Tenor

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung der

Q AG, J-Straße, #### O,

Antragstellerin,

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte M, B-Straße, ##### T,

gegen die Entscheidung des Bundeskartellamts vom ##.10.2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antragstellerin auch Einsicht in sämtliche um Geschäftsgeheimnisse und interne Vorgänge bereinigte in dem Verfahren B#-###/## vom Bundeskartellamt sichergestellte Asservate zu gewähren ist.

Die Kosten des gerichtlichen Entscheidungsverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Beteiligten trägt die Antragstellerin.

 

Gründe

I.

Das Bundeskartellamt führte ein Kartellordnungswidrigkeitenverfahren gegen mehrere Hersteller von Dekorpapier wegen des Verdachts wettbewerbsbeschränkender Absprachen bzw. abgestimmter Verhaltensweisen bezüglich Preisen und Kapazitätsstilllegungen. Im November 20## durchsuchte das Bundeskartellamt mehrere Betroffene, wobei umfangreiche Asservate sichergestellt wurden. Infolge der Durchsuchung stellten mehrere Betroffene sogenannte Bonusanträge gemäß der Bekanntmachung des Bundeskartellamts Nr. #/2006 über den Erlass und die Reduktion von Geldbußen in Kartellsachen. Im Januar 20## erließ das Bundeskartellamt mehrere Bußgeldbescheide wegen Preis- und Kapazitätsstilllegungsabsprachen u.a. gegen die drei vorgenannten Betroffenen. Das Bundeskartellamt stützte sich dabei auch auf Artikel 101 AEUV. Diese Bußgeldbescheide wurden nicht angegriffen und sind rechtskräftig.

Mit Schreiben vom ##.02.20## beantragte die Antragstellerin beim Bundeskartellamt umfassende Akteneinsicht. Zur Begründung führte sie aus, sie und ihre konzernverbundenen Unternehmen seien Abnehmer der Dekorpapierhersteller und hätten von diesen in den letzten drei Jahren Waren im Wert von mehr als 60 Millionen Euro bezogen. Folglich sei davon auszugehen, dass man kartellbedingt überhöhte Preise für diese Waren bezahlt habe. Die Akteneinsicht diene zur Prüfung und Vorbereitung etwaiger Schadensersatzklagen.

Im Mai 20## übersandte das Bundeskartellamt den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin drei Bußgeldbescheide, die es Ende Januar 20## in diesen Verfahren erlassen hatte, sowie ein Verzeichnis der bei der Durchsuchung im November 20## sichergestellten Beweismittel. Daraufhin beantragte die Antragstellerin Akteneinsicht in sämtliche Unterlagen dieses Verfahrens einschließlich der sichergestellten Beweismittel.

Mit Schreiben vom ##.10.20## setzte das Bundeskartellamt die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin darüber in Kenntnis, dass das Bundeskartellamt beabsichtige, dem Antrag teilweise stattzugeben und die Akteneinsicht auf die um Geschäftsgeheimnisse, interne Unterlagen und Unterlagen im Sinne von Rnr. 22 der Bonusregelung des Bundeskartellamts bereinigte Fassung der Verfahrensakte zu begrenzen. Eine weitergehende Einsicht in die Beweismittel solle nicht gewährt werden.

Gegen diese Entscheidung stellten die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am ##.11.20## Antrag auf gerichtliche Entscheidung.

Mit Beschluss vom ##.02.20## ordnete das Amtsgericht C an, dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin Akteneinsicht zu gewähren in die um Geschäftsgeheimnisse und interne Vorgänge bereinigte Fassung der Verfahrensakte B#-###/## des Bundeskartellamts. Akteneinsicht sei in vorgenanntem Umfang auch in die beigezogenen Asservate zu gewähren.

Nach Anhörungsrüge versetzte das Amtsgericht mit Beschluss vom ##.03.20## das Verfahren in die Lage vor Erlass des vorgenannten Beschlusses vom ##.02.20## zurück.

Mit Beschluss vom ##.08.20## setzte das Amtsgericht C schließlich das Verfahren aus und legte dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften folgende Frage zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts gemäß Artikel 234 EG zur Vorabentscheidung vor: Sind die kartellrechtlichen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere die Artikel 11 und 12 VU Nr. 1/2003 sowie Artikel 10 Abs. 2 i. V. m. Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe g, dahingehend auszulegen, dass Geschädigte eines Kartells zur Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche keine Akteneinsicht in Bonusanträge und von Bonusantragstellern in diesem Zusammenhang freiwillig herausgegebene Informationen und Unterlagen erhalten dürfen, die eine mitgliedstaatliche Wettbewerbsbehörde nach Maßgabe eines nationalen Bonusprogramms im Rahmen eines (auch) auf die Durchsetzung von Artikel 81 EG gerichteten Bußgeldverfahrens erhalten hat?

Nach den Schlussanträgen des Generalanwalts erkannte der Gerichtshof am 14.06.2011 (Rechtssache C-360/09) für Recht, dass die kartellrechtlichen Bestimmungen der Union, insbesondere die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16.12.2002 zur Durchführung der in den Artikeln 101 und 102 AEUV niedergelegten Wettbewerbsregeln, dahin auszulegen seien, dass sie es nicht verbieten, dass eine durch einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht der Union geschädigte und Schadensersatz fordernde Person Zugang zu Dokumenten eines Kronzeugenverfahrens erhält, die den Urheber dieses Verstoßes betreffen. Es sei jed...

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