Schrifttum

Kapp, Die Tatbestandsberichtigung nach § 108 FGO, BB 1983, 190;

Rößler, Der Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach Maßgabe des BFH, NJW 2004, 266.

 

Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Berichtigung von Fehlern in der Darstellung des Tatbestandes – nicht auch der Entscheidungsgründe – erspart die – bei Entscheidungserheblichkeit – sonst u. U. erforderliche Aufhebung des Urteils auf Revision unter Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht. Denn der BFH kann in tatsächlicher Hinsicht nur das berücksichtigen, was sich aus dem FG-Urteil (oder dem Sitzungsprotokoll; s. § 314 ZPO) ergibt (§ 118 Abs. 2 FGO). Die aus § 314 ZPO i. V. m. § 155 FGO herzuleitende Beweiswirkung des Tatbestandes gilt jedoch nicht für ein im schriftlichen Verfahren gem. § 90 Abs. 2 FGO ergangenes Urteil bzw. einen nach § 90a Abs. 1 FGO mit Urteilswirkung ausgestatteten Gerichtsbescheid (st. Rspr., u. a. BFH v. 01.12.1982, I R 75/82, BStBl II 1983, 227; BFH v. 27.04.2009, II B 173/08, BFH/NV 2009, 1272 m. w. N., a. A. Brandis in Tipke/Kruse, § 108 FGO Rz. 2). Auf der anderen Seite können Mängel des Tatbestandes nicht mit der NZB gerügt werden (BFH v. 12.01.2012, II S 9/11, BFH/NV 2012, 709; BFH v. 23.10.2013, IX B 68/13, BFH/NV 2014, 174). Die Abgrenzung zwischen der Möglichkeit der Tatbestandsberichtigung und der Rüge fehlender Sachaufklärung durch das FG kann schwierig sein. Die Grenze zwischen fehlerhafter Sachverhaltsdarstellung und fehlender Sachverhaltsermittlung ist gelegentlich fließend.

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Für eine Tatbestandsberichtigung kommen nur solche Umstände in Betracht, die außer Streit stehen, eine Beweisaufnahme kann nicht mehr stattfinden. Ebenso wenig kann auf diese Weise mangelnde Sachverhaltsaufklärung nachgeholt oder der Sachvortrag ergänzt werden (FG Sa v. 09.11.2004, juris). Enthält der Entscheidungsteil, dessen Berichtigung begehrt wird, eine rechtliche Wertung, so handelt es sich nicht um eine Tatbestandsberichtigung i. S. der Vorschrift. Anders als bei § 107 FGO muss es sich nicht um offenbare Unklarheiten oder Unrichtigkeiten handeln. Deshalb sollen auch die Richter mitwirken, die an dem Urteil mitgewirkt haben. Eine Ausnahme davon regelt § 108 Abs. 2 Satz 3 FGO. Bei Verhinderung eines Richters (z. B. Erkrankung, Urlaub) wird dieser demnach nicht vertreten. Daraus folgt die Möglichkeit der Stimmengleichheit mit der weiteren Folge, dass in diesem Fall die Stimme des Vorsitzenden ausschlaggebend ist. Die Gründe für die Verhinderung brauchen im Beschluss, an dem nur dann die ehrenamtlichen Richter mitzuwirken haben, wenn er aufgrund mündlicher Verhandlung ergeht, nicht angegeben zu werden (BFH v. 25.07.1978, VII B 20/78, BStBl II 1978, 675).

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Erforderlich ist der Antrag eines Beteiligten (§ 57 FGO); der binnen einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Urteils zu stellen ist. Für den Antrag beim BFH besteht Vertretungszwang (BFH v. 01.03.2013, IX R 10/11, BFH/NV 2013, 1239). Die übrigen Beteiligten sind zu hören. Der Beschluss des Gerichtes ist grundsätzlich unanfechtbar (§ 108 Abs. 2 Satz 2 FGO), es sei denn, der Antrag wurde als unzulässig verworfen (BFH v. 17.09.2012, II B 87/12, BFH/NV 2012, 2003); das ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BFH v. 02.10.1969, V B 31/69, BStBl II 1969, 736; BFH v. 30.09.1986, VIII B 60/85, BFH/NV 1988, 780). Nach neuerer Rechtsprechung ist auch schwerwiegenden Fehlern bei der Ablehnung keine außerordentliche Beschwerde gegeben (BFH v. 29.07.2003, X B 29/03, n. v.). Die Durchführung des Beschlusses besorgt der Urkundsbeamte. Er hat den Beschluss auf dem Urteil und den Ausfertigungen zu vermerken. Dies bedeutet, dass er bereits zugestellte Ausfertigungen von den Beteiligten anfordern muss. Bei einem elektronisch verfassten Urteil bedarf es ebenfalls einer elektronischen Abfassung des Beschlusses und dessen Verbindung mit dem Urteil. Es gilt insoweit nichts anderes als bei der Urteilsberichtigung nach § 107 Abs. 2 FGO (s. § 107 AO Rz. 3).

Die Tatbestandsberichtigung hat ebenso wie ihre Beantragung keinen Einfluss auf den Lauf der Rechtsmittelfrist gegen die Entscheidung (BFH v. 07.02.1977, IV B 62/76, BStBl II 1977, 291; BFH v. 27.10.1997, X B 203/95, BFH/NV 1998, 707).

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 108 FGO ist auf Gerichtsbescheide (§ 90a Abs. 1 FGO) und Beschlüsse (§ 113 Abs. 1 FGO) entsprechend anzuwenden. Die Tatbestandsberichtigung bei einem Revisionsurteil und einem unanfechtbaren Beschluss ist nach Ansicht des BFH ausgeschlossen, weil ein berechtigtes Interesse an einer Berichtigung nur besteht, wenn der Tatbestand Grundlage für eine Rechtsmittelentscheidung oder eine Urteilsergänzung sein soll. Dafür reicht die Absicht des Stpfl., eine Verfassungsbeschwerde oder eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu erheben, nicht aus (st. Rspr., u. a. BFH v. 08.05.2003, IV R 63/99; BFH v. 09.08.2008, V R 45/06, BFH/NV 2009, 39; BFH v. 20.04.2010, VI S 1/10, BFH/NV 2010, 1467; B...

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