TOP 1 Wirkung einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung für Bezieher von Arbeitslosengeld sowie für Rentenantragsteller/ Rentner, Bezieher von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und Studenten

Sachverhalt:

Die Wirkung der Befreiung von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung nach § 8 SGB V auf einen später sich nahtlos anschließenden oder nach einer Unterbrechung folgenden gleichartigen Tatbestand ist bislang für die einzelnen in der Vorschrift aufgeführten Personenkreise nicht einheitlich bewertet worden. Das Gesetz (hier: § 8 Abs. 2 SGB V) enthält zwar Regelungen zum Beginn, nicht jedoch zum Ende einer Befreiung von der Versicherungspflicht. Auch die Gesetzesbegründungen sowohl zu § 8 SGB V als auch zu den Vorgängerregelungen der §§ 173 ff. RVO enthalten insoweit keine Anhaltspunkte. § 8 Abs. 1 SGB V erschöpft sich in der Aufzählung der Tatbestände und näheren Bedingungen, bei deren Auftreten eine ausnahmsweise Befreiung von der durch sie eintretenden Versicherungspflicht auf Antrag möglich ist, wobei die Nummern 2 und 2a SGB V zumindest Regelungen zur maximalen Dauer der Befreiung enthalten. Weitere Vorschriften (hier: § 6 Abs. 3 SGB V und § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V) beschreiben die Wirkung einer Befreiung von der Versicherungspflicht auf während des Befreiungstatbestandes eintretende Tatbestände der Versicherungspflicht oder Familienversicherung.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 25. Mai 2011 - B 12 KR 9/09 R -, USK 2011-65, entschieden, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V für Beschäftigte wegen Erhöhung der Jahresarbeitsentgeltgrenze jedenfalls dann nicht über das Ende des Versicherungspflichttatbestandes (entgeltliches Beschäftigungsverhältnis), für den die Befreiung ausgesprochen worden ist, hinaus wirkt, wenn hiernach Versicherungspflicht aufgrund eines anderen Versicherungspflichttatbestandes (in dem entschiedenen Fall der Bezug von Arbeitslosengeld - Alg) eintritt und erst dann durch erneute Aufnahme einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt wieder ein Sachverhalt vorliegt, der an sich ebenfalls unter den ursprünglichen Versicherungspflichttatbestand zu subsumieren wäre. In diesen Fällen hätten sich nach Ansicht des Senats die Befreiung und der sie feststellende Verwaltungsakt im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X auf andere Weise erledigt, da der Gegenstand der Befreiung entfallen sei. Gleichzeitig hat das BSG an dem Grundsatz, nach dem die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 SGB V tatbestandsbezogen, also (nur) auf das jeweilige Versicherungspflichtverhältnis, das zur Befreiung geführt hat, wirkt, festgehalten.

Ausdrücklich offen gelassen hat das BSG in seiner vorgenannten Entscheidung, ob im Hinblick auf den Charakter der Befreiung als Statusentscheidung zwischen GKV und PKV ein Fortwirken der Befreiung über das einzelne Beschäftigungsverhältnis hinaus anzunehmen ist, sofern im unmittelbaren Anschluss hieran oder auch nach einer "sozialversicherungsrechtlich irrelevanten Unterbrechung" eine neue grundsätzlich krankenversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen wird.

In der Besprechung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung zu Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 23./24. November 2011 ist das vorgenannte Urteil des BSG für den Fall der Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in grundsätzlicher Hinsicht für anwendbar erklärt worden, und zwar spätestens ab 1. Januar 2012 (vgl. Punkt 5 der Ergebnisniederschrift). Über die Bestätigung der entscheidungserheblichen Grundaussagen in dem Urteil hinaus haben sich die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung dafür ausgesprochen, dass ein Fortwirken der Befreiung über das einzelne (zur Befreiung führende) Beschäftigungsverhältnis auch dann anzunehmen ist, wenn im unmittelbaren Anschluss hieran oder nach einer kurzfristigen (sozialversicherungsrechtlich irrelevanten) Unterbrechung eine neue Beschäftigung aufgenommen wird, die grundsätzlich nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V versicherungspflichtig wäre. Als kurzfristige Unterbrechungen in diesem Sinne sind Zeiträume von bis zu einem Monat angesehen worden, in denen kein anderer Versicherungspflichttatbestand vorliegt.

Es stellt sich die Frage, inwieweit die Aussagen des BSG in dem Urteil vom 25. Mai 2011 sowie die vorgenannte ergänzende Auslegung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung auch auf andere Befreiungstatbestände des § 8 SGB V Anwendung finden sollen. Angesprochen sind hier in erster Linie die Befreiungen von der Versicherungspflicht für Bezieher von Alg und Unterhaltsgeld (§ 8 Abs. 1 Nr. 1a SGB V), für Rentenantragsteller und Rentner sowie Teilnehmer an einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V) sowie für Studenten, unentgeltlich beschäftigte Praktikanten und zur Berufsausbildung unentgeltlich Beschäftigte (§ 8 Abs. 1 Nr. 5 SGB V).

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat inzwischen gegenüber dem GKV-Spitzenverband unter Bezugnahme auf ein bereits im Jahr 2010 vorgetragenes Anliegen vorgeschlagen, eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 1a SGB V im zeitlichen Umfang der Fortwirkung einer Arbeitslosmeldung (längstens sechs...

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