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BFH Urteil vom 28.01.1970 - I R 123/67

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Leitsatz (amtlich)

1. Tritt der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft zu seiner Gesellschaft als Käufer oder Lieferant in Rechtsbeziehungen, so kann von dem Veranlagungsbeamten des FA nicht verlangt werden, daß er stets bis in Einzelheiten erforscht, ob die Leistung der Gesellschaft eine verdeckte Gewinnausschüttung beinhaltet - es sei denn, daß die Steuererklärung, die nach § 204 AO Gegenstand der Prüfung von Amts wegen ist, oder besondere Umstände hierzu Anlaß geben.

2. Wertbegründende Eigenschaften eines Gegenstandes können neue Tatsachen im Sinne des § 222 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO sein.

 

Normenkette

AO §§ 204, 222 Abs. 1 Nrn. 1-2; KStG § 6 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Die Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige), eine GmbH, hatte mit notariellem Vertrag vom 22. Dezember 1962 ein ihr gehöriges Grundstück zum Preis von 370 000 DM an eine Gesellschafterin veräußert. Da das Grundstück zum 31. Dezember 1961 mit 108 370 DM bilanziert war, hatte sich durch den Verkauf ein außerordentlicher Ertrag von 261 630 DM ergeben. Der unter Einschluß dieses außerordentlichen Ertrages ermittelte Jahresgewinn für das Streitjahr 1962 war vom Revisionskläger (FA) der ursprünglichen Veranlagung zur Körperschaftsteuer zugrunde gelegt worden.

Der Grundstückskaufpreis von 370 000 DM soll nach Darstellung der Steuerpflichtigen in Anlehnung an ein von einem Architekten am 10. März 1959 erstelltes Gutachten über den Grundstückswert geschätzt worden sein. Der Gutachter hatte den Sachwert mit 410 000 DM ermittelt (Bodenwert 110 000 DM und Gebäudewert 300 000 DM) und den Verkehrswert auf 350 000 DM geschätzt. Der Ermittlung des Bodenwertes liegt ein qm-Preis von 8 DM zugrunde. In ihrer Einkommensteuererklärung hatte die Erwerberin des Grundstücks den im Kaufpreis enthaltenen Bodenwertanteil mit ca. 100 000 DM angegeben. Bei der im Jahre 1966 durchgeführten Betriebsprüfung hielt der Betriebsprüfer unter Berufung auf eine Auskunft des Stadtvermessungsamtes vom 7. Januar 1966 einen Bodenpreis von 36 DM je qm für zutreffend. Er errechnete danach für Besteuerungszwecke folgenden Grundstückswert und folgende verdeckte Gewinnausschüttung:

Bodenwert 12 563 qm zu je 36 DM 452 268 DM

Gebäudewert 270 000 DM

Gesamtwert 722 268 DM

vereinbarter Kaufpreis 370 000 DM

verdeckte Gewinnausschüttung 352 268 DM

Das FA machte sich diese Beurteilung zu eigen und setzte in dem nach § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO erlassenen Berichtigungsbescheid eine entsprechende Körperschaftsteuer fest.

Mit der Klage bestritt die Steuerpflichtige eine verdeckte Gewinnausschüttung. Das verkaufte Grundstück sei höchstens 370 000 DM wert gewesen. Es habe sich um Hinterland mit schlechtem Zugang, fehlenden Versorgungsanschlüssen und teils baufälligem, teils reparaturbedürftigem Gebäudebesatz gehandelt. Im übrigen gebe es für bebaute Grundstücke und insbesondere für das in Rede stehende Grundstück keine geeigneten Vergleichsobjekte. Ein Bodenwert für das verkaufte Objekt von 36 DM je qm sei daher abwegig, wenn auch ein Wert von 8 DM je qm zu niedrig liege. Der Grund und Boden und die aufstehenden Gebäude dürften auch nicht getrennt betrachtet werden. Verschiedene Zeugen könnten bestätigen, daß das gesamte Grundstück höchstens 370 000 DM wert gewesen sei.

Bei den Feststellungen des FA bzw. des Betriebsprüfers nach Eintritt der Rechtskraft des ursprünglichen Körperschaftsteuerbescheides handele es sich auch nicht um neue Tatsachen im Sinn des § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO. Vor Durchführung dieser Veranlagung habe sie - die Steuerpflichtige - das FA über die Tatsache des Grundstücksverkaufs und den dabei erzielten Kaufpreis unterrichtet. Das sei zwar im Zusammenhang mit dem Bestreben des FA geschehen, die Vermögensabgabe für sofort fällig zu erklären. Die Körperschaftsteuer-Veranlagungsstelle habe jedoch die Kenntnis einer anderen Dienststelle gegen sich gelten zu lassen.

Das FG hat der Klage stattgegeben, da die Voraussetzungen für eine Berichtigungsveranlagung nicht vorgelegen hätten. Nach der Rechtsprechung liege eine neue Tatsache nicht vor, wenn die Veranlagungsbeamten bei Durchführung einer Veranlagung rechtserhebliche Tatsachen zwar nicht kannten, sie jedoch bei gehöriger Erfüllung der ihnen obliegenden Ermittlungspflicht hätten kennen müssen und wenn gleichzeitig dem Steuerpflichtigen kein Verstoß gegen seine Mitwirkungspflicht bei der Ermittlung des richtigen Steuerbetrags zur Last zu legen sei. Beide Voraussetzungen seien im Streitfall erfüllt.

Unterstelle man die Vergleichbarkeit der Bodenpreise, die für benachbarte Grundstücke in jener Zeit gezahlt worden seien, und damit die Beweisbarkeit eines höheren Grundstückswerts als 370 000 DM, so hätte sich das FA die Kenntnis über die gezahlten Bodenpreise schon bei Durchführung der ursprünglichen Veranlagung beschaffen müssen. Selbst wenn der vom Steuerpflichtigen in seiner Steuererklärung unterbreitete Sachverhalt zunächst dafür spreche, daß sich bei einem Grundstücksverkauf die gegenseitigen vertraglichen Leistungen wertmäßig entsprochen haben - wie das FA hier unter Hinweis u. a. auf die Höhe des entstandenen Buchgewinns und auf das Verhältnis zwischen Verkaufspreis und Einheitswert behaupte -, so schließe das nicht aus, daß dieser Anschein trüge und daß gleichwohl die vom Grundstückserwerber gewährte Gegenleistung nicht dem objektiven Grundstückswert entsprach.

Die somit auch im Streitfall bei der Bedeutung des Objekts für eine zutreffende Steuerfestsetzung auf jeden Fall vorzunehmende Prüfung der Angemessenheit des Kaufpreises hätte mit größter Wahrscheinlichkeit nicht ohne Ermittlungen über etwa vorhandene Bodenvergleichspreise vorgenommen werden können. Denn daß eine Betriebsprüfung im Betrieb der Kapitalgesellschaft Unterlagen zutage fördere, die die Unangemessenheit des Kaufpreises erkennen lassen, müsse jedenfalls dann als sehr unwahrscheinlich angesehen werden, wenn eine verdeckte Gewinnausschüttung überhaupt nicht beabsichtigt gewesen sei. Auch im Streitfall habe die Betriebsprüfung solche Unterlagen - wie günstigere Preisangebote Dritter oder günstigere Schätzungsgutachten - nicht vorgefunden. Seien aber im Regelfall besondere Ermittlungen über die Angemessenheit eines Grundstückskaufpreises nötig, weil weder die Veranlagungsbeamten des FA noch der Betriebsprüfer tatsächlich gezahlte Grundstücksvergleichspreise kennen, so seien keine stichhaltigen Gründe erkennbar, weshalb diese besonderen Ermittlungen nicht von den Beamten der Veranlagungsstelle durchgeführt worden seien.

Müsse das Nichtvorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung von der Finanzbehörde auf jeden Fall, d. h. auch dann, wenn der äußere Anschein zunächst für ihr Nichtvorliegen spreche, zu irgendeinem Zeitpunkt nachgeprüft werden und erfordere die Nachprüfung eine Rückfrage bei einer dritten Stelle, die ohne große Mehrarbeit von der Veranlagungsstelle vorgenommen werden könne, so verletze das FA die ihm gesetzlich obliegende Ermittlungspflicht, wenn es eine derartige Rückfrage unterlasse.

Andererseits könne der Steuerpflichtigen kein Verstoß gegen ihre Mitwirkungspflicht bei der Besteuerung zur Last gelegt werden. Weder sei es üblich, daß Kapitalgesellschaften bei Rechtsgeschäften mit einem Gesellschafter der Finanzbehörde von sich aus die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung näher dartun, noch pflegten die FÄ im allgemeinen einen derartigen Nachweis schon bei Vornahme der Veranlagung zu verlangen. Ein solches Verlangen stünde auch in bedenklichem Gegensatz zu dem in Schrifttum und Rechtsprechung allgemein anerkannten Grundsatz, daß die Finanzbehörde das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung zu beweisen habe.

Das FA hat gegen das Urteil Revision eingelegt; es rügt die Verletzung des § 222 Abs. 1 Nr. 1 und des § 204 Abs. 1 AO und die unrichtige Wiedergabe einer mündlichen Einlassung des Vertreters des FA in der mündlichen Verhandlung.

Von einer dem FA vorzuwerfenden mangelnden Aufklärung könne immer nur dann gesprochen werden, wenn besondere Umstände eine Sachaufklärung schon im Rahmen der Veranlagung geboten erscheinen ließen. Eine Überprüfung des Grundstückswertes wäre nur dann geboten gewesen, wenn die vereinbarte Höhe des Veräußerungspreises Zweifel an der Angemessenheit hätte aufkommen lassen. Es müsse also Veranlassung zu einer Nachfrage bestehen. Im vorliegenden Falle hätten aber mehrere Umstände (das Dreifache des Einheitswerts, der beachtliche in der Bilanz ausgewiesene außerordentliche Ertrag von 261 630 DM) für die Angemessenheit des vereinbarten Kaufpreises gesprochen. Daß in der entsprechenden Gegend zu gleicher Zeit Grundstücke zu weit höheren Preisen gehandelt worden seien, habe der Veranlagungsbeamte nicht gewußt und nicht wissen können.

Wenn das FG in jedem Falle Rückfragen in bezug auf den Kaufpreis bei anderen Dienststellen verlange, so sei darauf hinzuweisen, daß die Bewertungsstelle keine Unterlagen für die Verkehrswerte von Grundstücken habe. Eine Rückfrage beim Vermessungsamt der Stadt führe zu erheblicher Mehrarbeit und zu einer fühlbaren Verzögerung der Veranlagungsarbeiten. Das FG beurteile die dem FA zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu streng. Auch die ständige Belastung der städtischen Behörden würde zu Unzuträglichkeiten der Zusammenarbeit führen. Rückfragen müßten darum auf Fälle beschränkt bleiben, in denen das FA Zweifel an der Angemessenheit habe.

Der Vertreter des FA sei in der mündlichen Verhandlung mißverstanden worden. Er bestreite ausdrücklich, zugegeben zu haben - wie es in dem angefochtenen Urteil heiße -, daß es in der Regel Aufgabe der Veranlagungsdienststelle sei, in derartigen Fällen verdeckte Gewinnausschüttungen festzustellen und zu diesem Zweck die Grundstücksvergleichspreise zu erfragen. Er habe vielmehr auf Befragen des Vorsitzenden erklärt, daß solche Rückfragen üblich seien, wenn Zweifel an der Angemessenheit bestünden; Zweifel habe aber im vorliegenden Falle der Veranlagungsbeamte nicht gehabt.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Die Steuerpflichtige beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß eine Tatsache nicht neu im Sinne des § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO ist, wenn das FA bei Durchführung der Veranlagung eine rechtserhebliche Tatsache zwar nicht kannte, sie bei einwandfreier Bearbeitung aber hätte kennen müssen und wenn dem Steuerpflichtigen kein Verstoß gegen seine Mitwirkungspflicht zur Last fällt. Dem FG kann aber nicht in der Ansicht zugestimmt werden, daß im Streitfall das FA es bei der Veranlagung hieran habe fehlen lassen. Insbesondere kann die Ansicht nicht gebilligt werden, daß das FA die ihm nach § 204 AO obliegende Ermittlungspflicht stets verletzt, wenn es beim Verkauf eines Grundstücks von der Gesellschaft an einen Gesellschafter von einer Untersuchung der Bodenvergleichspreise durch Rückfrage bei den städtischen Behörden absieht, weil der Veranlagungsbeamte keinen Anlaß hat, an der Angemessenheit des Kaufpreises zu zweifeln.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt vor, wenn eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern Vorteile gewährt, die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer dritten Personen nicht gewähren würde (vgl. Urteil des BFH I 82/64 vom 13. September 1967, BFH 90, 134, BStBl III 1967, 791). Hiermit hat der Senat den Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung soweit wie möglich objektiviert. Es kommt darauf an, ob die Gesellschaft dem Gesellschafter außer dem Gewinnanteil ihm nicht zustehende Vorteile zugewendet hat. Eine solche Feststellung wird häufig nicht vom Arbeitstisch des Veranlagungsbeamten getroffen werden können, was aber nicht ausschließt, daß er von Amts wegen Ermittlungen anzustellen hat, wenn die Steuererklärung Anlaß zu Zweifeln gibt. Es kann aber nicht anerkannt werden, daß der Veranlagungsbeamte in allen Fällen, wo der Gesellschafter zu seiner Gesellschaft in Rechtsbeziehungen getreten ist (wie z. B. als Käufer und Lieferant), bis in Einzelheiten zu erforschen hat, ob die Leistung der Gesellschaft eine verdeckte Gewinnausschüttung beinhaltet - es sei denn, daß schon die Steuererklärung, die nach § 204 AO Gegenstand der Prüfung ist, oder besondere Umstände hierzu Anlaß geben. Dies scheint auch deswegen gerechtfertigt, weil eine solche Untersuchung "vom grünen Tisch" trotz besonderer Mühen nicht zum Erfolg führen würde.

Hinzu kommt aber, daß sich der Veranlagungsbeamte zunächst auf die Richtigkeit der Steuererklärung verlassen darf, denn der Steuerpflichtige hat diese nach bestem Wissen und Gewissen abzugeben (vgl. § 166 Abs. 1 AO). Aus § 204 AO kann nicht gefolgert werden, daß die FÄ die Steuererklärung argwöhnisch bis aufs letzte prüfen müssen, das FA muß vielmehr einen Anlaß zur Nachprüfung haben (vgl. BFH-Urteil VI 296/57 S vom 5. Dezember 1958, BFH 68, 223, BStBl III 1959, 86). Die Anforderungen an die Aufklärungspflicht des FA dürfen nicht überspannt werden (vgl. BFH-Urteil V 96/64 vom 9. März 1967, BFH 88, 223, BStBl III 1967, 379), weil dies die Funktionsfähigkeit der Verwaltung erheblich beeinträchtigen würde.

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so kann dem FA kein Vorwurf daraus gemacht werden, daß es vor der Veranlagung keine Rückfrage bezüglich des Verkehrswertes der Bodenpreise beim Vermessungsamt der Stadt gehalten hat. Die Steuerpflichtige war von einem Wirtschaftsprüfer beraten, von dem erwartet werden durfte, daß er die steuerrechtliche Bedeutung der verdeckten Gewinnausschüttung kannte. Es ist auch unstreitig, daß der Veranlagungsbeamte keinen Verdacht dahin hatte, daß der vereinbarte Preis unter dem Tagespreis für Grundstücke dieser Art lag. Dafür, daß er dies annehmen durfte, spricht auch die Tatsache, daß die Steuerpflichtige noch in der Klageschrift vorträgt, der Kaufpreis läge tatsächlich nicht unter dem Verkehrswert des Grundstücks. Ermittlungen, wie sie zum Gegenstand dieses Rechtsstreits erforderlich waren, können dem FA nicht zur Aufgabe des Veranlagungsverfahrens gemacht werden.

Eine andere Beurteilung greift auch nicht dadurch Platz, daß das FA auf die Unterlagen über die Grundstücksveräußerung bei der Lastenausgleichsstelle hingewiesen wurde. Abgesehen davon, daß die Beamten der Veranlagungsdienststelle die Akten anderer Dienststellen des FA nicht zu kennen brauchen und deren Inhalt dem Aufdecken einer neuen Tatsache im Sinne des § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht entgegensteht (vgl. BFH-Urteil IV 305/63 U vom 14. Dezember 1965, BFH 84, 577, BStBl III 1966, 209), ist nicht erkennbar, inwiefern aus dieser Akte ersichtlich sein soll, daß der Verkehrswert des Grundstücks über dem Verkaufspreis liegen soll.

Zutreffend weist das FA darauf hin, ihm könne kein Vorwurf daraus gemacht werden, daß es hier keinen vorläufigen Steuerbescheid erlassen habe. Für eine vorläufige Veranlagung besteht kein Bedürfnis, wenn bei der Überprüfung der Steuererklärung keine Ungewißheit über die Entstehung der Steuerschuld auftritt (§ 100 AO) und keine Zweifel an der Richtigkeit der Erklärung bestehen.

Die Ermittlung des Betriebsprüfers stellt auch eine neue Tatsache dar, denn das FA behauptet einen höheren als den von der Steuerpflichtigen angenommenen Verkehrswert. Dem FA waren bei der Veranlagung die Kaufpreise in der Nachbarschaft des streitigen Grundstücks unbestrittenermaßen unbekannt. Soweit solche vergleichbaren Kaufpreise erzielt worden sind, sind sie dem FA erst durch die Betriebsprüfung bekanntgeworden. Wenn auch eine Wertvorstellung der Beteiligten keine "Tatsache" ist, so ist der Wert stets eine Schlußfolgerung aus wertbegründenden Eigenschaften (vgl. Paulick in Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur AO/FGO, Anm. 72 zu § 222 AO). Solche wertbegründenden Eigenschaften können neue Tatsachen im Sinne des § 222 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO sein. Die wertbegründenden Eigenschaften liegen in der Beschaffenheit des Gegenstandes, die hier streitig ist. Dies wird auch aus dem Klagevortrag der Steuerpflichtigen erkennbar, wenn sie mit Recht aus der Beschaffenheit und Lage des Grundstücks auf seinen Wert schließt.

Hiernach kommt es auf die vom FA aufgeworfene Frage, ob die Steuerpflichtige ihrer Aufklärungspflicht genügt hat, nicht mehr an. Denn das FA war unabhängig von dem Verhalten der Steuerpflichtigen und entgegen der Ansicht der Vorinstanz zur Berichtigung der Veranlagung berechtigt, wenn eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt. Die Vorentscheidung muß darum aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen werden. Das FG wird sich nach der Zurückverweisung mit dem Vorbringen der Steuerpflichtigen zu befassen haben, ob das hier in Rede stehende Grundstück nach Lage, Beschaffenheit, Bebauungsweise (siehe S. 6 ff. der Klageschrift vom 28. Juli 1966) einen Wert hatte, der über dem mit der Gesellschafterin vereinbarten Kaufpreis lag und darum eine verdeckte Gewinnausschüttung vom FA zu Recht angenommen worden ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68916

BStBl II 1970, 296

BFHE 1970, 171

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