Entscheidungsstichwort (Thema)

Heimliche Videoaufnahmen durch Detektiv. Beauftragung Detektiv durch Arbeitgeber. Schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Klägerin kann eine Entschädigung in Höhe von 1.000,00 € beanspruchen, weil sie durch die heimlichen Videoaufnahmen rechtswidrig und schwerwiegend in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden ist.

 

Normenkette

BDSG §§ 32, 28; GG Art. 2; SGB V § 275

 

Verfahrensgang

ArbG Münster (Entscheidung vom 11.01.2013; Aktenzeichen 4 Ca 455/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 11.01.2013 - 4 Ca 455/12 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Geldentschädigung von 1.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.07.2012 zu zahlen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 3/4, die Beklagte trägt 1/4.

Die Kosten des Verfahrens der ersten Instanz trägt die Klägerin zu 72 % und die Beklagte zu 28 %.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug noch über eine Geldentschädigung, welche die Klägerin beansprucht, weil ein arbeitgeberseits beauftragter Detektiv im Februar 2012 im Rahmen einer Krankenkontrolle heimlich Videoaufnahmen von ihr gemacht hat. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigungen vom 28.02.2012 und vom 05.03.2012 nicht aufgelöst worden ist, ist hingegen in Rechtskraft erwachsen.

Die 1964 geborene Klägerin ist seit dem 01.05.2011 bei der Beklagten, einem Unternehmen mit 18 Beschäftigten, als Sekretärin der Geschäftsleitung zu einem durchschnittlichen Bruttomonatslohn in Höhe von 3.500,00 € tätig. Wegen der Einzelheiten des schriftlichen Arbeitsvertrages wird auf die Kopie Bl. 27 ff. GA verwiesen. Am 12.12.2011 kam es zu einer Meinungsverschiedenheit, weil die Klägerin eine Weisung zur Vorlage von Produktunterlagen nicht so erledigte, wie es der Geschäftsführer erwartet hatte. Einzelheiten des Vorfalls sind streitig. Ab dem 27.12.2011 war die Klägerin arbeitsunfähig krankgeschrieben. Mit Fax vom 03.01.2012 teilte sie dem Geschäftsführer der Beklagten, der für eine Woche in Urlaub gefahren war, mit, sie leide an einer schweren Bronchitis und einer daraus resultierenden Rippenfellentzündung. Sie werde aber, soweit es ihr Gesundheitszustand zulasse, nach Bedarf und Dringlichkeit einige Stunden ins Büro kommen (Bl. 34 GA). Der Geschäftsführer blieb weiterhin im Urlaub. Die Klägerin erschien nicht im Büro. Nach Rückkehr des Geschäftsführers aus dem Urlaub rief die Klägerin den Geschäftsführer an und teilte mit, sie sei wiederum krankgeschrieben, nun wegen eines Bandscheibenvorfalls.

Für den Zeitraum vom 27.12.2011 bis zum 28.02.2012 liegen die nachfolgenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor:

- Erstbescheinigung vom 27.12.2011 für den Zeitraum vom 27.12.2011 bis zum 30.12.2011 von dem Facharzt für Allgemeinmedizin - Homöopathie - Dr. G1 (Bl. 33 GA),

- Folgebescheinigung vom 02.01.2012 für den Zeitraum bis einschließlich 06.01.2012 von dem Facharzt für Allgemeinmedizin - Homöopathie - Dr. G1 (Bl. 33 GA),

- Folgebescheinigung vom 06.01.2011 für den Zeitraum bis einschließlich 20.01.2012 von dem Facharzt für Allgemeinmedizin - Homöopathie - Dr. G1 (Bl. 35 GA),

- Folgebescheinigung vom 23.01.2011 für den Zeitraum bis einschließlich 03.02.2012 von dem Facharzt für Allgemeinmedizin - Homöopathie - Dr. G1 (Bl. 35 GA),

- Erstbescheinigung vom 31.01.2012 für den Zeitraum vom 31.01.2012 bis einschließlich 14.02.2012 von der Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin / Fachärztin für Orthopädie G2 (Bl. 36 GA)

- Folgebescheinigung vom 14.02.2012 für den Zeitraum bis einschließlich 28.02.2012 von der Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin / Fachärztin für Orthopädie G2 (Bl. 36 GA)

Die Beklagte entschloss sich, eine Detektei zu beauftragen. Am 16.02.2012, 17.02.2012, 23.02.2012 und 24.02.2012 wurde die Klägerin von der beauftragten Detektei observiert. Auf den zur Akte gereichten Observationsbericht wird Bezug genommen (Bl. 80 - 92 GA).

Während des Observationszeitraums fuhr die Klägerin am 24.02.2012 um 10.29 Uhr mit ihrem PKW zu einem Waschsalon an der W1 Straße 12 in M1. Nach den Beobachtungen des Detektivs betrat sie mit Wäsche auf dem Arm den Waschsalon und befüllte im Hocken eine Waschmaschine. Sie verlud dann noch weitere Wäsche und fuhr anschließend wieder weg. Gegen 12.32 Uhr kehrte sie zum Waschsalon zurück. Sie holte einen Wäschekorb aus dem Kofferraum, leerte die Waschmaschine und kam mit einem gefüllten Korb zum Auto zurück. Sie ging anschließend erneut in den Waschsalon und leerte aus einer anderen Waschmaschine einen gefüllten Wäschesack. In einem Korb trug sie dann den Wäschesack auf der Höhe der Brust mit ausgestreckten Armen in den hinteren Teil des Waschsalons. Später kam sie mit dem mit Wäsche gefüllten Korb aus dem Salo...

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