Zusammenfassung
In diesem Beitrag wird auf die für den Arbeitgeber wichtigsten sozialversicherungsrechtlichen Aspekte zur Bedeutung von Sozialversicherungsabkommen Bezug genommen. Wie lange soll die Auslandstätigkeit dauern? Sind für die Entsendung Befristungen zu berücksichtigen? Welche Vorschriften sind für den Arbeitnehmer maßgeblich: die deutschen oder die des anderen Staates? Und welche Bedeutung kommt einer Ausnahmevereinbarung zu?
Sozialversicherung: Grundsätzlich wird das Territorialitätsprinzip (§ 3 SGB IV) angewendet. Für Regelungen im Hinblick auf die EU/EWR-Staaten und die Schweiz sind die Verordnung (EG) über soziale Sicherheit Nr. 883/2004 sowie die Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009 zu berücksichtigen. Für das Vereinigte Königreich findet das Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft (2019/C384l/01) Anwendung. Für Sachverhalte, die nach dem 1.1.2021 beginnen, gelten die Vorgaben des zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich abgeschlossenen Abkommens über Handel und Zusammenarbeit. Des Weiteren sind die Regelungen in den Abkommen über Soziale Sicherheit zu beachten.
Sozialversicherung
1 Sozialversicherungsabkommen
Sozialversicherungsabkommen regeln versicherungs- und leistungsrechtliche Zuständigkeiten im Bereich der Sozialversicherung. Sie beinhalten Regelungen für Personen, die vorübergehend oder dauerhaft in einem anderen Staat beschäftigt oder wohnhaft sind. Unter anderem gehören hierzu Zuständigkeitsabgrenzungen, die Gleichstellung und Anrechnung von Versicherungszeiten und die grenzübergreifende Leistungsgewährung im Rahmen der Leistungsaushilfe.
1.1 Arten von Sozialversicherungsabkommen
Zum einen gibt es multilaterale Abkommen, die für eine Vielzahl von Staaten gültig sind. Für den Bereich der Sozialversicherung ist hier vor allem die Verordnung (EG) über soziale Sicherheit Nr. 883/2004 und die dazugehörige Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009 zu nennen. Zum anderen gibt es bilaterale Abkommen, die jeweils zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem jeweiligen Abkommensstaat geschlossen wurden.
1.2 Unterschiede von Sozialversicherungsabkommen
Bei den Abkommen gibt es Unterschiede in Bezug auf den sachlichen, gebietlichen und persönlichen Geltungsbereich. Die Verordnung (EG) über soziale Sicherheit Nr. 883/2004 gilt für alle Zweige der Sozialversicherung. Die Abkommen über Soziale Sicherheiten gelten nur für die Zweige, die vom sachlichen Geltungsbereich des jeweiligen Abkommens erfasst sind. Sowohl bei der Verordnung (EG) über soziale Sicherheit Nr. 883/2004 als auch in den jeweiligen Abkommen über Soziale Sicherheit gibt es Einschränkungen im gebietlichen Geltungsbereich. Dies bedeutet, dass nicht in allen, vom jeweiligen Staatsgebiet umfassten Gebieten die Abkommensregelungen gelten. Dies gilt ebenso für den persönlichen Geltungsbereich. Einige Abkommen erfassen nur die Staatsangehörigen der Vertragspartner sowie Staatenlose und Flüchtlinge, andere wiederum erfassen auch Drittstaatsangehörige.
2 Worauf Arbeitgeber achten sollten
Sollte ein Arbeitgeber den Entschluss fassen, einen Arbeitnehmer ins Ausland zu entsenden, müssen verschiedene Überlegungen in den Entschluss einbezogen werden. Es kann nur empfohlen werden, einen möglichen Auslandseinsatz auch von der sozialversicherungsrechtlichen Seite zu beleuchten. Hierfür sollte der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer folgende Fragen erörtern:
2.1 Welche Rechtsvorschriften gelten für meinen Arbeitnehmer?
Wird ein Arbeitnehmer in einen EU/EWR-Staat oder in die Schweiz entsandt, gelten für den Arbeitnehmer die Regelungen der Verordnung (EG) über soziale Sicherheit Nr. 883/2004. Da die Verordnung alle Zweige der Sozialversicherung umfasst, ist bereits ein umfassender Schutz vorhanden. Allerdings sind insbesondere im Hinblick auf die Leistungsgewährung Besonderheiten zu beachten.
Wird ein Arbeitnehmer in einen Staat, mit dem ein Abkommen über Soziale Sicherheit besteht, entsandt, muss darauf geachtet werden, welche Sozialversicherungszweige vom Abkommen erfasst werden. Hiernach richtet sich das Schutzbedürfnis des Arbeitnehmers.
2.2 Wie lange soll die Auslandstätigkeit dauern?
Sowohl im Rahmen der Verordnung (EG) über soziale Sicherheit Nr. 883/2004 als auch im Rahmen der Abkommen über Soziale Sicherheit liegt eine Entsendung nur bei einer begrenzten Dauer der Auslandstätigkeit vor. Wird diese Dauer überschritten, gelten grundsätzlich die Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaates. Daher sollte bereits bei der Planung einer Entsendung die voraussichtliche Dauer berücksichtigt werden. Ansonsten gelten für den Arbeitnehmer von Beginn an die Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaates.
2.3 Wann ist der Abschluss einer Ausnahmevereinbarung sinnvoll?
Sowohl die in der Verordnung (EG) über soziale Sicherheit Nr. 883/2004 als auch die in den Abkommen über Soziale Sicherheit geltenden Regelungen führen nicht immer zum gewünschten Ergebnis. Dieses Ergebnis kann durch eine Ausnahmevereinbarung korrigiert werden. Hierbei wird zwischen den beteiligten Staaten auf gemeinsamen Antrag des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers ein...