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BGH Urteil vom 29.06.1994 - XII ZR 79/93

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Leitsatz (amtlich)

›Das abändernde Gericht ist bei der Unterhaltsberechnung nicht an die Berechnungsweise des Ausgangsgerichts bei der Berücksichtigung des mietfreien Wohnens gebunden (Fortführung der Senatsurteile vom 11. Januar 1984 - IVb ZR 10/82 - FamRZ 1984, 374, vom 26. November 1986 - IVb ZR 91/85 - FamRZ 1987, 257 und vom 14. Februar 1990 - XII ZR 51/89 - FamRZ 1990, 981).‹

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Abänderung eines Urteils über nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab dem 1. Oktober 1989.

Die 1967 geschlossene Ehe der Parteien, aus der ein inzwischen volljähriges Kind hervorgegangen ist, wurde 1983 rechtskräftig geschieden. Seit der Trennung bewohnt die Beklagte die im hälftigen Miteigentum der Parteien stehende 3-Zimmer-Eigentumswohnung allein. Die hierfür anfallenden Wohn- und Finanzierungskosten tragen die Parteien in unterschiedlicher Höhe, wobei der größere Teil der Wohnkosten auf die Beklagte entfällt, der größere Teil der Finanzierungskosten dagegen auf den Kläger. Die Beklagte, die während der Ehe zeitweise vollschichtig und zeitweise halbtags berufstätig war und nach der Scheidung im wesentlichen Arbeitslosengeld und Krankengeld bezog, erhält seit dem 1. Oktober 1989 eine um den Versorgungsausgleich erhöhte Erwerbsunfähigkeitsrente.

Der Kläger ist Bankangestellter und seit 1986 stellvertretender, seit 1990 Leiter einer Bankfiliale. Er ist wiederverheiratet; seine Ehefrau verdient selbst.

In dem vorausgegangenen Rechtsstreit hatte das Amtsgericht mit Urteil vom 15. März 1988 den Kläger u.a. ab 1. Januar 1988 zur Zahlung eines monatlichen Elementarunterhalts von 693 DM sowie eines Vorsorgeunterhalts von 262 DM verpflichtet. Es hatte der Beklagten einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt zugebilligt und ihren Unterhaltsbedarf nach der sogenannten Differenzmethode in Höhe von 2/5 der Differenz der jeweiligen aktuellen Einkommen der Parteien ermittelt. Bei der Feststellung dieser Einkommen hatte es bei beiden Parteien jeweils die Hälfte des seinerzeit mit insgesamt 800 DM angenommenen vollen Wohnwerts hinzugerechnet. Die Einkünfte des Ehemannes hatte es sodann u.a. um den von ihm getragenen Wohnkostenanteil und die Finanzierungskosten, auch soweit sie den hälftigen Wohnwert übersteigen, vermindert. Auch bei den Einkünften der Ehefrau, bestehend aus Arbeitslosengeld und hälftigem Wohnwert, hatte es den von ihr getragenen, auf ihre Miteigentumshälfte entfallenden Anteil der verbrauchsunabhängigen Wohnkosten abgezogen. Bei der Berechnung ihres Unterhaltsanspruches hatte das Amtsgericht sodann den Wert der ihr vom Kläger zur Nutzung überlassenen Eigentumshälfte als bedarfsdeckend angerechnet.

Mit der vorliegenden Abänderungsklage hat der Kläger die Herabsetzung seiner Elementarunterhaltspflicht auf monatlich 400 DM und den Wegfall seiner Vorsorgeunterhaltspflicht erstrebt, weil die Beklagte ganztägig berufstätig sein könne und der Mietwert der Wohnung gestiegen sei. Die Beklagte, die die bisher gezahlten Vorsorgeunterhaltsbeträge zum laufenden Unterhalt verbraucht hatte, hat widerklagend die Erhöhung des laufenden Unterhalts auf monatlich 955 DM unter Wegfall des Vorsorgeunterhalts begehrt, weil sie seit der Scheidung krank gewesen sei und nicht mehr arbeiten könne.

Das Amtsgericht hat das Urteil vom 15. März 1988 dahin abgeändert, daß der Kläger ab 1. Oktober 1989 nur noch zu einem Elementarunterhalt von monatlich 657 DM verpflichtet sei. Im übrigen hat es Klage und Widerklage abgewiesen.

Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Auf die Anschlußberufung des Klägers hat es ihn zu geringeren, zeitlich gestaffelten Unterhaltsbeträgen von

480 DM für die Monate Oktober bis einschließlich Dezember 1989, 579 DM für die Monate Januar bis einschließlich Juni 1990, 556 DM für die Monate Juli bis einschließlich Dezember 1990, 606 DM für die Monate Januar bis einschließlich Juni 1991, 569 DM für die Monate Juli bis einschließlich Dezember 1991, 654 DM für die Monate Januar bis einschließlich Juni 1992, 616 DM für die Monate Juli bis einschließlich Dezember 1992 und 656 DM ab Januar 1993

verurteilt. Im übrigen hat es sein Rechtsmittel zurückgewiesen.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer zugelassenen Revision, mit der sie eine Erhöhung der vom Oberlandesgericht ausgeurteilten Beträge um jeweils monatlich 213, 30 DM erstrebt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

1. Das Oberlandesgericht hat eine Abänderung des Urteils des Amtsgerichts vom 15. März 1988 als zulässig angesehen, weil die Beklagte nunmehr anstelle des Krankengeldes eine wesentlich höhere Erwerbsunfähigkeitsrente beziehe und sich auch auf seiten des Klägers die wirtschaftlichen Verhältnisse durch ein höheres Gehalt und die Verringerung ehebedingter Verbindlichkeiten wesentlich verändert hätten. Dagegen bestehen keine rechtlichen Bedenken.

Ebenso wie im Ausgangsverfahren hat es einen Anspruch der Beklagten auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB zugrunde gelegt und ihren Unterhaltsbedarf grundsätzlich im Wege der Differenzmethode - mit Ausnahme des aus dem Versorgungsausgleich herrührenden Anteils ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente, den es im Wege der Anrechnungsmethode berücksichtigt hat - ermittelt. Im Unterschied zum Ausgangsgericht hat es jedoch dem Umstand, daß die Parteien hälftige Miteigentümer einer Eigentumswohnung sind, die die Beklagte seit der Trennung allein bewohnt und für deren Wohn- und Finanzierungskosten die Parteien in unterschiedlicher Höhe aufkommen, nicht in der Weise Rechnung getragen, daß es bei der Bestimmung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen den Einkünften beider Parteien den hälftigen Wohnvorteil hinzugerechnet und sodann die Einkünfte um die jeweils getragenen Kosten und Lasten vermindert hat. Vielmehr hat es die Einkünfte beider Parteien ohne Berücksichtigung von Wohnvorteilen, Kosten und Lasten in die Differenzrechnung eingestellt und erst danach von der festgestellten Unterhaltsquote den hälftigen Wohnwert, den der Kläger der Beklagten überläßt, sowie denjenigen Anteil der Wohn- und Finanzierungskosten, den der Kläger für den Miteigentumsanteil der Beklagten aufwendet, abgezogen. Dazu hat es ausgeführt: Die Anrechnung eines Wohnvorteils bei der Bemessung des eheangemessenen Bedarfs der Beklagten komme nur dann in Betracht, wenn die wegen des Wohnens in der eigenen Wohnung ersparten Mietaufwendungen höher seien als die mit dem Eigentum verbundenen Kosten und Lasten. Das sei hier nicht der Fall. Bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung im Vorprozeß hätten nach den Feststellungen des Amtsgerichts die insgesamt aufgewendeten verbrauchsunabhängigen Wohnkosten und die Finanzierungsraten den damals zugrunde gelegten Mietwert von monatlich 800 DM überschritten. Die ehelichen Lebensverhältnisse seien also nicht durch einen Wohnvorteil geprägt worden. Auch im jetzt streitigen Zeitraum ab Oktober 1989 seien die von den Parteien insgesamt aufgewendeten Beträge von monatlich 1.177,24 DM und monatlich 1.199,11 DM (ab 1991) höher als der jetzt mit monatlich 1.000 DM zu veranschlagende Mietwert. Die Feststellung, daß ein Wohnvorteil weder vorgelegen habe noch vorliege, widerspreche nicht den bindenden Annahmen des Ausgangsgerichts. Dieses habe zwar zunächst jeder der Parteien den hälftigen Wohnwert zum Einkommen hinzugerechnet, andererseits aber die Aufwendungen einkommensmindernd berücksichtigt. Dabei habe es sich nur um eine andere Art der Unterhaltsberechnung gehandelt, an die das abändernde Gericht nicht gebunden sei. Vorteilhaft für die Beklagte sei in diesem Zusammenhang nur, daß sie allein die Wohnung nutze, selbst aber nur einen monatlichen Anteil von rund 204,11 DM (1989 und 1990) und 225,98 DM (ab 1991) der Kosten trage, während der Kläger monatlich rund 973,13 DM aufwende. Diese Umstände seien nicht bei der Bestimmung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen, sondern durch einen Ausgleich im Anschluß an die quotenmäßige Unterhaltsberechnung. Daher sei ihr Unterhaltsbedarf um den hälftigen Mietwert von 500 DM zuzüglich der dem Kläger geschuldeten Ausgleichszahlungen von 384,51 DM für die Jahre 1989 und 1990 (das ist die Hälfte der Gesamtaufwendungen von 1.177,24 DM = 588,62 DM abzüglich der von ihr aufgewandten 204,11 DM) bzw. 373,57 DM ab 1991 (1.199,11 DM:2 = 599,55 DM - 225,98 DM) zu vermindern, also um 884,51 DM bzw. 873,57 DM. Zwar überstiegen diese Beträge jeweils 1/3 ihrer Einkünfte und damit die Grenze, die von der Rechtsprechung bei der Bewertung mietfreien Wohnens während der Trennungszeit in der Regel gezogen werde. Das rechtfertige hier indessen noch keine Herabsetzung des anzurechnenden Betrages zugunsten der Beklagten. Da sie sich bisher ohne triftigen Grund der vom Kläger angestrebten wirtschaftlich sinnvollen Veräußerung der für sie zu großen Wohnung widersetzt habe, müsse sie sich auch den höheren tatsächlichen Wohnwert entgegenhalten lassen. Denn es sei unbillig, ihr das Wohnen in dieser Wohnung zu Lasten des unterhaltspflichtigen Klägers weiter zu gestatten, ohne sie an den Belastungen des gemeinsamen Eigentums zu gleichen Teilen zu beteiligen.

2. Die Revision wendet sich gegen die vom Ausgangsverfahren abweichende Berücksichtigung des mietfreien Wohnens der Beklagten. Nach ihrer Auffassung handelt es sich dabei nicht lediglich um eine im Rahmen der Abänderung zulässige andere Art der Berechnung, sondern um eine andere rechtliche Betrachtungsweise. Da die Abänderung gemäß § 323 ZPO keine freie Neufestsetzung des Unterhalts, sondern nur eine den zwischenzeitlichen Veränderungen der Verhältnisse entsprechende Anpassung erlaube, bleibe das abändernde Gericht an die unverändert gebliebenen Verhältnisse sowie deren rechtliche Bewertung gebunden. Daher sei es rechtsfehlerhaft, daß das Oberlandesgericht anders als das Ausgangsgericht einerseits den hälftigen Wohnwert nicht zum Einkommen des Klägers hinzugerechnet, andererseits ihn bei der Errechnung des geschuldeten Unterhalts zu Lasten der Beklagten abgezogen habe.

3. Diese Rüge führt nicht zum Erfolg.

Allerdings ermöglicht das Abänderungsverfahren weder eine freie, von der bisherigen Höhe unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts noch eine abweichende Beurteilung derjenigen Verhältnisse, die bereits im Ersturteil eine Bewertung erfahren haben. Vielmehr besteht die Abänderungsentscheidung in einer unter Wahrung der Grundlagen des Unterhaltstitels vorzunehmenden Anpassung des Unterhalts an veränderte Verhältnisse. Für das Ausmaß der Abänderung kommt es darauf an, welche Umstände für die Bemessung der Unterhaltsrente seinerzeit maßgebend waren und welches Gewicht ihnen dabei zugekommen ist. Auf dieser durch Auslegung zu ermittelnden Grundlage hat der Richter im Abänderungsverfahren unter Berücksichtigung der neuen Verhältnisse festzustellen, welche Veränderungen in diesen Umständen eingetreten sind und welche Auswirkungen sich daraus für die Höhe des Unterhalts ergeben (st.Rspr. des Senats vgl. Urteile vom 11. Januar 1984 - IVb ZR 10/82 - FamRZ 1984, 374, 375, vom 23. April 1986 - IVb ZR 30/85 - FamRZ 1986, 790 und vom 15. November 1989 - IVb ZR 95/88 - FamRZ 1990, 280, 281 jeweils m.w.N.). Wie der Senat weiter entschieden hat, erfaßt die rechtliche Bindung des Abänderungsrichters an die Grundlagen des Ersturteils aber nur solche unverändert gebliebenen tatsächlichen Verhältnisse, die der Richter im früheren Verfahren festgestellt und denen er Bedeutung für die Unterhaltsbemessung beigelegt hat. Die Bindung kann sich danach u.a. erstrecken auf die Ermittlung der Einkommensverhältnisse, die Einbeziehung fiktiver Einkünfte oder besonderer Belastungen (Senatsurteil vom 11. Januar 1984 aaO.), auf den Pauschalabzug berufsbedingter Aufwendungen, soweit dies in einem Prozeßvergleich dem Parteiwillen entsprach (Senatsurteil vom 23. April 1986 aaO.), auf einen konkret ermittelten Lebensbedarf (Senatsurteile vom 16. Januar 1985 - IVb ZR 62/83 - FamRZ 1985, 582, 583 und vom 15. November 1989 aaO.) oder die Anrechnung oder Nichtanrechnung von bestimmten Einkommensanteilen, z.B. den Kinderzuschuß zur Rente (Senatsurteil vom 14. Februar 1990 - XII ZR 51/89 - BGHR ZPO § 323 Abs. 1 Bindung 5 = FamRZ 1990, 981, 984). Dagegen kommt den von der unterhaltsrechtlichen Praxis entwickelten Unterhaltsrichtlinien, Tabellen, Verteilungsschlüsseln oder sonstigen Berechnungsmethoden keine ähnliche Bindungswirkung zu, weil sie keine beizubehaltenden Urteilselemente, sondern nur Hilfsmittel zur Ausfüllung der unbestimmten Rechtsbegriffe "angemessener Unterhalt" oder "Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen" sind (Senatsurteil vom 11. Januar 1984 aaO.). Der Senat hat daher z.B. bestimmten Unterhaltsquoten, die im Ersturteil zur Bemessung des den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechenden Unterhalts angewandt wurden, ebensowenig bindende Wirkung beigemessen, wie Art und Höhe der Besteuerung des zugrunde gelegten Nettoeinkommens (vgl. Senatsurteile vom 26. November 1986 - IVb ZR 91/85 - BGHR ZPO § 323 Abs. 1 Bindung 1 = FamRZ 1987, 257, 258 und vom 14. Februar 1990, FamRZ aaO. S. 982).

Zu dem Kreis dieser nicht bindenden, lediglich als Hilfsmittel zur Berechnung des geschuldeten Unterhalts herangezogenen Verteilungsmethoden gehört auch der Berechnungsansatz, mit dem hier das Ausgangsgericht die Tatsache, daß die Beklagte die den Parteien gemeinsam gehörende Eigentumswohnung allein nutzt und die Parteien zu unterschiedlichen Anteilen die Kosten und Lasten tragen, berücksichtigt hat. Seinem Urteil kommt eine Bindungswirkung nur insoweit zu, als dieser Umstand überhaupt in die Berechnung des Unterhalts mit eingeflossen und nicht etwa als Gegenstand einer gesonderten Geltendmachung eines Nutzungsentgeltes im Rahmen der Miteigentumsgemeinschaft (§ 745 Abs. 2 BGB) ausgeschieden worden ist (vgl. dazu Senatsurteile vom 11. Dezember 1985 - IVb ZR 82/84 - FamRZ 1986, 434, 435 und vom 11. Dezember 1985 - IVb ZR 83/84 - FamRZ 1986, 436, 437). In welcher Weise und bei welchem Berechnungsschritt die mit der Nutzung der Eigentumswohnung zusammenhängenden Vor- und Nachteile einbezogen werden, ist dagegen kein tragendes Urteilselement, das im Falle einer Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse beibehalten werden müßte. Daß das Oberlandesgericht bei der Abänderung keinen die gesamten Kosten übersteigenden Wohnvorteil festgestellt und deshalb zunächst den Unterhaltsbedarf der Beklagten unabhängig von einem anzurechnenden Wohnwert und unabhängig von den Kosten und Lasten errechnet und erst im Anschluß hieran bei der Berechnung des geschuldeten Unterhaltsanspruchs den Wohnvor- und Nachteilen Rechnung getragen hat, ist keine andere rechtliche Betrachtungsweise, wie die Revision meint, sondern lediglich ein anderer Berechnungsansatz. Denn auch das Ausgangsgericht hatte - obwohl es bei der Bestimmung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen den Einkünften beider Parteien zunächst den halben Wohnwert zugerechnet hatte - im Ergebnis keinen die ehelichen Lebensverhältnisse prägenden tatsächlichen Wohnvorteil zugrunde gelegt, weil es andererseits die mit dem Wohnungseigentum verbundenen gesamten Kosten und Lasten, die auch früher den Wohnwert überstiegen, bei beiden Parteien einkommensmindernd berücksichtigt hat. Auch hatte es - nach Feststellung des eheangemessenen Unterhaltsbedarfs - bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten den hälftigen Wohnwert, den ihr der Kläger überläßt, abgezogen und auf diese Weise dem Umstand Rechnung getragen, daß sie dessen Miteigentum nutzt.

Was die rechtliche Wertung angeht, so stimmt das Oberlandesgericht mit dem Ausgangsgericht im Ergebnis darin überein, daß es die Beklagte zu gleichen Anteilen an den Kosten und Lasten der Wohnung beteiligt, ohne eine Begrenzung nach dem angemessenen Wohnbedarf in Höhe eines Drittels ihrer Einkünfte vorzunehmen. Das Oberlandesgericht hat dies damit begründet, daß es nicht angemessen sei, die Parteien hinsichtlich der Belastung aus der im hälftigen Miteigentum stehenden Wohnung unterschiedlich zu behandeln, wenn die Beklagte sich einer wirtschaftlich sinnvollen Verwertung derselben widersetze. Das entspricht der Rechtsauffassung des Ausgangsgerichts, welches der Beklagten den hälftigen Wohnwert ohne diese Begrenzung angerechnet hat, weil sie den Verkauf der für sie zu großen Wohnung ablehne.

4. Die Bemessungsweise des Oberlandesgerichts ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Daß ein Wohnwert sowohl bei der Frage des Bedarfs als auch bei der Frage der Leistungsfähigkeit nur dann einkommenserhöhend zu berücksichtigen ist, wenn er die für das Eigentum aufgewendeten Kosten und Lasten übersteigt, sich also als ein Wohnvorteil gegenüber sonst entstehenden Mietaufwendungen erweist, entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. u.a. Senatsurteile vom 27. Juni 1984 - IVb ZR 20/83 - FamRZ 1985, 354, 356, vom 16. Januar 1985 - IVb ZR 59/83 - FamRZ 1985, 357, 360, vom 23. Oktober 1985 - IVb ZR 52/84 - FamRZ 1986, 48, 49 und vom 12. Juli 1989 - IVb ZR 66/88 - FamRZ 1989, 1160, 1162). Der daraus abgeleitete Berechnungsansatz enthält keinen Rechtsfehler. Der über den Unterhaltsanspruch vorgenommene hälftige Ausgleich der Belastungen zwischen den Ehegatten entspricht im Ausgangspunkt dem Gedanken der §§ 745 Abs. 2, 748 BGB und vermeidet zugleich ein weiteres Verfahren über eine Nutzungsentschädigung (vgl. Senatsurteile vom 11. Dezember 1985 aaO.; Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 5. Aufl. Rdn. 783). Den Wohnwert nur in Höhe von 1/3 des Einkommens der Beklagten auf ihren Unterhaltsbedarf anzurechnen, hat der Tatrichter wegen ihrer ablehnenden Haltung gegenüber einer wirtschaftlich sinnvolleren Verwertung des gemeinsamen Eigentums abgelehnt. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 1989 aaO. S. 1163) und entspricht, wie ausgeführt, der Wertung im Ausgangsverfahren.

Das angefochtene Urteil weist auch im übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten auf.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2993699

BGHR BGB § 1578 Abs. 1 Satz 1 Unterhaltsbemessung 32

BGHR ZPO § 323 Abs. 1 Bindung 7

DRsp IV(418)279i-l

FamRZ 1994, 1100

FuR 1994, 377

NJW-RR 1994, 1155

DAVorm 1994, 1023

EzFamR aktuell 1994, 362

EzFamR ZPO § 323 Nr. 42

MDR 1995, 68

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