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BGH Beschluss vom 27.08.1998 - XII ZR 167/98

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Gründe

I. Die Klägerin verlangt nach Kündigung des Mietvertrages Räumung und Herausgabe von Geschäftsräumen, die die Voreigentümerin des Grundstücks dem Beklagten zum Betrieb einer Zahnarztpraxis vermietet hatte. Das Oberlandesgericht hat der Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des Landgerichts stattgegeben, weil der Beklagte sein Optionsrecht nicht rechtzeitig vor Ablauf der vereinbarten Mietzeit ausgeübt habe. Es hat dem Beklagten nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung vorläufig abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leiste. Die Klägerin hat den Beklagten unter dem 26. Juni 1998 zur Räumung aufgefordert.

Der Beklagte hat gegen das Urteil Revision eingelegt.

Er beantragt ferner, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil einstweilen einzustellen, und macht unter Vorlage eines ärztlichen Attestes geltend, daß er unter einer depressiven Symptomatik leide, die durch äußere Belastungssituationen ausgelöst worden sei und sich noch verschlimmern könne, wenn die Klägerin, die laut Mitteilungsschreiben vom 6. August 1998 inzwischen Sicherheit geleistet und Gerichtsvollzieherauftrag zur Räumung erteilt habe, ihr Vorhaben realisieren würde.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Nach § 719 Abs. 2 ZPO kann das Revisionsgericht die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil anordnen, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 6. August 1991 - XII ZR 17/91 - BGHR ZPO § 719 Abs. 2 Schutzantrag 1; vom 22. Juli 1994 - XII ZB 150/94 - aaO. § 719 Abs. 2 Satz 1 Nachteil 4; BGH, Beschluß vom 5. Juni 1996 - VIII ZR 130/96 - aaO. § 719 Abs. 2 Gläubigerinteressen 3 jeweils m.w.N.) kommt jedoch die Einstellung der Zwangsvollstreckung nur in eng begrenzten Ausnahmefällen als letztes Hilfsmittel des Vollstreckungsschuldners in Betracht. Dessen Interessen sind denen des Gläubigers nach der in § 719 Abs. 2 ZPO getroffenen Wertentscheidung grundsätzlich nachrangig, da die Rechte des Schuldners durch ein in zwei Tatsacheninstanzen geführtes Erkenntnisverfahren mit den dort möglichen Schutzanordnungen hinreichend gewahrt erscheinen. Der Vollstreckungsschutz nach § 719 Abs. 2 ZPO ist daher regelmäßig zu verweigern, wenn der Schuldner es versäumt hat, im Berufungsrechtszug durch einen Antrag nach § 712 ZPO, der ähnlichen Voraussetzungen unterliegt wie der Antrag nach § 719 Abs. 2 ZPO, den Vollstreckungsschutz zu erlangen, obwohl ihm ein solcher Antrag möglich und zumutbar war. Denn da in der Berufung über einen solchen Antrag regelmäßig erst nach mündlicher Verbandlung und Gewährung des rechtlichen Gehörs für den Vollstreckungsgläubiger befunden wird, bietet der Antrag aus § 712 ZPO für diesen die größere Gewähr, daß auch seine Interessen angemessen berücksichtigt werden, während die Entscheidung nach § 719 Abs. 2 ZPO häufig ohne mündliche Verhandlung (§ 719 Abs. 3 ZPO) und unter Umständen sogar ohne Anhörung des Gläubigers ergehen kann.

Einen Antrag nach § 712 ZPO, der gemäß § 714 ZPO vor Schluß der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, eingereicht werden muß, hat der Beklagte ausweislich des Protokolls über die Berufungsverhandlung und des Tatbestandes des Berufungsurteils nicht gestellt. Dafür, daß ihm dies nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre, hat der Beklagte nichts dargetan. Aus dem vorgelegten Attest ergibt sich nicht, daß die von ihm genannten, in seiner Person liegenden Gründe im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht erkennbar gewesen seien oder hätten glaubhaft gemacht werden können (vgl. BGH, Beschluß vom 26. September 1991 - I ZR 189/81 - aaO. § 719 Abs. 2 ZPO Gläubigerinteressen 2). Auch ist nicht ersichtlich, warum sein Prozeßbevollmächtigter nicht fürsorglich einen Vollstreckungsschutzantrag hätte stellen können.

Abgesehen davon stellt die Verpflichtung zur Herausgabe gemieteter Praxisräume, die zur Berufsausübung genutzt werden, auch keinen unersetzlichen Nachteil im Sinne des § 719 Abs. 2 ZPO dar, hinter dem die Gläubigerinteressen ausnahmsweise zurücktreten müßten. Die Herausgabepflicht ist vielmehr die normale Folge eines durch Kündigung beendeten Mietverhältnisses. Dem Beklagten ist dadurch seine weitere Berufstätigkeit keineswegs erschwert oder gar unmöglich gemacht worden. Es ist ihm unbenommen, sich - gegebenenfalls durch Einschaltung eines Maklers - um Ersatzräume zu bemühen und dort seine Berufsausübung fortzusetzen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2993571

BGHR ZPO § 719 Abs. 2 Gläubigerinteresse 5

NJW-RR 1998, 1603

NZM 1998, 863

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