Leitsatz (amtlich)

Pachtet ein Einzelunternehmer Grund und Boden mit dem unwiderruflichen Recht, nach Ablauf der Pachtzeit von 20 Jahren den Pachtgegenstand als Eigentümer zu erwerben (Ankaufsrecht), so bleibt oder wird das Ankaufsrecht nicht ohne weiteres Betriebsvermögen, wenn der Pächter sein Einzelunternehmen in eine OHG einbringt und dieser den Grund und Boden bis zum Ablauf der Pacht (Unterpacht) zur Nutzung überläßt.

 

Normenkette

EStG §§ 4-5, 16, 34

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger zu 1 (Kläger zu 1) betrieb einen Textilgroßhandel. Durch Vertrag vom 31. März 1949 pachtete er von einem Dritten ein Grundstück. Der Kläger zu 1 war berechtigt, das Grundstück nach freiem Ermessen zu nutzen und es insbesondere auch ganz oder teilweise unterzuverpachten (§ 1 des Vertrags). Der Pachtvertrag wurde auf 20 Jahre (1. April 1949 bis 31. März 1969) abgeschlossen. Abgesehen von etwaigen Zahlungsrückständen des Pächters war das Pachtverhältnis von beiden Seiten unkündbar. Die Parteien vereinbarten außerdem:

"Der Verpächter gewährt dem Pächter ein Ankaufsrecht dergestalt, daß er sich verpflichtet, nach Ablauf des Pachtvertrages, also am 31.3.1969, dem Pächter bzw. dessen Rechtsnachfolger das ... Grundvermögen zu verkaufen und aufzulassen. Über den Kaufpreis werden sich die Parteien verständigen. Kommt eine Einigung nicht zustande, so soll das ...amt ... oder die maßgebliche städtische Schätzungsbehörde den Kaufpreis rechtsverbindlich für beide Parteien bestimmen."

Zur Sicherung des Übereignungsanspruchs wurde eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen.

Durch Vertrag vom 1. Juli 1949 gründete der Kläger zu 1 mit dem Kläger und Revisionskläger zu 2 (Kläger zu 2) und einer im Jahre 1954 wieder ausgeschiedenen Gesellschafterin eine OHG mit dem Zweck, die Textilgroßhandlung fortzuführen, die der Kläger zu 1 bisher in Form eines Einzelunternehmens betrieben hatte. Der Kläger zu 1 stellte das ihm aus dem Pachtvertrag mit dem Verpächter vom 31. März 1949 zustehende Nutzungsrecht der OHG zur Verfügung, "und zwar in der Weise, daß die OHG auf dem ... gepachteten Grund und Boden ein Geschäftsgebäude errichten" durfte. Die Gesellschaft übernahm für diese Gebrauchsüberlassung die Selbstkosten des Klägers zu 1 aus dem Pachtvertrag und verpflichtete sich außerdem, nach Ablauf des Rechtsverhältnisses Zwischen den Partnern das Grundstück so zurückzugeben, wie es übernommen wurde, wenn der Kläger zu 1 aus der Gesellschaft ausscheide. Andererseits behielt sich der Kläger zu 1 vor, seine Rechte aus dem Pachtvertrag direkt auf die Gesellschaft zu übertragen.

Die OHG errichtete auf dem Grundstück in den Jahren 1949 und 1950 ein Geschäftsgebäude, bestehend aus Keller und Erdgeschoß. Im Jahre 1951 wurde das Gebäude um ein weiteres Stockwerk aufgestockt, das dem Kläger zu 1 als Wohnung diente. Gleichzeitig wurden fünf Garagen errichtet, von denen zwei betrieblich genutzt und die restlichen drei vermietet wurden. Die gesamten Herstellungskosten für das Geschäftsgebäude und die Garagen wurden in den Bilanzen der OHG aktiviert und um die jährlichen Absetzungsbeträge abgeschrieben. Der Mietwert der dem Kläger zu 1 im Geschäftsgebäude überlassenen Wohnung und die Einnahmen aus der Vermietung der Garagen wurden in den Jahresabschlüssen jeweils als Ertrag erfaßt, ebenso die Einnahmen aus der Verpachtung eines Teils des Grundstückes an einen Gewerbetreibenden, der dort einen Laden errichtet hatte. Die Pachtzinsen und die sonst von der Gesellschaft auf Grund des Vertrags mit dem Kläger zu 1 getragenen Aufwendungen behandelte die OHG als Aufwand.

Am 13. Dezember 1963 verpflichtete sich der Kläger zu 1 gegenüber der K-AG, die das Grundstück erwerben wollte, auf seine Rechte aus dem Pachtvertrag vom 31. März 1949 zu verzichten und das Grundstück bis zum 1. Januar 1965 zu räumen. Die K-AG versprach als Gegenleistung, an den Kläger zu 1

"1.... zum 31. Januar 1964 einen Betrag von 650 000 DM zu zahlen,

2. ... mit Wirkung vom 1. Januar 1964 bis zum 31.12.1970 eine monatliche Rente von 1 000 DM, zahlbar zum 10. eines jeden Monats, zu entrichten".

Aufgrund dieser Vereinbarung hat die OHG den Restbuchwert des Geschäftsgebäudes und der Garagen auf die Jahre 1963 und 1964 verteilt abgeschrieben.

Der Kläger zu 1 schied auf Grund einer mit dem Kläger zu 2 getroffenen Vereinbarung vom 20. November 1963 zum 31. Dezember 1963 aus der Gesellschaft aus.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) behandelte das Rechtsgeschäft zwischen dem Kläger zu 1 und der K-AG nach einer in der Zeit vom 3. bis 8. Februar 1965 durchgeführten Betriebsprüfung im Verfahren über die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns der OHG zum 31. Dezember 1963 wie folgt: Die Rente von monatlich 1 000 DM wurde als Entgelt für den Verzicht des Klägers zu 1 auf sein im Pachtvertrag zum 31. März 1949 vereinbartes Ankaufsrecht angesehen und als in der Vermögenssphäre liegender Vorgang nicht der Einkommensteuer unterworfen. Die darüber hinaus zu zahlenden 650 000 DM sah das FA als Entgelt für die Aufgabe der Rechte der OHG aus dem Pachtvertrag mit dem Kläger zu 1 an. Es aktivierte eine Forderung in dieser Höhe in der Bilanz der OHG zum 31. Dezember 1963 und rechnete diesen Betrag, vermindert um Rückstellungen für Betriebsteuern dem Gewinnanteil des Klägers zu 1 mit der Begründung hinzu, der Kläger zu 2 habe gemäß der Vereinbarung vom 20. November 1963 auf Ansprüche gegen den als Gesellschafter ausscheidenden Kläger zu 1 verzichtet.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren vertraten die Kläger im Verfahren vor dem Finanzgericht (FG) die Auffassung, bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung des Gewinns der OHG dürften Zahlungen der K-AG nur insoweit erfaßt werden, als sie die Gegenleistung für die vorzeitige Beendigung des Pachtverhältnisses und die Aufgabe der betrieblichen Gebäude gebildet hätten (38 250 DM). Der sich danach ergebende Gewinn der OHG sei je zur Hälfte den Klägern zu 1 und 2 zuzurechnen.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG ging davon aus, der Betrag von 650 000 DM bilde den Gegenwert (1.) für das Geschäftsgebäude, (2.) für den Verzicht der OHG auf ihre Rechte aus dem Pachtvertrag und (3.) für die Aufgabe des Ankaufsrechts durch den Kläger zu 1. Alle drei Vertragsgegenstände rechneten zum Betriebsvermögen.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger, das FG habe seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) verletzt; seine Beweiswürdigung verstoße gegen die allgemeine Lebenserfahrung; ferner habe das FG die Grundsätze von Treu und Glauben, § 2 Abs. 3 Nr. 3, § 15 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) a. F., die Vorschriften des § 146a der Reichsabgabenordnung (AO), des § 34 Abs. 1 und 2 und des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG unrichtig angewandt.

Die Kläger beantragen, das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung vom 9. Oktober 1973 aufzuheben, den Gewinn einheitlich und gesondert mit 69 264,66 DM festzustellen und hiervon dem Kläger zu 1 35 228,33 DM und dem Kläger zu 2 34 036,33 DM zuzurechnen; zweitens festzustellen, daß der auf Grund gesonderter Gewinnfeststellung auf den Kläger zu 1 entfallende Gewinn, soweit er 2 557,33 DM übersteige, mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 2 Nr. 2, § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu versteuern ist; drittens hilfsweise, den Rechtsstreit an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 FGO).

I.

Die Einkommensteueransprüche gegen die Kläger für den Veranlagungszeitraum 1963 waren zu dem Zeitpunkt, als der angefochtene Feststellungsbescheid den Klägern wirksam bekanntgegeben wurde (18. Juli 1972), noch nicht verjährt.

1. Der Ablauf der Verjährungsfrist (§ 144 AO) wurde gehemmt, weil im Jahre 1965 mit einer Betriebsprüfung begonnen wurde (§ 146a Abs. 3 AO, Art. 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Änderung der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze - AOÄG - vom 15. September 1965, BGBl I, 1356, BStBl I, 643). In diesem Falle verjähren die Ansprüche, auf die sich die Betriebsprüfung erstreckt, nicht, bevor die auf Grund der Betriebsprüfung ergangenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder dem Steuerpflichtigen die Mitteilung zugegangen ist, daß eine Festsetzung unterbleibt. Das Gesetz sieht keine Frist vor, innerhalb welcher im Anschluß an die Betriebsprüfung Feststellungsbescheide oder Steuerbescheide zu erlassen sind. Im Wege der Auslegung kann eine solche Frist nicht bestimmt, sie kann auch im Wege der Lückenausfüllung nicht ergänzend eingeführt werden. Der Senat verweist zur Begründung auf seine Urteile vom 3. Mai 1979 I R 49/78 (BFHE 128, 364, BStBl II 1979, 738) und vom 19. Dezember 1979 I R 23/79 (BFHE 129, 462, BStBl II 1980, 368).

2. Auch der Grundsatz der Verwirkung als Ausfluß des übergeordneten Grundsatzes von Treu und Glauben greift im Streitfall nicht ein.

Das FA hat sich den Klägern gegenüber nicht so verhalten, daß nach Ablauf einer gewissen Zeit die Geltendmachung des Anspruchs als illoyale Rechtsausübung empfunden werden mußte (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. September 1978 IV R 89/74, BFHE 126, 130, BStBl II 1979, 121). Das bloße Untätigbleiben der Finanzbehörden reicht für die Annahme einer Verwirkung in der Regel nicht aus. Im Streitfall kommt hinzu, daß nach dem eigenen Vortrag der Kläger im Revisionsverfahren nach Abschluß der Betriebsprüfung (8. Februar 1965) bereits am 11. Oktober 1965 ein Feststellungsbescheid gegen die OHG ergangen war, den allerdings das FG im nachfolgenden Rechtsbehelfsverfahren für unwirksam erklärt hat, weil die OHG zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids nicht mehr bestanden hatte. Unmittelbar nach Erlaß des finanzgerichtlichen Urteils vom 17. Mai 1972 hat das FA den Feststellungsbescheid den Klägern ordnungsgemäß bekanntgegeben. Damit hat das FA bereits bald nach Abschluß der Betriebsprüfung positiv erkennen lassen, es werde die Steueransprüche geltend machen. Diese Bekundung dauerte bis zur Bekanntgabe des angefochtenen Feststellungsbescheids fort. Daß das FA zunächst einen unwirksamen Bescheid erlassen hatte, ändert an dieser Beurteilung nichts.

II.

Das FG hat in tatsächlicher Hinsicht für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt, daß mit der Verpflichtung der K-AG zur Zahlung des Betrags von 650 000 DM neben dem Wert des Geschäftsgebäudes und dem Verzicht der OHG auf ihre Rechte aus dem Pachtvertrag auch die Aufgabe des Ankaufsrechts durch den Kläger zu 1 abgegolten werden sollte. Der Senat kann dem FG jedoch nicht darin folgen, daß der auf das Ankaufsrecht entfallende Teil der Abfindungsverpflichtung den gewerblichen Gewinn der OHG oder die gewerblichen Einkünfte der Kläger, insbesondere des Klägers zu 1, berührt habe.

1. Das Ankaufsrecht des Klägers zu 1 gehörte nicht zum Betriebsvermögen der OHG (Gesellschaftsvermögen), dessen Veränderungen (§§ 4, 5 EStG) nach § 15 (Abs. 1) Nr. 2 Halbsatz 1 EStG die Gewinnanteile der Gesellschafter berühren.

Der Senat kann es dahingestellt lassen, ob wegen des bei Abschluß des Pachtvertrags vom 31. März 1949 bestehenden Zusammenhangs zwischen Pachtrecht und Ankaufsrecht beide Rechte dem Betriebsvermögen der ursprünglich vom Kläger zu 1 allein betriebenen Textilgroßhandlung zugehört haben. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger zu 1 bei Einbringung seines Einzelunternehmens in die OHG dieser das (bürgerlich-rechtlich selbständige) Ankaufsrecht im Wege der Abtretung übertragen hätte. Wenn der Kläger zu 1 der OHG das ihm aus dem Pachtvertrag zustehende Nutzungsrecht "in der Weise zur Verfügung gestellt hat, daß die Gesellschaft auf dem gepachteten Grund und Boden ein Geschäftsgebäude errichten" durfte, so kann aus dem Wortlaut dieser Vereinbarung nicht geschlossen werden, der Kläger zu 1 habe sämtliche Rechte aus dem Pachtvertrag, also auch das in § 6 dieses Vertrages vereinbarte Ankaufsrecht, abtreten wollen und abgetreten. Auch die Interessenlage der Vertragsparteien zwingt nicht zu einer solchen Annahme. Der OHG war auf die Dauer von 20 Jahren Grund und Boden zur Nutzung überlassen worden. Diese Rechtsstellung reichte für sie aus, ein Geschäftsgebäude zu errichten und es bis zum Ablauf der Pachtzeit zu nutzen. Umgekehrt verblieb dem Kläger zu 1 die Möglichkeit, nach Ablauf des Pachtvertrags beliebig unter Wahrung seines eigenen Vorteils entweder das Ankaufsrecht auszuüben oder sich die Nichtausübung vergüten zu lassen.

2. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, der Kläger zu 1 habe der OHG ein ihm (wirtschaftlich) gehörendes Grundstück zur Nutzung überlassen (§ 15 - Abs. 1 - Nr. 2 Halbsatz 2 EStG). Der Senat vermag der Auffassung des FG nicht zu folgen, der Kläger sei wirtschaftlicher Eigentümer des Grund und Bodens gewesen.

Für die Beurteilung des wirtschaftlichen Eigentums gilt im Streitfall die Rechtslage vor dem Inkrafttreten der Abgabenordnung - AO 1977 - (vgl. jetzt § 39 AO 1977). Danach war die Aufzählung der Fälle wirtschaftlichen Eigentums in § 11 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) nicht erschöpfend (BFH-Urteile vom 19. September 1958 III 77/57 S, BFHE 67, 434, BStBl III 1958, 440 und vom 18. November 1970 I 133/64, BFHE 100, 516, BStBl II 1971, 133). Die Vorschrift des § 11 StAnpG beruhte vielmehr auf dem Grundgedanken, daß ein anderer als der rechtliche Eigentümer als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen ist, wenn er die wirtschaftliche Herrschaft ausübt, deren gewöhnlicher Ausdruck das Eigentum ist. Die Stellung des wirtschaftlichen Eigentümers ist dadurch charakterisiert, daß er im Regelfall, d. h. in dem für die Situation typischen Fall, den rechtlichen Eigentümer für dauernd von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so daß ein Herausgabeanspruch des Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung hat (BFH-Urteile vom 26. Januar 1970 IV R 144/66, BFHE 97, 466, BStBl II 1970, 264 unter C III 1; vom 13. Oktober 1972 III R 110/71, BFHE 108, 373, BStBl II 1973, 285; vom 8. März 1977 VIII R 180/74, BFHE 122, 64, BStBl II 1977, 629).

Der BFH hat wiederholt entschieden, daß der Pächter nicht wirtschaftlicher Eigentümer des gepachteten Gegenstandes ist (vgl. BFH-Urteil vom 2. November 1965 I 51/61 S, BFHE 84, 171, BStBl III 1966, 61). Ob etwas anderes dann gilt, wenn der Pächter zugleich berechtigt ist, den gepachteten Gegenstand zu erwerben (vgl. BFH-Urteil vom 14. November 1974 IV R 3/70, BFHE 114, 22, BStBl II 1975, 281), kann nicht für alle Fälle eines Zusammentreffens von Pachtrecht und Ankaufsrecht einheitlich beurteilt werden. Entscheidend ist der nach den Verhältnissen des Einzelfalles zu bestimmende Wahrscheinlichkeitsgrad der Ausübung des Kaufrechts, der besonders durch die wirtschaftliche Zwangslage zur Rechtsausübung gekennzeichnet ist. Auf diesem Gedanken beruhen auch die Ausführungen im Urteil in BFHE 97, 466, BStBl II 1970, 264 unter C III 2c zum Leasing-Vertrag mit Optionsrecht, auch wenn die Verhältnisse des Streitfalles (Pacht eines Grundstücks) mit dem Leasing-Vertrag mit Optionsrecht im übrigen nicht vergleichbar sind.

Der erkennende Senat mißt im Streitfall dem Umstand wesentliche Bedeutung zu, daß das Kaufrecht des Klägers zu 1 erst nach Ablauf einer zwanzigjährigen Pachtzeit ausgeübt werden durfte. Wie sich die Interessenlage des Ausübungsberechtigten am Ende einer derart lang bemessenen Nutzungszeit darstellen würde, konnte zu keinem Zeitpunkt so sicher beurteilt werden, daß zwingend davon ausgegangen werden mußte, der Kläger zu 1 werde nach "einem typischen Geschehensablauf" das Kaufrecht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausüben. Auch die Errichtung des Gebäudes der OHG hat - wie im übrigen die Entwicklung der Verhältnisse zeigt - eine derartige Zwangslage zur Ausübung des Kaufrechts nicht begründet. Vielmehr stand es dem Kläger zu 1 frei, sich nach Ablauf der Pachtzeit so zu verhalten, wie es für ihn selbst am günstigsten war. Für die Abwägung seines Entschlusses wäre für den Kläger zu 1 auch von Bedeutung gewesen, wie hoch der erst am Ende der Pachtzeit zu bestimmende Kaufpreis gewesen wäre, und ob der Kläger zu 1 willens oder in der Lage gewesen wäre, den Kaufpreis zu entrichten.

3. Das Ankaufsrecht für sich war gleichfalls nicht Sonderbetriebsvermögen des Klägers zu 1.

a) Es war nicht notwendiges Sonderbetriebsvermögen, weil es weder dem Betrieb der Gesellschaft noch der Beteiligung des Klägers zu 1 unmittelbar diente oder zu dienen bestimmt war (BFH-Urteile vom 23. Juli 1975 I R 210/73, BFHE 117, 144, BStBl II 1976, 180; vom 14. August 1975 IV R 30/71, BFHE 117, 44, BStBl II 1976, 88; vom 13. Mai 1976 IV R 4/75, BFHE 119, 256, BStBl II 1976, 617; vom 24. September 1976 I R 149/74, BFHE 120, 208, BStBl II 1977, 69; vom 5. Dezember 1979 I R 184/76, BFHE 129, 169, BStBl II 1980, 119 und vom 15. Januar 1981 IV R 76/77, BFHE 132, 289, BStBl II 1981, 314). Das Ankaufsrecht wurde auch nicht gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen des Klägers zu 1 (vgl. BFH-Urteile in BFHE 117, 144, BStBl II 1976, 180 und vom 21. Oktober 1976 IV R 71/73, BFHE 120, 374, BStBl II 1977, 150).

Im Hinblick auf die noch offene Frage, wie sich der Kläger zu 1 nach der Pachtzeit verhalten werde, bot das Ankaufsrecht der OHG keinen unmittelbar greifbaren Nutzen. Die vage Aussicht, durch den (möglichen) Eigentumserwerb ihres Gesellschafters und dessen (mögliche) Bereitschaft zur Weiterverpachtung des Grundstücks an die OHG eine über die Pachtzeit hinausreichende Nutzungsmöglichkeit an dem Grundstück zu erlangen, kann nicht dahin gewertet werden, das Ankaufsrecht habe der OHG unmittelbar gedient oder sei ihr wenigstens unmittelbar zu dienen bestimmt gewesen. Entsprechendes gilt für den Förderungszusammenhang zwischen Ankaufsrecht und Beteiligung des Klägers zu 1. Für die Annahme gewillkürten Betriebsvermögens fehlt es an einer klar nach außen in Erscheinung tretenden Willensäußerung, das Ankaufsrecht angesichts der später möglichen weiteren Überlassung des Grundstücks an die OHG schon jetzt als Sonderbetriebsvermögen zu behandeln.

b) Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß das Ankaufsrecht dann dem Betriebsvermögen zuzurechnen gewesen wäre, wenn der Kläger Einzelunternehmer geblieben wäre (vgl. zum Vorkaufsrecht eines landwirtschaftlichen Pächters BFH-Urteil vom 3. Juni 1976 IV R 236/71, BFHE 120, 348, BStBl II 1977, 62).

Es kann offenbleiben, ob die Zugehörigkeit des Ankaufsrechts zum Betriebsvermögen eines gewerblichen Pächters zwingend wäre. Jedenfalls hat der erkennende Senat in seinem Urteil in BFHE 117, 144, BStBl II 1976, 180 im einzelnen dargelegt, daß es im Einkommensteuerrecht keinen Grundsatz des Inhalts gibt, ein Gesellschafter (Mitunternehmer) müsse in jeder Hinsicht dem Einzelunternehmer gleichstehen. Eine solche Gleichstellung ist nur möglich, soweit nicht Besonderheiten des Gesellschaftsverhältnisses eine abweichende Beurteilung gebieten (vgl. BFH-Urteil vom 30. November 1978 IV R 15/73, BFHE 126, 461, BStBl II 1979, 236). Im Gegensatz zum Einzelunternehmer, der mit sich selbst keine Rechtsgeschäfte abschließen kann, sind schuldrechtliche Rechtsbeziehungen zwischen der Gesellschaft als einem Subjekt mit eigener Rechtszuständigkeit (§ 124 HGB) mit ihren Gesellschaftern möglich. Dadurch können sich durch die Natur der Sache bedingte widerstreitende Interessen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter ergeben. Der Gesellschafter muß nicht daran interessiert sein, ein ihm zustehendes Ankaufsrecht auf ein von der OHG auf Zeit genutztes Grundstück nach Ablauf der zwischen ihm und der Gesellschaft vereinbarten Pachtzeit auszuüben und das Grundstück weiter der Gesellschaft zur Nutzung zu überlassen. Mangels einer Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft kann er vielmehr andere, nur ihm persönlich vorteilhafte wege beschreiten, das Ankaufsrecht zu verwerten. Er kann etwa auf die Ausübung verzichten und sich diesen Verzicht von einem interessierten Dritten vergüten lassen. Die dargelegte Interessenlage des Ankaufsberechtigten verbietet den Schluß, Pachtrecht und Ankaufsrecht seien in der Weise so untrennbar verbunden, daß die betrieblich veranlaßte Verwertung des Nutzungsrechts während der Pachtzeit auch schon den betrieblichen Charakter des erst nach Ablauf der Pachtzeit verwertbaren Ankaufsrechts zwingend nach sich ziehe.

4. Das auf abweichender rechtlicher Würdigung beruhende Urteil des FG ist aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird in erneuter Verhandlung und Entscheidung darüber befinden müssen, welcher Teil der Entschädigungsverpflichtung auf die Nichtausübung des Ankaufsrechts entfällt. Soweit die Entschädigung die Aufgabe des Betriebsgebäudes und des Pachtrechts der OHG abgelten sollte, wird es von den Vereinbarungen unter den Gesellschaftern abhängen, ob die durch den Entschädigungsanspruch entstandene Gewinnerhöhung beiden Gesellschaftern der OHG oder nur dem Kläger zu 1 zuzurechnen ist. Durch die Aufhebung und Zurückverweisung erhalten die Kläger auch die Möglichkeit, neue Tatsachen dazu vorzutragen, ob die Aufgabe der Rechte aus dem Pachtvertrag in einem so engen Verhältnis zur Veräußerung des dem Kläger zu 1 zustehenden Mitunternehmeranteils steht, daß Entschädigung und Veräußerung eine wirtschaftliche Einheit bilden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 74148

BStBl II 1982, 107

BFHE 1981, 264

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