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BFH Urteil vom 01.02.2007 - VI R 77/05 (veröffentlicht am 14.03.2007)

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Renovierung einer Hausfassade ist keine haushaltsnahe Dienstleistung

Leitsatz (amtlich)

1. Haushaltsnahe Dienstleistungen i.S. des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG sind Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden. Keine haushaltsnahen Dienstleistungen sind solche, die zwar im Haushalt des Steuerpflichtigen ausgeübt werden, aber keinen Bezug zur Hauswirtschaft haben.

2. Die Renovierung einer Hausfassade ist keine haushaltsnahe Dienstleistung; als Handwerkerleistung führt sie bis einschließlich VZ 2005 nicht zu einer Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG.

Normenkette

EStG § 35a Abs. 2

Verfahrensgang

Thüringer FG (Entscheidung vom 13.10.2005; Aktenzeichen II 165/05; EFG 2006, 121)

Tatbestand

I. Streitig ist, ob Handwerkerleistungen haushaltsnahe Dienstleistungen i.S. von § 35a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl I 2002, 4621; BStBl I 2003, 3) sind.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden im Streitjahr 2003 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In ihrer Einkommensteuererklärung beantragten sie die Steuerermäßigung gemäß § 35a Abs. 2 EStG. Dem lag die Sanierung der Fassade des von den Klägern selbst genutzten Wohnhauses zugrunde. Nach der nach Verarbeitungskosten und Materialeinsatz aufgeschlüsselten Gesamtrechnung von 7 118 € entfiel ein Betrag in Höhe von 4 653 € auf die Verarbeitungskosten. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) gewährte die beantragte Steuerermäßigung nicht. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 121 veröffentlichten Gründen ab.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung des § 35a Abs. 2 EStG.

Die Kläger beantragen, das Urteil der Vorinstanz sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuer um 600 € herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision der Kläger ist unbegründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Handwerkerleistungen keine haushaltsnahen Dienstleistungen i.S. des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung sind.

1. Nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG ermäßigt sich für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, die in einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 v.H., höchstens 600 €, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, die nicht Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Aufwendungen für eine geringfügige Beschäftigung i.S. des § 8 des Sozialgesetzbuchs (SGB) IV darstellen und soweit sie nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt worden sind.

Der Begriff "haushaltsnah", der in § 35a Abs. 1 Satz 1 EStG ebenfalls Verwendung findet, ist gesetzlich nicht näher definiert. Zu der hier maßgeblichen Frage, ob auch Handwerkerleistungen im Haus bzw. der Wohnung des Steuerpflichtigen als haushaltsnah anzusehen sind, vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass dies auf handwerkliche Tätigkeiten, die im Regelfall nur von Fachkräften durchgeführt werden, nicht zutrifft (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 1. November 2004 IV C 8 - S 2296 b - 16/04, BStBl I 2004, 958, Tz. 5). Dieser Auffassung, die überwiegend geteilt wird (vgl. etwa Urteil des FG München vom 30. Juni 2005 5 K 2262/04, EFG 2005, 1612; Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 2. September 2004 4 K 2030/04, EFG 2004, 1769; Urteil des FG Nürnberg vom 20. Dezember 2005 VII 200/2004, juris Nr. STRE200670435; Schmidt/Glanegger, EStG, 25. Aufl., § 35a Rz 5; Barein in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 35a Rz 20; Blümich/Erhard, § 35a EStG Rz 15; Frotscher in Frotscher, EStG, 6. Aufl., Freiburg 1998 ff., § 35a Rz 20; Küttner/Macher, Personalbuch 2006, Stichwort Hauswirtschaftliches Beschäftigungsverhältnis, Rz 20; a.A. Starke in Herrmann/ Heuer/Raupach, Jahresband 2003, § 35a EStG Anm. J 02-3; Schmitt, DB 2005, 256 und DB 2003, 2623; Morsbach, Anmerkung in EFG 2004, 1771), schließt sich der Senat an; sie ist mit Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift vereinbar. Auf die Frage, ob Handwerkerleistungen Dienstleistungen sind (vgl. dazu Urteil des FG Hamburg vom 30. Juni 2005 VI 179/04, EFG 2005, 1777), kommt es nicht an.

2. Unter dem Begriff des Haushalts ist die Wirtschaftsführung mehrerer (in einer Familie) zusammenlebender Personen oder einer einzelnen Person zu verstehen. Das Wirtschaften im Haushalt umfasst Tätigkeiten, die für die Haushaltung oder die Haushaltsmitglieder erbracht werden (vgl. § 8a Satz 2 SGB IV). Hauswirtschaftliche Tätigkeiten in diesem Sinne sind solche, die üblicherweise zur Versorgung der dort lebenden Familie in einem Privathaushalt erbracht werden. Dazu gehören Einkaufen von Verbrauchsgütern, Kochen, Wäschepflege, Reinigung und Pflege der Räume, des Gartens und auch Pflege, Versorgung und Betreuung von Kindern und kranken Haushaltsangehörigen (Schmidt/Heinicke, EStG, 22. Aufl., § 10 Rz 151; vgl. auch Fischer in Kirchhof, EStG, 6. Aufl., § 35a Rz 3 unter Hinweis auf die Verordnung über die Berufsausbildung zum Hauswirtschafter/zur Hauswirtschafterin vom 14. August 1979, BGBl I 1979, 1435).

"Haushaltsnahe" Leistungen sind solche, die eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung haben bzw. damit im Zusammenhang stehen. Das sind Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen (Blümich/Erhard, § 35a EStG Rz 16). Insofern sind die Begriffe "haushaltsnah" und "hauswirtschaftlich" (§ 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG a.F.) sinnverwandt. Keine haushaltsnahen Leistungen sind dagegen solche, die zwar im Haushalt des Steuerpflichtigen ausgeübt werden, aber keinen Bezug zur Hauswirtschaft haben.

Die teleologische Auslegung bestätigt dieses Normverständnis. Nach der Gesetzesbegründung soll mit der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 1 EStG die Förderung von Dienstleistungen in privaten Haushalten gefördert werden, um einen Anreiz für Beschäftigungsverhältnisse im Privathaushalt zu schaffen und die Schwarzarbeit in diesem Bereich zu bekämpfen. Die Steuerermäßigung des § 35a Abs. 2 EStG soll für haushaltsnahe Tätigkeiten gewährt werden, die nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbracht werden. Haushaltsnahe Tätigkeiten, so die Gesetzesbegründung, sind: die Zubereitung von Mahlzeiten im Haushalt, die Reinigung der Wohnung des Steuerpflichtigen, die Gartenpflege und die Pflege, Versorgung und Betreuung von Kindern, Kranken, alten Menschen und pflegebedürftigen Personen (BTDrucks 15/91, 19).

Diese Gesetzesbegründung macht deutlich, dass nach der Intention des Gesetzgebers (nur) hauswirtschaftliche Arbeiten begünstigt werden sollten. Mit der arbeitsmarktpolitisch motivierten Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG soll die Erledigung typisch hauswirtschaftlicher Dienstleistungen durch Dritte gefördert werden. Nicht gefördert werden sollen hingegen sonstige Dienstleistungen, die regelmäßig nicht von Haushaltsangehörigen, sondern von Dritten erledigt werden.

3. Der Senat sieht sich in seiner Auffassung nicht zuletzt dadurch bestätigt, dass nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG i.d.F. des Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung --FördWachsG-- vom 26. April 2006 (BGBl I 2006, 1091; BStBl I 2006, 350) auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen ausdrücklich begünstigt ist. Nach der Gesetzesbegründung handelt es sich dabei um eine Ausdehnung der Steuerbegünstigung auf Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, wovon nicht nur Familien, sondern auch Handwerk und Dienstleister in besonderem Maße profitieren (BTDrucks 16/753, 7). Dieser gemäß § 52 Abs. 50b Satz 2 EStG i.d.F. des FördWachsG ab 2006 geltenden Erweiterung des Anwendungsbereichs hätte es nicht bedurft, wenn die genannten Leistungen schon von dem Begriff der haushaltsnahen Dienstleistungen umfasst wären.

4. Nach diesen Grundsätzen hat das FG die Renovierung der Hausfassade zu Recht nicht als haushaltsnahe Dienstleistung angesehen und die beantragte Steuerermäßigung abgelehnt. Die im Zusammenhang mit einer solchen Maßnahme angefallenden Malerarbeiten sind typischerweise nicht Teil des Wirtschaftens im Haushalt. Es handelt sich um Leistungen, die regelmäßig nicht durch Haushaltsangehörige, sondern durch beauftragte Dritte erbracht werden. Die Frage, ob Schönheitsreparaturen und substanzerhaltende Ausbesserungsarbeiten haushaltsnahe Dienstleistungen sein können, wie die Verwaltung annimmt (BMF-Schreiben, a.a.O.), ist nicht entscheidungserheblich. Denn die als einheitliche Maßnahme zu wertende Fassadenrenovierung geht jedenfalls darüber hinaus.

Fundstellen

  • Haufe-Index 1704706
  • StB 2007, 161
  • BFH/NV 2007, 1024
  • BStBl II 2007, 760
  • BFHE 2008, 526
  • BFHE 216, 526
  • BB 2007, 707
  • DB 2007, 666
  • DStR 2007, 530
  • DStRE 2007, 517
  • HFR 2007, 468
  • FR 2007, 610
  • NJW 2007, 1551
  • Inf 2007, 246
  • SteuerBriefe 2007, 507
  • GStB 2007, 14
  • NWB 2007, 948
  • BauR 2007, 935
  • DWW 2007, 162
  • EStB 2007, 204
  • NZM 2007, 456
  • SteuerStud 2007, 161
  • StuB 2007, 281
  • ZAP 2007, 452
  • AUR 2007, 147
  • GuT 2007, 406
  • NJW-Spezial 2007, 245
  • NWB direkt 2007, 6
  • StBW 2007, 3
  • ImmWert 2007, 33
  • KSR direkt 2007, 3
  • MBP 2007, 94
  • SJ 2007, 4
  • WISO-SteuerBrief 2007, 1
  • stak 2007

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