Leitsatz (amtlich)

Durchlaufende Posten bei Bestattungsunternehmern.

 

Normenkette

UStG 1951 § 5 Abs. 3

 

Tatbestand

Streitig ist, inwieweit die Steuerpflichtige (Klägerin, Revisionsklägerin) durchlaufende Posten im Sinne des § 5 Abs. 3 UStG 1951 geltend machen kann.

Die Steuerpflichtige betreibt ein Bestattungsunternehmen. Sie verwandte in den Streitjahren 1961 bis 1963 Auftragsformulare und Rechnungen, in denen sie nach Eigen- und Fremdleistungen unterschied und in denen es hinsichtlich der Fremdleistungen hieß: „Sie beauftragten uns in Ihrem Namen nachstehende Gebühren für Sie zu entrichten bzw. Aufträge zu erteilen und die entstandenen Kosten zu verauslagen.” Der Name des Drittunternehmers war in keinem Falle vermerkt.

Anläßlich einer Betriebsprüfung im Juni 1964 wurde festgestellt, daß die Steuerpflichtige die Entgelte für folgende Fremdleistungen als durchlaufende Posten behandelt hatte:

  1. Beschaffung von Sterbeurkunden,
  2. Entrichtung von Friedhofs- und Krematoriumsgebühren,
  3. Gestellung von Rednern,
  4. Gestellung von Musikern,
  5. Beförderung der Verstorbenen mit einem fremden Leichenwagen,
  6. Beschaffung von Blumenschmuck,
  7. Beschaffung von Traueranzeigen und Danksagungen,
  8. Schnitzarbeiten an Särgen durch fremde Unternehmer.

Der Betriebsprüfer war der Ansicht, daß nur die Entgelte für die Beschaffung von Sterbeurkunden und für die Entrichtung der Friedhofs- und Krematoriumsgebühren durchlaufende Posten seien.

Das Finanzamt (FA) – Beklagter, Revisionsbeklagter – folgte der Auffassung des Betriebsprüfers und unterwarf in Berichtigungsveranlagungen für 1961/1662 und in einer erstmaligen Veranlagung für 1963 die für die Leistungen unter c) bis h) vereinnahmten Entgelte der Umsatzsteuer.

Der Einspruch blieb erfolglos. Auch die Klage (Berufung) wurde – soweit der Rechtsstreit noch revisionsanhängig ist – abgewiesen. Das Finanzgericht (FG) hat ausgeführt: Bei durchlaufenden Posten müsse der Unternehmer den Auftraggebern und den Drittunternehmern gegenseitig deren Namen und Anschriften bekanntgeben. Dies sei nicht geschehen. Die Steuerpflichtige habe im Termin Sammelrechnungen der Drittunternehmer vorgelegt, auf denen die Namen der Verstorbenen oder der Auftraggeber angeführt gewesen seien. Daraus könne jedoch nicht entnommen werden, daß die Drittunternehmer den Auftraggeber als Vertragspartner angesehen hätten; die Namensangabe habe lediglich der Rechnungsspezifizierung gedient. Dies gelte auch für die Fälle, in denen sich die Auftraggeber die Mitwirkung eines bestimmten Musikers oder Redners ausbedungen hätten; es sei nicht anders, als ob sie ein bestimmtes Blumenarrangement oder ein bestimmtes Musikstück gewählt hätten.

Die Steuerpflichtige rügt mit der Revision Verletzung des § 5 Abs. 3 UStG 1951: Das FG habe die wirtschaftliche Bedeutung des festgestellten Sachverhalts verkannt. Sie habe die streitigen Besorgungen an Dritte weitergeleitet und dabei den Auftraggebern mitgeteilt, welcher Drittunternehmer die Besorgung ausführen werden die Drittunternehmer hätten erfahren, wer die Auftraggeber seien. Im Hinblick auf die Besonderheiten des Bestattungsgewerbes müsse es genügen, daß die Namen mündlich mitgeteilt würden. Der Auftraggeber lege Wert darauf, zu wissen, welcher Redner die Trauerrede halte und von welcher Firma der Blumenschmuck stamme.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Nach § 5 Abs. 3 UStG 1951 gehören zum Entgelt nicht die Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten). Die Annahme eines durchlaufenden Postens setzt voraus, daß sich der Unternehmer auf eine Vermittlungstätigkeit beschränkt und die von ihm vermittelte Leistung, wirtschaftlich gesehen, nicht Teil einer Gesamtleistung ist, die einheitlich vom Unternehmer erbracht wird (dazu Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – V 204/65 vom 17. Juli 1969, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 97 S. 97 – BFH 97, 97 –, BStBl II 1970, 24). Die Durchführung einer Bestattung ist keine einheitliche Leistung. Anläßlich einer Bestattung wird ein Bündel von Lieferungen und sonstigen Leistungen ausgeführt (Lieferungen des Sarges, des Sterbekleids, der Blumen usw.; sonstige Leistungen: Überführung, Erledigung behördlicher und kirchlicher Formalitäten, Gestellung von Rednern, Sängern, Musikern usw.). Es ist jedoch zu beachten, daß diese Einzelleistungen nicht für Zwecke des § 5 Abs. 3 UStG 1951 weiter zerlegt werden dürfen. So können die Kosten für die Schnitzarbeiten an Särgen nicht als durchlaufende Posten behandelt werden. Die Steuerpflichtige lieferte die Särge. Wird vereinbart, zusätzlich mit Schnitzarbeiten versehene Särge zu liefern, ist es nicht zulässig, diese einheitlichen Lieferungen in die Lieferung eines ungeschnitzten Sarges und die Anfertigung von Schnitzereien aufzuspalten.

Die Kosten für die übrigen Leistungen können hingegen durchlaufende Posten sein. Das FA hat von sich aus in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) und BFH die Aufwendungen der Auftraggeber für Sterbeurkunden und Friedhofs- und Krematoriumsgebühren als durchlaufend angesehen (RFH-Urteil V A 92/31 vom 21. Dezember 1931, Mrozek-Kartei, UStG 1926 § 1 Nr. 1 Rechtsspruch 224; BFH-Urteil V 294/58 U vom 13. Oktober 1960, BFH 71, 614, BStBl III 1960, 478).

Von den übrigen Aufwendungen sind keine durchlaufenden Posten die Entgelte der Auftraggeber für die Beförderung der Verstorbenen mit fremden Leichenwagen und für die Beschaffung von Blumenschmuck. Entgegen der Auffassung der Steuerpflichtigen kann bei der Entscheidung, ob § 5 Abs. 3 UStG 1951 anzuwenden ist, nicht auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise abgestellt werden (BFH-Urteil V 54/64 vom 2. März 1967, BFH 88, 306, BStBl III 1967, 377). Es ist lediglich zu prüfen, ob rechtliche Beziehungen zwischen den Auftraggebern und den Drittunternehmern zustandekommen. Dazu ist erforderlich, daß beide Teile, abgesehen von hier nicht vorliegenden Ausnahemfällen, den Namen des anderen und die Höhe des gezahlten Betrags erfahren (BFH-Urteile V 13/64 vom 11. August 1966, BFH 86, 721, BStBl III 1966, 647; V 239/64 vom 24. August 1967, BFH 89, 494, BStBl III 1967, 719; V R 104/66 vom 4. Dezember 1969, BFH 97, 449, BStBl II 1970, 191). Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß den Drittunternehmern diese Angaben gemacht worden sind. Die gegenteilige Feststellung des FG steht im Widerspruch zu seiner weiteren Feststellung, die Namen der Verstorbenen oder der Auftraggeber seien in Sammelrechnungen der Drittunternehmer aufgeführt worden. Es bedarf jedoch keiner Aufklärung dieses Widerspruchs. Die Annahme durchlaufender Posten scheitert nämlich, soweit nicht die im Anschluß behandelten Vorgänge in Frage stehen, daran, daß den Auftraggebern die Namen der Drittunternehmer nicht bekanntgemacht wurden. Die Steuerpflichtige bezeichnet zwar die entsprechende Feststellung des FG als unrichtig. Der Senat ist jedoch an die in sich widerspruchslose Feststellung des FG gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Sollte das Vorbringen der Steuerpflichtigen als Verfahrensrüge anzusehen sein, wäre diese unzulässig, weil keine Tatsachen geltend gemacht wurden, die einen Mangel beim Zustandekommen der Feststellung ergeben könnten (§ 120 Abs. 2 FGO).

Anders zu beurteilen sind die Entgelte für die Gestellung von Rednern und für die Beschaffung von Traueranzeigen und Danksagungen. Rechtsbeziehungen zwischen Auftraggebern und Drittunternehmern können, falls der Unternehmer zu erkennen gibt, er wolle ein Fremdgeschäft abschließen, nicht nur dadurch begründet werden, daß der Unternehmer ausdrücklich (schriftlich) die Namen der Beteiligten nennt, sondern auch durch mündliche oder konkludente Absprachen, aus denen die Namen und Entgelte eindeutig erkennbar werden. Dies trifft auf die Rednergestellung zu. Auftraggeber und Redner müssen bei der Vorbereitung der Rede miteinander Verbindung aufnehmen, damit der Redner die Lebensdaten des Verstorbenen erfährt und der Auftraggeber Wünsche für die Gestaltung der Rede vorbringen kann. Dabei lernen sie sich zwangsläufig von Person zu Person kennen und wissen, mit wem sie es zu tun haben. Ähnlich ist es bei der Besorgung von Traueranzeigen und Danksagungen. Zeitung oder Druckerei erfahren die Namen des Auftraggebers aus dem Drucktext; der Auftraggeber andererseits bestimmt die Zeitungen, in denen die Todes- oder Danksagungsanzeige erscheinen soll, oder erfährt den Namen der Druckerei aus dem Impressum der Druckkarten.

Eine unterschiedliche Betrachtung ist bei den Entgelten für die Gestellung von Musikern geboten. Hier kommt es darauf an, ob der Auftraggeber einen oder bestimmte Musiker ausgewählt hat, um einem Wunsch des Verstorbenen zu entsprechen oder eine qualitativ gehobenen Musikdarbietung zu erreichen. In diesem Fall wären durchlaufende Posten zu bejahen. War den Auftraggebern lediglich an Trauermusik gelegen, wären durchlaufende Posten zu verneinen.

Die Sache wird an das FG zurückverwiesen. Dieses wird zunächst der Steuerpflichtigen Gelegenheit zu geben haben, darzulegen und nachzuweisen, in welchem Ausmaße Auftraggeber bestimmte Musiker ausgewählt haben. Soweit die Steuerpflichtige einen solchen Nachweis nicht führen kann, werden die Entgelte für die Gestellung von Musikern der Umsatzsteuer zu unterwerfen sein. Das FG wird ferner festzustellen haben, wie sich die oben angegebenen Entgelte auf die Leistungen c), e) bis h) verteilen. In den Fällen c) und g) (Redner, Traueranzeigen und Danksagungen) ist das Entgelt gemäß § 5 Abs. 3 UStG 1951 von der Besteuerung auszunehmen, in den Fällen e) und h) (Beförderung mit fremden Leichenwagen, Schnitzarbeiten) der Besteuerung zu unterwerfen. Sollte sich für die Streitjahre 1961/62 ergeben, daß die noch nachzufordernde Umsatzsteuer unterhalb der vom Senat aufgestellten Gewichtigkeitsgrenzen bleibt (vgl. zuletzt BFH-Urteil V R 82/66 vom 5. März 1970, BFH 99, 164, BStBl II 1970, 586), wird insoweit der Klage stattzugeben sein.

 

Fundstellen

Haufe-Index 514904

BFHE 1971, 475

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