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§ 1 Eine kurze Geschichte des Erbbaurechts

Harald Wilsch
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Rz. 1

Forum Romanum vor zweitausend Jahren, Fußballstadien der Gegenwart: Was auf eine zweitausendjährige Geschichte[1] zurückblicken kann, nun als "sichere Assetklasse"[2] gilt, scheint ein Rechtsinstitut mit Geschichte und Zukunft zu sein, das der näheren Betrachtung wert ist. Dies gilt umso mehr, als in Deutschland das Erbbaurewcht lange Zeit am Katzentisch Platz nehmen musste, trotz seiner originären Verbindung mit der sozialen Frage.

 

Rz. 2

Die Ursprünge des Erbbaurechts reichen weit zurück in die Zeiten des römischen Imperiums. Zu den ältesten Erbbauten zählen die sog. Tabernen,[3] eingeschossige Holzbauten, die dem Handel und Handwerk als Verkaufsbuden dienten, Laden und Wohnstätte zugleich, errichtet auf öffentlichem Grund, beispielsweise auf dem bereits erwähnten Forum Romanum, verliehen durch die das Gemeindevermögen verwaltenden Censoren[4] und eingetragen in sog. tabulae bzw. matriculae.[5] Händler und Handwerker konnten entweder kraft Gesetzes kein Grundeigentum erwerben, oder sahen sich außerstande, die hohen Baupreise für römischen Grund zu tragen.[6] Begrifflich treten diese "in publico" errichteten Tabernenbauten als "superficiaria aedes"[7] in Erscheinung, später in der Literatur nur noch als Superficies,[8] als Nutzungsrecht fremden Bodens, zuerst nur als obligatorisches Recht, dann als dingliches Recht ausgestaltet,[9] überdies veräußerlich, vererblich[10] und belastbar.[11] Der Superficiar hatte im Gegenzug eine jährliche Abgabe an den Eigentümer zu zahlen, eine Nutzungsgebühr (solarium, penso[12]).

 

Rz. 3

Lange Zeit fiel dem alten deutschen Recht der Teilausstieg aus der Schicksalsgemeinschaft Grundstück/Gebäude schwer, weil es im Haus eine bewegliche Sache sah, "fahrende Habe", nicht aber einen Bestandteil des Grundstücks.[13] Im Mittelalter entwickelte sich ein superficies-ähnliches Rechtsinstitut, die sog. städtische Bodenleihe, die als Ursprung der englischen lease angesehen werden kann,[14] ein vererbliches, allerdings nicht veräußerliches Recht an einer Baustelle.[15] Mit der schleppenden Rezeption des römischen Rechts setzten sich die superficies auch im gemeinen Recht durch, vermischt mit Elementen der städtischen Bodenleihe. Im preußischen Recht finden sich die superficies als "Platzrecht" wieder, im sächsischen Recht als „Bau- und Kellerrecht,[16] wenngleich nur in marginaler Zahl.[17] Als paradigmatisch kann der im Jahr 1860 erstellte Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Königreich Bayern gelten.[18] Das Platzrecht findet hier Erwähnung als "höchst anomales Rechtsinstitut",[19] dessen praktische Brauchbarkeit aber nicht in Abrede gestellt wurde. Grund ist die Verbreitung im unmittelbaren Umfeld von Kirchen oder Wallfahrtskapellen, teilweise direkt an die Kirche bzw. Kapelle gebaut und dem Verkauf von Devotionalien gewidmet,[20] was als Reprise der bereits erwähnten Tabernen auf dem Forum Romanum gewertet werden muss.

 

Rz. 4

Dass die Vorformen des Erbbaurechts, die superficies und die städtische Bodenleihe, in der Neuzeit an weiterer Bedeutung verloren,[21] ist nicht nur dem individualistischen Eigentumsbegriff[22] geschuldet, der mit der französischen Revolution Einzug in die Rechtsentwicklung hielt, sondern auch dem Zusammenbruch mittelalterlicher Institutionen,[23] der das Zeitalter des liberalen Rechtsstaates ab 1806 einleitete. Zu Unrecht sahen sich die Erbbaurechtsvorformen als Relikte abgestempelt, als obsolet, als Echo vergangener Zeiten,[24] was sich erst dann wieder änderte, als die soziale Frage gegen Ende des 19. Jahrhunderts in das allgemeine Bewusstsein drängte (zum altrechtlichen Erbbaurecht, §§ 1012–1017 BGB, vgl. § 2 Rdn 2–12).

 

Rz. 5

In diesen Zeitraum fällt die Entwicklung von Lösungsansätzen, mit denen die Wohnungsnot der Fabrikarbeiterheere gelöst werden sollten, beispielsweise die Gründung von Bausparkassen oder Wohnungsgenossenschaften,[25] daneben die Schaffung von Wohnungseigentum, orientiert am englischen System der cottages. Friedrich Engels lehnte in seiner 1872 erschienenen Schrift "Zur Wohnungsfrage"[26] entsprechende "bürgerliche[27]" Lösungsansätze ab. Ideologisch verläuft die auf praktische Sozialreformen gerichtete Immobilisierung breiter Volksmassen völlig konträr zu seiner auf "Abschaffung der kapitalistischen Produktionsweise[28]" gerichteten Ansicht, die auf die Mobilisierung setzt, die Revolutionierung des Proletariats. Dementsprechend diffamierend fiel sein Urteil aus über die "Verwandlung der Arbeiter in Kapitalisten",[29] die Verwandlung der Arbeiter in "gehorsame Duckmäuser":[30]

Zitat

Verschafft ihnen eigne Häuser, kettet sie wieder an die Scholle, und ihr brecht ihre Widerstandskraft gegen die Lohnherabdrückung der Fabrikanten. Der einzelne Arbeiter mag sein Häuschen gelegentlich verkaufen können, bei einem ernstlichen Strike oder einer allgemeinen Industriekrise aber würden sämtliche den betreffenden Arbeitern gehörenden Häuser zum Verkauf auf den Markt kommen müssen, also gar keine Käufer finden oder weit unter Kostpreis losgesch...

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