassungsbeschwerdeschrift und umfasst 456 Blatt. Aus der Übersicht zum Inhalt der Revisionsbegründungsschrift ergeben sich keine Hinweise darauf, an welcher Stelle Ausführungen zum behaupteten Verstoß gegen § 265 StPO zu finden sind. Es wird lediglich auf eine Ordnungsziffer III verwiesen. Eine solche findet sich in der dem Bundesverfassungsgericht vorliegenden Fassung der Schrift nicht.

Inhaltlich lässt sich dieser entnehmen, dass ab deren Seite 315 wohl abschließend eine verfahrensrechtliche Rüge betreffend die Verwertung von Erkenntnissen aus einer Telefonüberwachung behandelt wird. Dem voran steht die Ordnungsziffer 1.6. Auf Seite 329 folgt eine Ordnungsziffer 1.2. Dazwischen mag sich eine Ordnungsziffer III befinden sollen. Ein entsprechendes Blatt liegt dem Gericht jedenfalls nicht vor.

b) Der bloße – hier zudem nicht nachvollziehbare – “vollumfängliche” Verweis auf vorangegangene Schriften des Beschwerdeführers im Instanzenweg genügt den Anforderungen an substantiiertes Vorbringen anlässlich einer Verfassungsbeschwerde nicht. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, aufgrund eines undifferenzierten Hinweises auf frühere Schriftsätze, den dortigen Vortrag auf verfassungsrechtlich relevante Lebenssachverhalte hin zu untersuchen. Zumindest die tatsächlichen Umstände, aus denen die Grundrechtsverletzung abgeleitet wird, müssen in der Beschwerdeschrift selbst genannt sein (vgl. BVerfGE 80, 257 ≪263≫; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Oktober 1996 – 2 BvR 1630/96 –, juris; stRspr). Der Beschwerdeführer hat das versäumt.

Dies hat auch dann zu gelten, wenn – wie hier – in einer Beschwerdeschrift von erheblichem Umfang wiederholt auf eine Vielzahl von in die Schrift hineinkopierten Blättern aus der Verfahrensakte verwiesen wird, deren unmittelbarer Bezug zum vorgetragenen Sachverhalt sich nur in Teilen erschließt und deren Inhalt erkennbar nicht Bestand der eigentlichen Verfassungsbeschwerde ist, sondern sich auf andere Verfahrensstadien erstreckt. Es macht keinen Unterschied, ob der Beschwerdeführer auf einen Anhang hinweist, dem er vorangegangene Schriftsätze und übrige Bestandteile der Verfahrensakte beigegeben hat, oder ob er versucht, diese in die Beschwerdeschrift zu integrieren: Ein solches Vorgehen führt nicht dazu, dass das gesamte in Kopie eingefügte Material aus anderen Verfahrensstadien Inhalt der eigentlichen Beschwerdebegründung wird, sondern es bedingt lediglich die Unlesbarkeit einer derart aufgeblähten Schrift.

2. Soweit der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes durch das Revisionsgericht rügt, ist seine Beschwerde unbegründet.

a) Die Rechtsschutzgarantie umfasst das Recht auf Zugang zu den Gerichten, eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstands sowie eine verbindliche Entscheidung durch den Richter (vgl. BVerfGE 54, 277 ≪291≫; 85, 337 ≪345≫; 107, 395 ≪401≫; 112, 185 ≪207 ff.≫). Die Effektivität des Rechtsschutzes wird von den Prozessordnungen gesichert (vgl. BVerfGE 94, 166 ≪213≫). Der Gesetzgeber kann Regelungen treffen, die für ein Rechtsschutzbegehren besondere formelle Voraussetzungen aufstellen (vgl. BVerfGE 88, 118 ≪123 f.≫; 101, 397 ≪408≫); der Einzelne muss in diesem Rahmen seine Rechte tatsächlich wirksam durchsetzen können (vgl. BVerfGE 104, 220 ≪232≫ m.w.N.; stRspr).

Die Garantie effektiven Rechtsschutzes richtet sich auch an den die Verfahrensordnung anwendenden Richter (vgl. BVerfGE 97, 298 ≪315≫). Das Gericht darf ein von der Verfahrensordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer “leer laufen” lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 ≪99≫; 96, 27 ≪39≫). Das Rechtsstaatsgebot verbietet es dem Gericht, bei der Auslegung und Anwendung der verfahrensrechtlichen Vorschriften den Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen von Voraussetzungen abhängig zu machen, die unerfüllbar oder unzumutbar sind oder den Zugang in einer Weise erschweren, die aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigen ist (vgl. BVerfGE 63, 45 ≪70 f.≫; 74, 228 ≪234≫; 77, 275 ≪284≫; 78, 88 ≪99≫).

b) Die angegriffene Entscheidung des Bundesgerichtshofs entspricht den verfassungsrechtlichen Vorgaben.

Die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers anlässlich der Revision bezog sich auf die seiner Ansicht nach unzulässige Verwertung von Erkenntnissen aus einer Telefonüberwachung nach § 100a StPO. Der Verdacht einer Katalogtat habe zum Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahme durch den Ermittlungsrichter nicht vorgelegen.

Der Beschwerdeführer hätte es dem Revisionsgericht möglich machen müssen, diese von ihm behauptete rechtliche Wertung zu prüfen. Fordert das Gericht insofern die Vorlage von Aktenbestandteilen, die von dem angegriffenen Beschluss über Verweisung in Bezug genommen werden, so ist dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden: Die Angaben des Revisionsführers haben mit Bestimmtheit und so genau und vollständig zu geschehen, dass das Revisionsgericht allein aufgrund der Revisionsrechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorläge, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären (vgl. BVerfGE 112, 185 ≪208≫). Führt der Beschwerdeführer nun aus, dass sich aus dem Zwischenbericht der Zollfahndung keine anderen Erkenntnisse als aus einem anderen Vermerk der Ermittlungsbehörden – den er dem Revisionsgericht übermittelt habe – ergeben hätten, so mag dies den Tatsachen entsprechen, eine Überprüfung durch das Revisionsgericht ermöglicht eine derartige Behauptung allerdings nicht.

Die Auffassung des Bundesgerichtshofs ist mithin nachvollziehbar und vom Wortsinn des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO umfasst.

3. Die Verfassungsbeschwerde bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§§ 114, 121 Abs. 2 ZPO), so dass der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen ist.

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Hassemer, Di Fabio, Landau

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1776261

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