1 Anwendungsbereich/Allgemeines

Im Gegensatz zur Einkommensteuer unterliegen bei der Umsatzsteuer die freien Berufe keinem besonderen einheitlichen Regelungsbereich. Beide Steuerarten sind daher grundsätzlich separat zu beurteilen. Nur ausnahmsweise, wie bei der Istversteuerung, wird explizit auf die freien Berufe aus dem Einkommensteuerrecht[1] verwiesen. Ansonsten muss die/der Angehörige eines freien Berufes bei der Umsatzsteuer eigenständig prüfen, ob ihre/seine Umsätze wie im Regelfall den allgemeinen Besteuerungsregelungen unterliegen oder in bestimmten Bereichen Ausnahmeregelungen einschlägig sind. Dabei sind auch bei der Ortsbestimmung des Umsatzes typisch freiberufliche Dienstleistungen im UStG verankert, die vor allem bei internationalen Sachverhalten zu beachten sind. Insbesondere folgende Ausnahmeregelungen sind zudem bei bestimmten typisch freiberuflichen Umsätzen möglich:

  • Steuerbefreiungen
  • Steuersatzermäßigung[2]
  • Vorsteuerabzug nach Durchschnittssätzen[3]

Schließlich kann bei freien Berufen, wie grundsätzlich bei allen umsatzsteuerlichen Unternehmern, bei geringen Umsätzen mit der sog. Kleinunternehmerregelung[4] eine Vereinfachungsregelung angewendet werden.

2 Ortsbestimmung

Die Bestimmung des Ortes eines Umsatzes hat bei internationalen Sachverhalten eine hohe Relevanz, da nur ein Umsatz mit Ort im Inland in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig sein kann. Die allgemeine Grundregel bei der Ortsbestimmung ist, dass der Ort bei B2B-Dienstleistungen am Ort des Leistungsempfängers und bei B2C-Dienstleistungen am Ort des Leistenden festgelegt worden ist.[1] Es gibt aber zahlreiche Ausnahmeregelungen, die vorrangig zu beachten sind. Da bei den Dienstleistungen zahlreiche Ortsbestimmungen mit z. T. konkreter Beschreibung der Dienstleistung im UStG[2] verankert wurden, sind hier auch einzelne typisch freiberufliche Dienstleistungen gelistet, wie z. B. folgende explizite Ausnahmeregelungen:

  • bei kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Leistungen an Nichtunternehmer ist der Ort beim Veranstaltungsort.[3]
  • bei Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten und ähnlichen Rechten an Nichtunternehmer mit Wohnsitz/Sitz im Drittland ist der Ort beim Wohnsitz/Sitz des Nichtunternehmers.[4] Ansonsten gelten grundsätzlich die jeweiligen Grundregeln der Ortsbestimmung bei B2B- und B2C-Geschäften.
  • bei sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer an Nichtunternehmer mit Wohnsitz/Sitz im Drittland ist der Ort beim Wohnsitz/Sitz des Nichtunternehmers.[5] Ansonsten gelten grundsätzlich die jeweiligen Grundregeln der Ortsbestimmung bei B2B- und B2C-Geschäften.
 
Wichtig

Komplexe Beurteilung

Die internationalen Sachverhalte müssen im Einzelnen beurteilt werden um sie umsatzsteuerlich insbesondere hinsichtlich Rechnungsstellung und Deklarationspflichten richtig zu behandeln. Dabei ist insbesondere zu unterscheiden, ob

  • der Kunde ein Unternehmer oder Nichtunternehmer ist, da hier i. d. R. unterschiedliche Ortsbestimmungen anknüpfen.
  • die Dienstleistung im Inland, in der EU oder im Drittland verortet ist.[6]

3 Steuerbefreiungen

Grundsätzlich unterliegen die Umsätze der freien Berufe den allgemeinen Regeln der Umsatzbesteuerung. In einzelnen Bereichen sind aber explizite Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug verankert worden; insbesondere:

  • Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden.[1]
  • bestimmte künstlerische Leistungen insbesondere im Rahmen von Theatern, Orchestern, Kammermusikensembles, Chören; in diesem Zusammenhang auch Umsätze von Bühnenregisseuren und Bühnenchoreographen.[2]
  • bestimmte unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer.[3]

4 Steuersatzermäßigung

Eine allgemeine Steuersatzermäßigung für Umsätze der freien Berufe gibt es nicht. Nur in Einzelfällen kommt der ermäßigte Steuersatz von 7 % für Umsätze mit freiberuflichen Bezug zur Anwendung:

  • Leistungen der Zahnärzte i. S. v. Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen und kieferorthopädischen Apparaten[1],
  • Leistungen von Tierärzten, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen[2],
  • Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler.[3]
  • die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechte...

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