Rz. 33

Streitfälle im Zusammenhang mit § 6 BUrlG sind angesichts der komplizierten Materie (oder vielleicht auch gerade deshalb) erstaunlich selten. Trotzdem kann es auf die Darlegungs- und Beweislast zur Frage, ob der 2. Arbeitgeber Urlaub aus dem 1. Arbeitsverhältnis anrechnen kann, ankommen.

Das BAG[1] hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der in dem Kalenderjahr seines Eintritts in das Arbeitsverhältnis von dem Arbeitgeber Urlaub verlangt, darzulegen und ggf. zu beweisen hat, dass die Voraussetzungen, unter denen § 6 Abs. 1 BUrlG eine Anrechnung bereits gewährten Urlaubs vorsieht, nicht vorliegen. In § 6 Abs. 1 BUrlG benennt das Gesetz eine negative Anspruchsvoraussetzung. Dem Arbeitnehmer als Gläubiger des Urlaubsanspruchs obliegt es deshalb, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass die Voraussetzungen, unter denen eine Anrechnung bereits gewährten Urlaubs möglich ist, nicht vorliegen. Dabei gelten allerdings die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast. Es obliegt zunächst dem Arbeitnehmer vorzutragen, dass die Voraussetzungen, unter denen § 6 Abs. 1 BUrlG eine Anrechnung von Urlaubsansprüchen vorsieht, nicht vorliegen. Bestreitet der Arbeitgeber den Vortrag des Arbeitnehmers – ggf. zulässigerweise mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) –, hat der Arbeitnehmer seine Darlegungen näher auszuführen. Er muss dazu insbesondere erklären, wann und wie viel Urlaub er im 1. Arbeitsverhältnis erhalten hat. Stellt der Arbeitgeber den Vortrag des Arbeitnehmers in Abrede, hat der Arbeitnehmer für seine Angaben Beweis anzubieten. Neben anderen Beweismitteln wie der Benennung des vorherigen Arbeitgebers als Zeugen kommt hierbei insbesondere die Urlaubsbescheinigung gem. § 6 Abs. 2 BUrlG in Betracht. Legt der Arbeitnehmer eine solche vor, obliegt es dem Arbeitgeber, den besonderen Beweiswert dieser Bescheinigung, der in § 6 Abs. 2 BUrlG zum Ausdruck kommt, durch konkreten Sachvortrag zu erschüttern.

 

Rz. 34

Legt der Arbeitnehmer dem 2. Arbeitgeber trotz Aufforderung keine Urlaubsbescheinigung vor, kann der 2. Arbeitgeber die Urlaubsgewährung zunächst vollständig verweigern.[2]

[2] ErfK/Gallner, 24. Aufl. 2024, § 6 BUrlG, Rz. 6; Neumann/Fenski/Kühn, BUrlG, 12. Aufl. 2021, § 6 BUrlG, Rz. 14.

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