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BSG Beschluss vom 17.04.2020 - B 8 SO 59/19 B

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Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 25.07.2019; Aktenzeichen L 7 SO 1686/17)

SG Mannheim (Urteil vom 10.03.2017; Aktenzeichen S 8 SO 1981/14)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. Juli 2019 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin S. beizuordnen, wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Beteiligten streiten über die Höhe von Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in einer Pflegefamilie nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.3.2014 bis zum 3.4.2015.

Die 1997 in B. geborene wesentlich behinderte Klägerin leidet ua an einer schweren psychomotorischen Retardierung, einer zentralen Tonus- und Koordinationsstörung, einer Kontakt- bzw Kommunikationsstörung sowie starker Sprachentwicklungsverzögerung, Stereotypien und Mikrozephalie. Sie wurde kurz nach der Geburt in eine Pflegefamilie aufgenommen; im Jahr 2000 zog die Familie von B. in den N.-Kreis um.

Nachdem zunächst der Beklagte Leistungen der Vollzeitpflege in einer Pflegefamilie nach dem Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) erbracht hatte, übernahm der Landkreis nach dem Umzug im Jahr 2000 den Jugendhilfefall gegen Kostenerstattung. Auf den Antrag der Klägerin bewilligte der Beklagte sodann Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in einer Pflegefamilie nach § 54 Abs 3 SGB XII vom 1.3.2014 bis 28.2.2015 (Bescheid vom 7.2.2014; Widerspruchsbescheid vom 4.6.2014) und vom 1.3.2015 bis 31.5.2015 (Bescheid vom 2.3.2015; Widerspruchsbescheid vom 1.4.2015) entsprechend den im Landkreis geltenden Leistungssätzen in Höhe von monatlich 1046 Euro. Während das Sozialgericht (SG) Mannheim nach Verbindung der Klagen den Beklagten ua verurteilt hat, an die Klägerin im Zeitraum vom 1.3.2014 bis 3.4.2015 weitere Leistungen (entsprechend den im Gebiet des Beklagten in Ausführungsvorschriften zu § 39 SGB VIII pauschal festgelegten Sätzen) in Höhe von monatlich 585,97 Euro zu gewähren (Urteil vom 10.3.2017), hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg das SG-Urteil insoweit aufgehoben und die Klagen abgewiesen (Urteil vom 25.07.2019). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, § 54 Abs 3 SGB XII als Anspruchsgrundlage enthalte über Art und Höhe der Leistung keine nähere Regelung, weshalb diese ins Ermessen des Sozialhilfeträgers gestellt (§ 17 Abs 2 SGB XII) und eine Orientierung an § 39 SGB VIII geboten sei; dabei umfassten die Leistungen nach § 54 Abs 3 SGB XII auch die mit der Unterbringung verbundenen Kosten zum Lebensunterhalt als integraler Bestandteil der Hilfemaßnahme. Maßgeblich seien für das in einem monatlichen Pauschalbetrag zu gewährende Pflegegeld nicht die Verhältnisse im beklagten Land B., sondern die Verhältnisse am Ort der Leistungserbringung, weshalb die Klägerin mit ihrem Begehren, die wesentlich höheren Pauschalsätze des Beklagten zu erhalten, nicht durchdringen könne.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde und macht die grundsätzliche Bedeutung der Sache wegen vier im Einzelnen formulierter Rechtsfragen geltend. Außerdem macht sie Verfahrensmängel geltend. Es liege eine Überraschungsentscheidung vor, da das LSG entgegen dem SG-Urteil zu der überraschenden Einschätzung gelangt sei, es lägen keine Gründe für eine Erhöhung des Pflegegelds vor. Es liege insoweit auch eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes vor. Zudem beantragt sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwältin S.

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil weder der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) noch ein Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG) in der gebotenen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden sind. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Wegen der zunächst aufgeworfenen Frage I, ob für die Ermittlung des Betrags zur finanziellen Anerkennung des Einsatzes von Pflegeeltern für die Erbringung einer Teilhabeleistung in Form der Familienpflege nach § 54 Abs 3 SGB XII im Rahmen einer analogen Anwendung von § 39 Abs 4 SGB VIII die Verhältnisse am Ort der Pflegestelle maßgeblich seien, fehlt es jedenfalls an der Darlegung der abstrakten Klärungsbedürftigkeit dieser Frage. Die Klägerin weist selbst auf die Entscheidung des Senats hin, wonach die Bestimmung von Art und Umfang der Leistungen der Eingliederungshilfe wegen Betreuung in einer Pflegefamilie, die seit der Einfügung von § 54 Abs 3 SGB XII in das SGB XII zum 5.8.2009 die mit der Unterbringung verbundenen Kosten zum Lebensunterhalt umfasst, im Grundsatz zwar im Ermessen des Sozialhilfeträgers steht, dabei aber eine Orientierung an § 39 SGB VIII angezeigt ist (BSG vom 25.9.2014 - B 8 SO 7/13 R - BSGE 117, 53 = SozR 4-3500 § 54 Nr 13, RdNr 34 ff). Sie zeigt aber nicht auf, welche weiteren Fragen grundsätzlicher Art sich im Anschluss an diese Entscheidung im Einzelnen noch stellen. Allein ihre Auffassung, es sei "nicht nachvollziehbar", dass das BSG die Orientierung an § 39 SGB VIII "empfohlen" habe, ersetzt solche Ausführungen nicht.

Auch im Zusammenhang mit der anschließend aufgeworfenen Frage II, ob dies (mithin die analoge Anwendung des § 39 Abs 4 SGB VIII) auch dann gelte, wenn ein Konzept des örtlichen Trägers der Jugendhilfe für die pauschale Berücksichtigung abweichender Bedarfe zur Feststellung der Kosten der Erziehung nicht vorliege und eine individuelle Bedarfserhebung nicht vorgenommen worden sei, ergibt sich eine Klärungsbedürftigkeit nicht. Insoweit wäre eine Auseinandersetzung mit der vom LSG in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) erforderlich gewesen, die aber gänzlich fehlt. Das BVerwG (BVerwG vom 24.11.2017 - 5 C 15/16 - ZFSH/SGB 2018, 150) hat bereits entschieden, dass sich bei Vollzeitpflege die Höhe des Pauschalbetrags im Sinne einer "bedarfsgerechten Leistungshöhe" in Fällen der Unterbringung im Zuständigkeitsbereich eines anderen Trägers ausnahmslos nach den Verhältnissen am Ort der Pflegestelle richtet, da sich die Höhe des Pauschalbetrags im Hinblick auf unterschiedliche lokale Lebensverhältnisse nach dem am Ort der Leistungserbringung entstehenden Bedarf bemisst. Weshalb im Anwendungsbereich von § 54 Abs 3 SGB XII Abweichendes gelten sollte, obwohl das BSG die Heranziehung des § 39 SGB VIII im Grundsatz für sachgerecht gehalten hat (zur Gleichartigkeit der Leistungen der Erziehung behinderter Kinder in Vollzeitpflege und der Eingliederungshilfe auch BVerwG vom 13.6.2013 - 5 C 30/12 - NVwZ-RR 2013, 1003, juris RdNr 42), legt die Klägerin aber nicht dar. Insoweit reicht die Feststellung, das BSG habe zur vorliegenden Konstellation noch keine Entscheidung getroffen, nicht aus. Welche grundsätzlichen Erwägungen im Rechtlichen, über die der Senat in einer Revision zu entscheiden hätte, zu dem von ihr angestrebten Ergebnis führen sollten, die im Stadtgebiet des Beklagten geltenden (höheren) Pauschalsätze zur Anwendung kommen zu lassen, legt sie nicht dar.

Dies gilt ebenso im Hinblick auf die Frage III, ob dies (die entsprechende Anwendung des § 39 Abs 4 SGB VIII) dazu führen könne, dass innerhalb von Deutschland das zu gewährende Pflegegeld für ein und dasselbe Kind über 100 Prozent abweiche. Zwar behauptet die Klägerin pauschal, das Ergebnis des LSG widerspreche dem Gebot der Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse in den Ländern. Sie führt aber selbst aus, dass das Regelungskonzept von § 39 SGB VIII und dabei insbesondere die bundesgesetzlichen Regelungen über die Festsetzung der Pauschalbeträge in den Ländern (vgl § 39 Abs 5 SGB VIII) diesen Grundsätzen gerecht werden. Sie zeigt aber nicht auf, weshalb die Frage, ob das LSG zutreffend davon ausgegangen ist, dass die Pauschalbeträge für den N.-Kreis bedarfsdeckend sind, grundsätzliche Bedeutung haben sollte. Sie wirft nur die Frage nach der Richtigkeit der Entscheidung im Einzelfall auf, was aber die Revisionsinstanz nicht zu eröffnen vermag. Denn Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht, ob das Berufungsgericht in der Sache richtig entschieden hat (vgl nur BSG vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § 160a Nr 7; BSG vom 13.3.2019 - B 8 SO 85/18 B). Soweit die Klägerin sinngemäß geltend macht, das LSG habe - anders als noch das SG - zu Unrecht keinen atypischen Fall angenommen, behauptet sie ebenfalls nur die Unrichtigkeit der Entscheidung. Welche grundsätzliche Fragen wegen einer Maßstabbildung sich insoweit stellen sollten, führt sie aber nicht aus.

Soweit die Klägerin unter IV die Frage formuliert, welche Bedarfe sie hätte geltend machen bzw nachweisen müssen, um eine angemessene Erhöhung des Pflegegelds zu erreichen, und ob insoweit die zeitlichen Bedarfe nach dem Einsatz der Pflegeeltern entscheidend oder dezidierte pädagogische Bedarfe des Kindes nachzuweisen seien, ist nicht erkennbar, dass damit eine Frage grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wäre, wie die Klägerin aber meint. Sie greift insoweit zunächst nur die Würdigung des Sachverhalts durch das LSG an (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG), was aber eine grundsätzliche Bedeutung nicht begründen kann. Sie meint unter Aufzählung weiterer Entscheidungen, die sie für unzutreffend hält, sinngemäß zwar, im Wege der Rechtsfortbildung sei klarzustellen, nach welchen Kriterien ein Sachverhalt zu ermitteln sei, der zu einer von den Pauschalbeträgen abweichenden Erhöhung der Kosten nach § 39 Abs 4 Satz 1 SGB VIII führt. Es hätte aber zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung aus diesem Grund der Darstellung bedurft, weshalb solche Kriterien sich nicht ausreichend aus dem Gesetz selbst ergeben bzw in der Rechtsprechung zu § 39 SGB VIII nicht bereits abschließend gebildet sind. Allein der dargestellte Befund, dass aus ihrer Sicht im Ergebnis nicht hinnehmbare Entscheidungen der Instanzen vorliegen, ersetzt solchen Vortrag nicht

Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision schließlich zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 § 160a Nr 14, vom 24.3.1976 - 9 BV 214/75 - SozR 1500 § 160a Nr 24 und vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - SozR 1500 160a Nr 36). Hieran fehlt es.

Soweit die Klägerin in ihrem Vortrag auf Defizite in den Ermittlungen des LSG und dabei insbesondere die Möglichkeit eines Sachverständigengutachtens hinweist, fehlt es an einer formgerechten Bezeichnung der Verletzung der Verpflichtung des LSG zur Sachaufklärung (§ 103 SGG). Wer sich auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG stützt, muss ua einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen und die von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten (vgl zB BSG vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 mwN). Hierzu gehört nach ständiger Rechtsprechung des BSG die Darlegung, dass ein anwaltlich vertretener Beteiligter - wie hier die Klägerin - einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat (vgl dazu BSG vom 20.9.2013 - B 8 SO 15/13 B; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN) oder einen im schriftlichen Verfahren gestellten Beweisantrag aufrechterhalten hat (BSG vom 18.12.2000 - B 2 U 336/00 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 31 S 52; BSG vom 18.2.2003 - B 11 AL 273/02 B - juris RdNr 3). Ein solcher Vortrag fehlt gänzlich; einen Beweisantrag gestellt zu haben, behauptet die Klägerin noch nicht einmal.

Auch den von ihr ausdrücklich geltend gemachten Gehörsverstoß durch Erlass einer Überraschungsentscheidung legt die Klägerin nicht hinreichend dar. Nach § 128 Abs 2 SGG darf ein Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten haben äußern können. Die Regelung erfasst einen Teilbereich des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz ≪GG≫, Art 47 Abs 2 Charta der Grundrechte der EU, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention ≪EMRK≫; vgl BSG vom 30.10.2014 - B 5 R 8/14 R - BSGE 117, 192 = SozR 4-1500 § 163 Nr 7, RdNr 23). Die Vorschrift soll verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten. Ein Urteil darf nicht auf tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte gestützt werden, die bisher nicht erörtert worden sind, wenn dadurch der Rechtsstreit eine unerwartete Wendung nimmt (vgl BVerfG ≪Kammer≫ vom 12.6.2003 - 1 BvR 2285/02 - NJW 2003, 2524; BSG vom 3.2.2010 - B 6 KA 45/09 B - juris RdNr 7 mwN). Das Gericht muss die Beteiligten über die für seine Entscheidung maßgebenden Tatsachen und Beweisergebnisse vorher unterrichten, ihnen insbesondere auch Gelegenheit geben, sich zu äußern (vgl BSG vom 23.5.1996 - 13 RJ 75/95 - SozR 3-1500 § 62 Nr 12 S 19). Wer die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß § 128 Abs 2 SGG rügt, muss hierzu ausführen, zu welchen vom Gericht zugrunde gelegten Tatsachen und Beweisergebnissen sich der Rechtsuchende nicht hat äußern können, welches Vorbringen des Rechtsuchenden dadurch verhindert worden ist und inwiefern das Urteil auf diesem Sachverhalt beruht (vgl allgemein zu den Anforderungen an die Darlegung eines Gehörsverstoßes zB BSG vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - SozR 1500 § 160a Nr 36; BSG vom 3.11.2014 - B 12 KR 48/14 B - juris RdNr 13). Der Vortrag der Klägerin genügt diesen Anforderungen nicht. Sie legt nämlich - was erforderlich gewesen wäre - nicht dar, dass das LSG ihr unbekannte Tatsachen oder neue rechtliche Gesichtspunkte in seine Entscheidung eingeführt hat, sondern bemängelt, dass das LSG für sie überraschend den Sachverhalt anders bewertet hat als zuvor das SG. Sie verkennt dabei, dass eine Verletzung der Hinweispflicht gemäß § 106 Abs 1, Abs 2 iVm Abs 3 Nr 3 SGG sich nur auf entscheidungserhebliche Tatsachen, die dem Betroffenen bislang unbekannt waren, und auf neue rechtliche Gesichtspunkte (BSG vom 27.7.1989 - 2 BU 191/88 - juris RdNr 6) bezieht, es aber keinen allgemeinen Verfahrensgrundsatz gibt, der das Gericht verpflichten würde, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe hinzuweisen (vgl nur BSG vom 13.10.1993 - 2 BU 79/93 - SozR 3-1500 § 153 Nr 1 S 3).

Soweit die Klägerin sinngemäß rügt, das LSG hätte von ihr vorgebrachte Punkte seiner Entscheidung zugrunde legen müssen, verkennt sie den Inhalt des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Art 103 Abs 1 GG gewährt keinen Anspruch auf eine "richtige" Entscheidung (BVerfG Beschluss vom 31.3.2016 - 2 BvR 1576/13 - juris RdNr 71). Eine Verletzung der Verpflichtung des LSG zur Sachaufklärung (§ 103 SGG) hat die Klägerin im Übrigen nicht formgerecht bezeichnet (dazu oben).

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung nach den vorstehenden Ausführungen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (vgl § 73a SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫). Mit der Ablehnung von PKH entfällt zugleich die Beiordnung von Rechtsanwältin S. im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI13880531

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