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BGH Beschluss vom 31.10.2000 - XII ZR 3/00

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Tenor

Die Zwangsvollstreckung aus den Urteilen des Landgerichts Dresden vom 28. Januar 1999 und des Oberlandesgerichts Dresden vom 29. November 1999 wird bis zur Entscheidung über den Einstellungsantrag einstweilen eingestellt, soweit sie über eine Sicherungsvollstreckung im Sinne des § 720a ZPO oder über die Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung hinausgeht.

 

Gründe

I.

Das Landgericht verurteilte den Beklagten zur Räumung und Herausgabe der von ihm betriebenen Gaststätte nebst zugehöriger Wohnung sowie zur Zahlung von 138.125,52 DM nebst Zinsen. Das Oberlandesgericht wies seine Berufung zurück, verurteilte ihn auf die Anschlußberufung des Klägers zur Zahlung weiterer 123.728,67 DM nebst Zinsen und ließ ihm nach, die Zwangsvollstreckung aus dem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 70.000 DM abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Revision eingelegt, mit der er nach wie vor Abweisung der Klage und Zurückweisung der Anschlußberufung erstrebt.

Nach Einlegung der Revision ist über das Vermögen des Klägers am 11. März 2000 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Insolvenzverwalter betreibt die Vollstreckung aus den vorbezeichneten Titeln. Der von ihm beauftragte Gerichtsvollzieher hat den Beklagten mit Ladung vom 25. September 2000 zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung am 2. November 2000 geladen.

Der Beklagte macht unter Glaubhaftmachung geltend, er sei weder in der Lage, die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erforderliche Sicherheit in Höhe von 70.000 DM noch den im Rahmen der Zwangsvollstreckung beizutreibenden Betrag aufzubringen. Bei deren Durchführung müsse er seinen Gaststättenbetrieb aufgeben; dies gefährde seine Existenz.

Zwar habe er in der Berufungsinstanz keinen Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO gestellt; dies stehe einer Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 719 Abs. 2 ZPO aber nicht entgegen, weil das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch nicht eröffnet gewesen sei. Infolgedessen habe er damals noch nicht voraussehen und geltend machen können, daß etwaige im Rahmen der Zwangsvollstreckung beigetriebene Zahlungen im Falle eines Erfolgs der Revision mit Rücksicht auf die Insolvenz des Klägers nicht mehr mit Erfolg zurückgefordert werden könnten.

II.

1. Der Umstand, daß das Revisionsverfahren durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers gemäß § 240 ZPO unterbrochen ist, steht einer Entscheidung über einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 719 Abs. 2 ZPO nicht entgegen (vgl. OLG Bamberg NJW-RR 1989, 576; Stein/Jonas/Roth, ZPO 21 Aufl. § 249 Rdn. 15; MünchKomm/Feiber, ZPO § 249 Rdn. 23; vgl. auch BGH, Beschluß vom 17. November 1999 – X ZR 147/98 –, unveröffentlicht).

2. Nach § 719 Abs. 2 ZPO kann das Revisionsgericht die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil anordnen, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Nach ständiger, auch vom Senat gebilligter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt eine solche Einstellung indessen regelmäßig nicht in Betracht, wenn der Schuldner es versäumt hat, im Berufungsrechtszug einen Schutzantrag gemäß § 712 ZPO zu stellen (vgl. Senatsbeschluß vom 3. Juli 1991 – XII ZB 262/90 – NJW-RR 1991, 1216 m.N.).

Daß ein solcher Schutzantrag im Berufungsrechtszug nicht gestellt wurde, steht einer Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Berufungsgericht allerdings nicht entgegen, wenn und soweit die Gründe, auf die der Einstellungsantrag gestützt wird, im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch nicht vorlagen oder aus anderen Gründen nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht werden konnten (vgl. BGH, Beschluß vom 17. November 1999 – X ZR 147/98 – bereits zitiert).

Das trifft für den erst während des Revisionsverfahrens eingetretenen und zuvor nicht absehbaren Umstand zu, daß über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Allerdings kann dieser Umstand die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nur insoweit rechtfertigen, als diese zur einstweiligen Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers führt, ohne daß Sicherheit geleistet worden ist, weil der Beklagte aufgrund der Insolvenz des Klägers dem Risiko ausgesetzt würde, daß im Falle eines Erfolges der Revision beigetriebene Zahlungen nicht mehr zurückzuerlangen oder Schadensersatzforderungen nicht durchzusetzen wären.

Alle anderen vom Beklagten geltend gemachten Vollstreckungsfolgen waren im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht in gleicher Weise wie jetzt erkennbar und hätten schon damals geltend gemacht werden können.

Hiernach beruft sich der Beklagte ohne Erfolg darauf, daß ihn die Durchführung der Zwangsvollstreckung zur Aufgabe seines Betriebes zwingen und damit zur Gefährdung seiner Existenz führen würde. Das gleiche gilt für die Ladung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, die für den Fall fruchtloser oder aussichtsloser Pfändung gleichfalls von vornherein absehbar war.

Hiernach ist der Einstellungsantrag schon jetzt zurückzuweisen, soweit er die Maßnahmen einer Sicherungsvollstreckung sowie die Abgabe der Offenbarungsversicherung betrifft. Im übrigen ist die Entscheidung über den Einstellungsantrag vorzubehalten.

 

Unterschriften

Blumenröhr, Krohn, Gerber, Sprick, Weber-Monecke

 

Fundstellen

Haufe-Index 556513

NJW 2001, 375

InVo 2001, 445

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