Verfahrensgang

LG Traunstein (Aktenzeichen 8 O 3510/18)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 27.01.2022; Aktenzeichen III ZR 3/21)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 02.05.2019, Az.: 8 O 3510/18, wird zurückgewiesen.

II. Hinsichtlich der zurückgenommenen Berufungsanträge mit den Ziffern 3 bis 12 ist der Kläger des eingelegten Rechtsmittels der Berufung verlustig.

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Nach Rücknahme seiner Berufung im Übrigen verlangt der Kläger von der Beklagten nur noch, es zu unterlassen, ihn an der Änderung des von ihm verwendeten Profilnamens für sein Profil auf der von der Beklagten betriebenen Social-Media-Plattform www.facebook.com zu hindern. In der Sache streiten die Parteien darüber, ob der Kläger berechtigt ist, im Rahmen seines eigenen Profils unter einem Pseudonym aufzutreten.

Das Landgericht Traunstein hat, soweit für das Berufungsverfahren noch relevant, folgende tatsächlichen Feststellungen getroffen:

Die Muttergesellschaft der Beklagten mit Sitz in Kalifornien betreibt das soziale Netzwerk "www.facebook.com". Für Nutzer in Europa ist die Beklagte der Anbieter und Vertragspartner. Der Kläger unterhält bei der Beklagten ein privates Nutzerkonto. In den aktuellen Nutzungsbedingungen der Beklagten heißt es unter Ziffer 3 unter anderem:

"Wenn Personen hinter ihren Meinungen und Handlungen stehen, ist unsere Gemeinschaft sicherer und kann stärker zur Rechenschaft gezogen werden. Aus diesem Grund musst du Folgendes tun: - Denselben Namen verwenden, den du auch im täglichen Leben verwendest."

Der Kläger hatte sich ursprünglich den Profilnamen "..." gegeben. Im März 2018 forderte die Beklagte den Kläger auf, seinen Namen innerhalb der nächsten sieben Tage zu überprüfen. Dem Kläger wurde mitgeteilt, nach Ablauf dieses Zeitraums könne er sich erst wieder anmelden, wenn er seinen Namen aktualisiert habe. Ihm wurde die Frage gestellt: "Ist ... der Name, den du auch im Alltag verwendest?" Unter "Deine Antwort" war folgende Alternative vorgegeben: "Ja, bestätige den Namen" oder "Nein, den Namen ändern". Am 23.03.2018 wurde der Kläger von der Beklagten gesperrt. Nachdem er seinen Profilnamen in "..." geändert hatte, wurde die Sperre am selben Tage aufgehoben.

Mit Anwaltsschreiben vom 26.03.2018 (Anlage K 13) forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung zum 09.04.2018 zur Erklärung darüber auf, dass sie die Klarnamenpflicht aus ihren Nutzungsbedingungen nicht auf ihn anwende, die Änderung des Profilnamens in "..." zulasse und ihn von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten freistelle. Die Beklagte kam diesen Aufforderungen nicht nach.

Mit Schriftsatz vom 16.11.2018 (Bl. ... d.A.), auf dessen Inhalt verwiesen wird, hat der Kläger seine Klage um verschiedene weitere Anträge erweitert.

Das Landgericht hat mit Endurteil vom 02.05.2019 die Klage insgesamt abgewiesen. Die Abweisung des nach der Teilrücknahme der Berufung noch aufrechterhaltenen Antrags hat es im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die unter Ziffer 3 der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten geregelte Klarnamenpflicht sei nicht wegen Verstoßes gegen § 13 Abs. 6 TMG unwirksam, wonach der Diensteanbieter die Nutzung von Telemedien anonym oder unter Pseudonym ermöglichen müsse, soweit dies technisch möglich und zumutbar sei. In diesem Zusammenhang könne dahinstehen, ob die Gesetzesbestimmung überhaupt Anwendung finde. Denn der Beklagten sei eine pseudonyme Nutzung der von ihr angebotenen Dienste jedenfalls im Sinne der Vorschrift nicht zumutbar.

Die Zumutbarkeit sei im Rahmen einer auf den konkreten Fall bezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung zu ermitteln, bei der das Interesse des Anbieters mit dem Recht des Nutzers auf informationelle Selbstbestimmung abzuwägen sei. Der Kläger weise zwar zutreffend darauf hin, dass die Verpflichtung, auf dem eigenen Profil unter dem wahren Namen aufzutreten, nicht erforderlich sei, um einen Nutzer für etwaige Verstöße gegen die Nutzungsbedingungen zur Rechenschaft ziehen zu können. Denn nach allgemeiner Ansicht könne die Beklagte verlangen, dass sich der Nutzer bei der Anmeldung ihr gegenüber identifiziere. Das Interesse der Beklagten erschöpfe sich jedoch nicht darin, eine Identifizierung des Nutzers zwecks Einleitung von repressiven Maßnahmen zu ermöglichen. Vielmehr habe sie ein berechtigtes Interesse daran, dass Nutzer unter ihrem wahren - nicht unbedingt ihrem bürgerlichen - Namen aufträten. Dem Kläger sei zuzugeben, dass ein Agieren unter seinem wahren Namen zur Folge habe, dass seine Äußerungen direkt auf ihn zurückzuführen seien, insbesondere von Personen, die sich für ihn oder seine Äußerungen interessierten. Der Kläger befürchte Repressalien von Vertretern der "linken Szene". Konkrete Vorkommnisse habe er allerdings nicht angeführt. Demgegenüber sei jedoch ein überwi...

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