Für die Wertermittlung bei den bebauten Grundstücken sieht § 76 BewG[1] 2 Verfahren vor, deren Anwendung sich hauptsächlich nach der Art des in Betracht kommenden Grundstücks richtet (vgl. Abschn. 16 Abs. 1 BewRGr).

Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke, gemischtgenutzte Grundstücke und Geschäftsgrundstücke werden nach § 76 Abs. 1 BewG grundsätzlich im Ertragswertverfahren bewertet (vgl. Abschn. 16 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 BewRGr). Die Ermittlung des Grundstückswerts auf der Grundlage des Ertragswertverfahrens ist in den §§ 78 bis 82 BewG geregelt (vgl. Abschn. 18 bis 33 BewRGr). Der Grundstückswert ergibt sich durch Anwendung eines Vervielfältigers (vgl. Abschn. 26 bis 29 BewRGr) auf die Jahresrohmiete (vgl. Abschn. 21 bis 25 BewRGr) und umfasst den Bodenwert, den Gebäudewert und den Wert der Außenanlagen. Zur Vereinfachung der praktischen Bewertungsarbeit sind dem BewG und den BewRGr Vervielfältigertabellen als Anlagen beigefügt.

 
Praxis-Beispiel

Bewertung eines (un-)bebauten Grundstücks

Eheleute M und F erwerben mit Kaufvertrag vom 1.6.2017 von der Gemeinde N im Bebauungsgebiet H ein unbebautes Grundstück zum Preis von 50,00 EUR pro qm. Das Grundstück hat eine Gesamtfläche von 638 qm. Hierauf errichten sie ein Einfamilienhaus, das im Jahr 2018 bezugsfertig hergestellt ist. Im Jahr 2021 veräußert F ihren Miteigentumsanteil an M.

Es sind die folgenden Einheitswertfeststellungen bzw. Grundsteuerwertfeststellungen zu treffen:

  • Nachfeststellung auf den 1.1.2018

    Für das unbebaute Grundstück wird der Einheitswert auf 638 qm × 5,00 DM (Wertverhältnisse 1.1.1964!) = 3.190 DM festgestellt. Er beträgt abgerundet 3.100 DM bzw. 1.585 EUR (vgl. § 30 BewG). Der Einheitswert ist M und F hälftig zuzurechnen. Die Nachfeststellung ist erforderlich, weil die wirtschaftliche Einheit neu begründet bzw. erstmals zur Grundsteuer herangezogen wird.

  • Wert- und Artfortschreibung auf den 1.1.2019

    Für das im Jahr 2018 bezugsfertig errichtete Einfamilienhaus wird folgender Einheitswert festgestellt: Jahresrohmiete 2.857 DM × Vervielfältiger 13,0 (lt. Anlage 7 zum BewG) = 37.141 DM. Der Einheitswert beträgt somit 37.100 DM bzw. 18.968 EUR und ist M und F hälftig zuzurechnen. Die Art- und Wertfortschreibung waren erforderlich, weil sich die Grundstücksart und der Wert des Grundstücks geändert haben.

  • Zurechnungsfortschreibung auf den 1.1.2022

    Das Einfamilienhaus wird nunmehr ausschließlich M zugerechnet. Der auf den 1.1.2019 festgestellte Einheitswert bleibt durch die Zurechnungsfortschreibung unberührt.

  • Hauptfeststellung des Grundsteuerwerts auf den 1.1.2022

    Neben der Zurechnung des Einheitswerts auf den 1.1.2022 ist für diesen Stichtag zusätzlich der Grundsteuerwert[2] für die Haultveranlagung der Grundsteuer auf den 1.1.2025 festzustellen.

Für die sonstigen bebauten Grundstücke ist der Wert im Sachwertverfahren zu ermitteln (§ 76 Abs. 2 BewG, vgl. Abschn. 34 bis 46 BewRGr).

Das Sachwertverfahren ist – abweichend von § 76 Abs. 1 BewG – nach § 76 Abs. 3 BewG zudem anzuwenden

[1] Wegen der Frage der Verfassungswidrigkeit des § 76 BewG vgl. unter Tz. 1.1.2.

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