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BGH Urteil vom 04.12.1986 - VII ZR 197/85

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Leitsatz (amtlich)

Zur Übernahme der Höchstpreisgarantie durch einen Architekten.

 

Normenkette

BGB §§ 631, 305

 

Verfahrensgang

OLG München (Urteil vom 15.04.1985)

LG München II

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 15. April 1985 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an den 9. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin betreut das nach dem Bauherrenmodell durchgeführte Projekt „Schlößchen B.” in B. Das Bauvorhaben betrifft ein älteres Gebäude, das inzwischen modernisiert und in eine aus zehn Eigentumswohnungen bestehende Wohnanlage umgewandelt worden ist.

Grundlage ihrer Tätigkeit sind inhaltlich übereinstimmende notariell beurkundete Geschäftsbesorgungs- und Treuhandverträge, die die Klägerin in der Zeit vom 1. August bis zum 22. September 1980 mit den einzelnen Bauherren geschlossen hat. In diesen Verträgen wurde sie mit der Wahrnehmung der Interessen der Bauherren und der Vornahme aller tatsächlichen und rechtlichen Handlungen beauftragt, die unmittelbar oder mittelbar dazu dienen konnten, für die Bauherren Miteigentumsanteile an dem Grundstück zu erwerben und darauf die Wohnanlage zu errichten (§ 1). Zugleich wurde ihr die wirtschaftliche Betreuung übertragen (§ 8 Abs. 1). Soweit die Klägerin zu diesem Zweck bereits Geschäfte besorgt hatte, wurden diese – allgemein – von den Bauherren genehmigt (§ 15 Nr. 2 Satz 3).

Schon durch Vertrag vom 14./20. August 1979 hatte die „Bauherrengemeinschaft Schlößl in B.”, vertreten durch die Klägerin, den Beklagten mit erheblichen Architektenleistungen für den Um- und Neubau des Anwesens beauftragt. Unter dem 28. März 1980 übersandte der Beklagte der Klägerin für das „Objekt: Bauvorhaben Schlössl, B.; Bauherrengemeinschaft B.” eine „Baukostenzusammenstellung/Höchstpreisgarantie”, die mit Bau- und Baunebenkosten in Höhe von 1.210.800 DM abschloß. In einer weiteren Kostenaufstellung vom 11. November 1981 kam der Beklagte auf 1.212.900 DM. Dieser Betrag werde, wie er dort hinzufügte, nicht überschritten werden.

Die Klägerin hat behauptet, daß die im Januar 1982 abgenommenen Bauarbeiten tatsächlich 1.536.929,59 DM gekostet hätten. Da der Beklagte die in der Aufstellung vom 28. März 1980 aufgeführten Bau- und Baunebenkosten erst nach eingehenden Verhandlungen garantiert und da er die Vergabe sämtlicher Aufträge selbst vorbereitet habe, sei er, wie sie gemeint hat, zur Zahlung der Differenz von 326.129,59 DM nebst Zinsen verpflichtet. Die Bauherren hätten ihre dahingehende Forderung an sie – die Klägerin – wirksam abgetreten. Diese Summe nebst Zinsen hat sie eingeklagt.

Der Beklagte hat geleugnet, die Einhaltung der Baukosten derart garantiert zu haben, daß er für den überschießenden Betrag selbst habe einstehen sollen. Hier komme allenfalls eine Haftung für – ihn nicht treffendes – Verschulden in Betracht. Außerdem hat er die Höhe der angeblichen Baukosten beanstandet.

Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 313.257,27 DM nebst Zinsen verurteilt und die Klage im übrigen – auch hinsichtlich eines weitergehenden Zinsanspruchs – abgewiesen. Dabei ist es von der Kostenaufstellung vom 11. November 1981 ausgegangen, die es um einige Rechnungsposten gekürzt hat. Das Oberlandesgericht hat die Klage vollständig abgewiesen.

Mit der – angenommenen – Revision, um deren Zurückweisung der Beklagte bittet, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht hält den Klagevortrag nicht für schlüssig. Die Klägerin habe nicht „den Nachweis … erbracht”, daß sie den geltend gemachten Anspruch aufgrund der Abtretungserklärung vom 23. Januar 1982 von den Bauherren erworben habe. Ihre Ansicht, die Bauherren hätten in den Treuhand- und Geschäftsbesorgungsverträgen den Garantievertrag vom 28. März 1980 übernommen, sei unrichtig. Hierzu wäre nämlich die Zustimmung aller Beteiligten, also auch die des Beklagten, erforderlich gewesen. Da diese Zustimmung nicht vorliege, seien die „ursprünglichen Parteien” nach wie vor die Vertragspartner des „behaupteten Garantievertrages”. Die Bestätigung des Beklagten vom 11. November 1981 ändere daran nichts, weil sie als Fortschreibung der Garantiezusage vom 28. März 1980 aufzufassen sei.

Ob der Beklagte nach § 1 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Architektenvertrage hafte, könne dahinstehen. Diesen Vertrag habe die Klägerin zwar in offener Stellvertretung – als Vertreterin ohne Vertretungsmacht – abgeschlossen. Etwaige Ansprüche hieraus seien aber weder abgetreten worden, noch würden sie von der Klägerin geltend gemacht.

Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

1. Gerichtet war die mit einer Baukostenzusammenstellung verbundene und als „Höchstpreisgarantie” bezeichnete Erklärung des Beklagten vom 28. März 1980 an die dort ausdrücklich als Bauherr erwähnte und im übrigen allein genannte „Bauherrengemeinschaft B.”, nicht etwa, wie das Berufungsgericht meint, an die Klägerin.

Danach sollte die Bauherrengemeinschaft aus der „Garantiezusage” berechtigt werden. Sie ist es auch geworden.

a) Daß die Bauherrengemeinschaft damals noch nicht bestand, vielmehr erst später gebildet wurde, steht dem ebensowenig entgegen wie beim vorangegangenen Architektenvertrag. Die Klägerin konnte als Vertreterin der künftigen Bauherrengemeinschaft handeln (BGHZ 76, 86, 90; Senatsurteil vom 16. Juni 1983 – VII ZR 115/81 = ZfBR 1983, 220 = BauR 1983, 457); sie hat das auch getan. Der Beklagte hat das nicht anders verstanden; erst das Berufungsgericht ist auf den im Vortrag der Parteien durch nichts belegten Gedanken gekommen, daß bei der Vereinbarung vom 28. März 1980 „ursprünglich” die Klägerin die Vertragspartnerin des Beklagten gewesen sei oder auch nur hätte werden sollen.

b) Diese zunächst schwebend unwirksame Vereinbarung über die Höchstkosten (§ 177 Abs. 1 BGB) ist dann wirksam geworden. Das folgt aus § 15 Nr. 2 Satz 3 der Geschäftsbesorgungsverträge. Dort haben die Bauherren die von der Klägerin bereits für sie besorgten Geschäfte – mithin auch die Entgegennahme der Erklärung vom 28. März 1980 – genehmigt.

2. Da die Klägerin in den ihr erteilten Vollmachten von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit worden ist, bestehen gegen die Wirksamkeit der Abtretung keine Bedenken. Seitdem ist die Klägerin aus der Vereinbarung vom 28. März 1980 berechtigt.

3. Das angefochtene Urteil kann danach nicht bestehen bleiben; es ist aufzuheben, die Sache ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – zurückzuverweisen.

Das Berufungsgericht wird nunmehr zu prüfen haben, welche Bedeutung der „Höchstpreisgarantie” des Beklagten zukommt und ob – gegebenenfalls in welchem Umfange – dessen Einwendungen gegen die „Schadenspositionen” der Klägerin durchgreifen. Dabei wird es berücksichtigen müssen, daß ein Garantievertrag in dem von der Klägerin gewünschten Sinne dann anzunehmen ist, wenn der Beklagte mit der Zusage, daß die von ihm angegebenen Baukosten nicht überschritten werden würden, zumindest stillschweigend auch erklärt hat, daß er bei einer Überschreitung der Höchstpreisgrenze den Mehrbetrag selbst tragen werde (BGH NJW 1960, 1567; Senatsurteil vom 24. Juni 1971 – VII ZR 254/69 = BauR 1971, 270, 272 – insoweit in NJW 1971, 1840 nicht abgedruckt; vgl. a. Senatsurteil vom 28. Februar 1974 – VII ZR 240/71 = BauR 1974, 347). Das Berufungsgericht wird ferner zu beachten haben, daß die Klägerin in § 10 Abs. 1 der Geschäftsbesorgungs- und Treuhandverträge ihrerseits gegenüber den Bauherren dafür „garantiert” hat, daß die im Rahmen des kalkulierten Gesamtaufwandes liegenden Höchstpreise nicht überschritten werden.

Ist zwischen den Bauherren und dem Beklagten ein Garantievertrag geschlossen worden, kann die Klägerin dessen Erfüllung, nicht etwa nur Schadensersatz beanspruchen; sie braucht daher nur zu beweisen, daß die garantierte Summe überschritten worden ist. Sache des Beklagten ist es dann zu beweisen, daß die Überschreitung der Kosten auf ein Verhalten der Bauherren zurückgeht. Sollte dagegen der Beklagte eine von seinem Verschulden unabhängige Gewähr für die Einhaltung des Höchstpreises nicht übernommen haben, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob und welche der sonst im Urteil BGH NJW 1960, 1567 erörterten Haftungsgründe in Betracht kommen. Hat der Beklagte lediglich eine fehlerhafte Kostenschätzung abgegeben und hat er das zu vertreten, so wird das Berufungsgericht bei der Frage, ob die Bauherren hierdurch einen Schaden erlitten haben, die Grundsätze beachten müssen, die der Senat in seinem Urteil NJW 1970, 2018 entwickelt hat (vgl. a. Senatsurteil vom 16. Juni 1977 – VII ZR 2/76 = BauR 1979, 74). Auf das Senatsurteil vom 7. Februar 1957 (VII ZR 266/56 = VersR 1957, 298 = Schäfer/Finnern Z 3.01 Bl. 70) wird sich der Beklagte entgegen seiner in diesem Rechtsstreit geäußerten Ansicht dabei keinesfalls berufen können. Dort hat der Senat zwar in Zweifel gezogen, ob die Überschreitung der vom Architekten geschätzten Kosten um 27 % schon als schuldhafte Vertragsverletzung angesehen werden könne. Dieses Urteil betraf aber einen besonders gelagerten, mit dem vorliegenden nicht vergleichbaren Sachverhalt: Es ging damals um eine auch vom Bauherrn erkannte ganz oberflächliche, nicht auf Einzelheiten beruhende Schätzung.

4. Ob das Berufungsgericht die vorstehend angeführten Fragen schon deshalb hätte klären müssen, weil es die Klägerin ohnehin als „ursprüngliche” Vertragspartnerin des Beklagten angesehen hat und – wegen der seiner Meinung nach unwirksamen Abtretung – auch weiterhin als Berechtigte hätte behandeln müssen, kann nach alledem offen bleiben.

5. Die Verweisung an einen anderen Senat des Berufungsgerichts beruht auf § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

 

Unterschriften

Girisch, Recken, Doerry, Obenhaus, Quack

 

Fundstellen

Haufe-Index 537533

Nachschlagewerk BGH

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