Nach privaten Bauträgern müssen auch immer mehr sozialorientierte Wohnungsunternehmen beim Bauen und (energetischen) Sanieren auf die Bremse treten – weil es derzeit unwirtschaftlich ist. Allein in Bayern soll im Jahr 2024 jedes 10. Projekt gestrichen werden.

Der Verband bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW Bayern) geht nach einer internen Umfrage davon aus, dass die rund 500 Mitglieder, zu denen hauptsächlich Genossenschaften und kommunale Gesellschaften zählen, im Jahr 2024 mehr als 10 % der ursprünglich geplanten 4.263 neuen Wohnungen streichen werden, beim geförderten Bauen jede 8. neu bauen werden die Firmen voraussichtlich nur 3.778 Wohnungen, teilte der Verband Anfang Dezember mit.

Von der Liste genommen wird außerdem mehr als jede 5. geplante Modernisierung: Von den 2.728 geplanten Vorhaben würden 2.012 in Angriff genommen, hieß es. Gestrichen werden auch 716 energetische Sanierungen. Ein Drittel der verbliebenen Maßnahmen werden im Umfang reduziert.

"Die Unternehmen sehen aufgrund der hohen Kosten keinen Weg mehr, ihre Projekte wirtschaftlich umzusetzen", sagte Verbandsdirektor Hans Maier. Die Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau seien auf einem historischen Tiefpunkt: Baukosten und Finanzierungskosten seien wegen des Anstiegs der Zinsen durch die Decke gegangen.

Wohnungsgenossenschaften: Schlechte Stimmung auch im Norden

Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) sieht in den kommenden 2 bis 3 Jahren rund 1.000 Neubauprojekte seiner Mitgliedsfirmen gefährdet, hieß es auf seiner kürzlich abgehaltenen Mitgliederversammlung. Als Grund wurden auch hier die Baukosten und hohen Zinsen angeführt – plus eine überbordende Bürokratie und überzogene gesetzliche Anforderungen.

"Die sozialen Vermieter wollen qualitativ gute Wohnungen zu bezahlbarer Preisen errichten", sagte Andreas Breitner, Direktor des Verbands, in dem 152 Unternehmen organisiert sind, darunter u. a. 69 Genossenschaften und 72 kommunale Gesellschaften. Sie haben in Mecklenburg-Vorpommern einen Wohnungsbestand von rund 275.000 Wohnungen.

Eine Umfrage zeigt, dass 71 % der VNW-Mitglieder die politische Lage als "schlecht" oder "sehr schlecht" einstuften. "Die sozialen Vermieter, die rund 40 % aller bezahlbaren Mietwohnungen in Norddeutschland anbieten, wissen sich angesichts des Gegenwindes nicht mehr anders zu helfen, als das Geld zusammenzuhalten und auf Neubauten zu verzichten", so Breitner.

Schwerins Bauminister Christian Pegel (SPD) forderte in seiner Rede vor der Mitgliederversammlung die Unternehmen auf, weiter in den Bau bezahlbarer Wohnungen zu investieren. In diesem Jahr stünden öffentliche Fördermittel in Höhe von 95 Mio. EUR für den Neubau und 55 Mio. EUR für die Modernisierung zur Verfügung – im Neubau seien noch 60 Mio. EUR im Topf.

Thüringen: Wohnungswirtschaft will 150 Mio. EUR Förderung

Der Verband der Thüringer Wohnungswirtschaft (vtw) verlangt jährlich mindestens 150 Mio. EUR vom Land für die Förderung von Wohnungsneubau und Sanierung. Ohne einen solchen Betrag könnten angesichts steigender Kosten und Zinsen weniger Wohnungen gebaut oder modernisiert werden, erklärte vtw-Direktor Frank Emrich am 6. Dezember.

Das Geld könnte zusammen mit Zinszuschüssen vom Bund für mehr Aufträge für die kriselnde Bauwirtschaft sorgen. "Gutes und bezahlbares Wohnen ist akut gefährdet, ganz zu schweigen von Klimaneutralität in absehbarer Zeit", so Emrich. Der Verband vertritt vor allem kommunale und genossenschaftliche Wohnungsunternehmen.

Die Verbandsmitglieder in Thüringen prognostizierten, dass nur rund 2 Drittel der für 2024 geplanten Neubauten realisierbar sein werden. 2025 könnte sich dieser Anteil auf 44 % verringern. Zudem werde rund ein Drittel der geplanten Modernisierungsvorhaben in der Qualität reduziert. "Die Wohnungswirtschaft benötigt dringend Investitionssicherheit durch klare und vereinfachte Spielregeln", erklärte Verbandsdirektor Emrich. "Es sieht wirklich dramatisch aus."

Rheinland Westfalen und Südwest: Keine Neubauplanung

Laut einer Umfrage im Juli 2023 wollen auch mehr als die Hälfte (56 %) der 63 Wohnungsunternehmen und Genossenschaften im Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen (VdW Rheinland Westfalen) und des Verbands der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft (VdW Südwest) wegen der schwierigen Marktbedingungen Neubauprojekte zurückstellen – auch konkret geplante Neubauprojekte würden gestoppt.

40 % der Firmen wollen demnach vor dem Hintergrund gestiegener Baukosten und Zinsen, aber auch wegen Lieferengpässen und unerwarteten Änderungen bei Förderprogrammen grundsätzlich keine Neubauplanungen mehr weiterverfolgen.

Auch private Investoren müssen beim Wohnungsbau sparen

Das Düsseldorfer Immobilienunternehmen LEG, zweitgrößter Vermieter in Deutschland, teilte bereits Ende 2022 mit, auf die diversen Krisen mit einer "hohen Kostendisziplin" reagieren zu wollen: Projektentwicklungen würden gestoppt und Investitionen im Wohnungsbestand minimiert.

Branchenprimus Vonovia kündigte im Februar 2023 erstmals an, in...

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