BAG setzt Grenzen für Mitarbeiterüberwachung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat der Überwachung von Beschäftigten etwa im Krankheitsfall enge Grenzen gesetzt. Nur bei einem auf Tatsachen beruhenden, konkreten Verdacht einer schweren Pflichtverletzung dürften Arbeitgeber Detektive zur Kontrolle von Mitarbeitern einsetzen.

Gravierende Pflichtverletzungen können nach dem Urteil des BAG das Vortäuschen einer Krankheit oder Diebstähle sein. Das Gericht entschied über den Fall einer Sekretärin aus Münster, die nach einer Krankschreibung im Auftrag ihres Chefs mehrere Tage lang von einem Detektiv überwacht worden war.

Die Überwachung durch Detektive sei ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer. Dieser sei nur in einem konkreten Verdachtsfall gerechtfertigt, begründete der achte Senat des Bundesarbeitsgerichts seine Entscheidung.

Anspruch auf Schmerzensgeld bei unzulässiger Überwachung

Bei einer unzulässigen Überwachung hätten trotzdem observierte Arbeitnehmer zugleich Anspruch auf Schmerzensgeld. Damit erklärten die obersten Arbeitsrichter erstmals, unter welchen Voraussetzungen Detektive zur Kontrolle von Mitarbeitern zulässig sind.

Der Fall: Überwachung durch Detektiv nach Krankschreibung

Im konkreten Fall erklärte das Gericht die Beschattung der Sekretärin für rechtswidrig. Die Sekretärin war bei ihrem Arbeitgeber seit Mai 2011 tätig. Ab dem 27. Dezember 2011 war sie arbeitsunfähig erkrankt, zunächst mit Bronchialerkrankungen. Für die Zeit bis 28. Februar 2012 legte sie nacheinander sechs Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, zuerst vier eines Facharztes für Allgemeinmedizin, dann ab 31. Januar 2012 zwei einer Fachärztin für Orthopädie. Der Geschäftsführer bezweifelte den zuletzt telefonisch mitgeteilten Bandscheibenvorfall und beauftragte einen Detektiv mit der Observation der Sekretärin. Diese erfolgte von Mitte bis Ende Februar 2012 an vier Tagen. Beobachtet wurden u.a. das Haus der Klägerin, sie und ihr Mann mit Hund vor dem Haus und der Besuch der Klägerin in einem Waschsalon. Dabei wurden auch Videoaufnahmen erstellt. Der dem Arbeitgeber übergebene Observationsbericht enthält elf Bilder, neun davon aus Videosequenzen.

Die Klägerin forderte ein Schmerzensgeld, dessen Höhe sie in das Ermessen des Gerichts stellte. Sie hielt 10.500 EUR für angemessen. Sie habe erhebliche psychische Beeinträchtigungen erlitten, die ärztlicher Behandlung bedürften.

Schmerzensgeldforderung in der Höhe unangemessen

Das Gericht stellte fest, dass die Observation einschließlich der heimlichen Aufnahmen  rechtswidrig war. Der Arbeitgeber hatte keinen berechtigten Anlass zur Überwachung. Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen war weder dadurch erschüttert, dass sie von unterschiedlichen Ärzten stammten, noch durch eine Änderung im Krankheitsbild oder weil ein Bandscheibenvorfall zunächst hausärztlich behandelt worden war.

Dennoch scheiterte die Klägerin mit ihrer vollständigen Forderung nach einem Schmerzensgeld von 10.500 EUR. Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte ihr nur 1.000 EUR zugesprochen. Die Bundesrichter hielten diese Summe ebenfalls für angemessen - auch wenn der Betrag «am unteren Rand» gewesen sein mochte, wie der Vorsitzende Richter Friedrich Hauck sagte. Der Anwalt der Klägerin hatte in Erfurt argumentiert, dass nur mit einem deutlich höheren Sanktionsgeld Arbeitgeber von solchen Rechtsverstößen abgehalten werden könnten (BAG, Urteil v. 19.2.2015, 8 AZR 1007/13).

Pressemeldung BAG / dpa