Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Schadenersatz infolge des Einbaus einer abgasbeeinflussenden Software in die Motorsteuerung des Pkw VW Passat bei Ende 2019 erhobener Klage

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei Käufern eines vom "Dieselskandal" betroffenen Fahrzeugs fällt der individuelle Verjährungsbeginn, d.h. der Zeitpunkt der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Käufers von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners, regelmäßig mit dem unstreitigen Zeitpunkt des allgemeinen Bekanntwerdens des "Dieselskandals" zusammen. (Rn. 9)

2. Bereits im letzten Quartal des Jahres 2015 waren der Öffentlichkeit alle Umstände bekannt geworden, die einem betroffenen Käufer die notwendige Kenntnis im Hinblick auf das von der Herstellerin betriebene "Geschäftsmodell" (bewusste Manipulation von Dieselmotoren in millionenfacher Weise) und deren Folgen (etwa im Maximalfall eine Betriebsstilllegung und damit eine Nutzungsuntersagung wegen Gesetzwidrigkeit) und somit auf die anspruchsbegründenden Umstände des (in Erwägung zu ziehenden) § 826 BGB, hätten vermitteln können. (Rn. 19)

3. Es bleibt unerheblich, dass die Frage, ob die Herstellerin aus § 826 BGB in Anspruch genommen werden kann, in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt wurde und erst seit Mai 2020 eine höchstrichterliche Entscheidung des BGH zu dieser Frage vorliegt. (Rn. 23)

 

Normenkette

BGB §§ 31, 195, 199 Abs. 1, § 204 Abs. 1 Nr. 1, § 214 Abs. 1, §§ 823, 826; EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1; StGB § 263; UWG § 16; ZPO § 522 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Deggendorf (Urteil vom 22.06.2020; Aktenzeichen 23 O 774/19)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Deggendorf vom 22.06.2020, Az. 23 O 774/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 24.09.2020.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt mit am 18.12.2019 erhobener Klage von der Beklagten als Herstellerin des von ihm erworbenen Pkw VW Passat, Schadenersatz infolge des Einbaus einer abgasbeeinflussenden Software in die Motorsteuerung dieses Fahrzeuges. Eine Anmeldung zum Musterfeststellungsverfahren erfolgt von Seiten der Klagepartei nicht.

Das LG Deggendorf wies mit oben genanntem Endurteil vom 22.06.2020 die Klage ab. Dieses Endurteil wurde dem Klägervertreter am 02.07.2020 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 15.07.2020, eingegangen bei Gericht am selben Tag, legt der Kläger gegen dieses Endurteil Berufung ein, welche mit Schriftsatz vom 24.08.2020, eingegangen bei Gericht am selben Tag, begründet wurde.

Der Kläger beantragt in der Berufungsinstanz:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 28.000,00 EUR EUR nebst Zinsen in Höhe von 4% seit dem 10.04.2015 bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit sowie in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen abzüglich einer Nutzungsentschädigung in EUR pro gefahrenen km seit dem 10.04.2015 die sich nach folgender Formel berechnet:

(28.000,00 EUR × gefahrene Kilometer) : 500.000 km Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeuges Volkswagen VW Passat 2,0 l TDI, Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN) ...30, nebst Fahrzeugschlüssel;

2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeuges Volkswagen VW Passat 2,0 l TDI, Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN) ...30, in Annahmeverzug befindet;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klagepartei Schadenersatz zu zahlen für Schäden, die aus der Ausstattung des Fahrzeuges VW Passat 2,0 l TDI, Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN) ...30, mit illegaler Motor Software resultieren.

II. Die Voraussetzungen für die Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO sind gegeben, weil das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern, eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Das Urteil des Landgerichts Deggendorf vom 22.06.2020 begegnet aus Sicht des Senats keinen rechtlichen Bedenken. Der Prüfungsumfang des Berufungsgerichts bemisst sich dabei nach § 529 ZPO, demnach sind die vom Gericht der I. Instanz festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen. Im Hinblick auf die Klageabweisung werden keine neuen berücksichtigungsfähigen Tatsachen im Sinne des § 529 ZPO vorgetragen. Zur Überzeugung des Senats hat Erstgericht die Klage zu Recht abgewiesen.

Entgegen der Ansicht der Berufung hat das Landgericht die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der entscheidende Gesichtspunkt ist, dass die Ansprüche des Klägers bei Klageeinreichung bereits verjährt waren.

Die Voraussetzungen des Verjährungseintritts hat die beklagte Partei darzulegen und zu beweisen hat. Dies kann der Berufung allerdings selbst dann, wenn die klägerische Ansicht zuträfe, dass die Beklagte vorliegend nichts Substanzielles zur Begründung ihrer Einrede vorgebracht habe, nicht zum Erfolg ve...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge