1 Leitsatz

Der Berechtigte eines dinglichen Vorkaufsrechts an einem Wohnungseigentum wird durch die reale Teilung des Grundstücks vor Eintritt des Vorkaufsfalls in seiner dinglichen Rechtsstellung nicht berührt, da sich das Vorkaufsrecht an dem abgeschriebenen, neuen Grundstück fortsetzt. Infolgedessen erfordert die Realteilung für sich genommen nicht die Zustimmung des dinglich Vorkaufsberechtigten.

2 Normenkette

§§ 5, Abs. 4, 9 Abs. 2 WEG

3 Das Problem

Wohnungseigentümer veräußern einen kleinen Teil des in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstücks an das Ehepaar X. In der Kaufvertragsurkunde bewilligen sie und das Ehepaar, "das Sondereigentum samt den dazugehörigen Rechten an dem vertragsgegenständlichen Grundbesitz … aufzuheben". Die Beteiligten legen dar, davon auszugehen, es gebe keinen Vorkaufsfall, obwohl einem V an sämtlichen Wohnungseigentumsrechten jeweils ein Vorkaufsrecht zustehe. Denn die Vorkaufsrechte seien nicht am Grundstück eingetragen. Aus demselben Grund würden die Vorkaufsrechte nicht auf dem neu entstandenen Grundstück lasten. Die Beteiligten beantragen daher die "Abschreibung" der Teilfläche von den Vorkaufsrechten verbunden mit der "Aufhebung des Sondereigentums". AG und OLG weisen diesen Antrag zurück. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde.

4 Die Entscheidung

Mit Erfolg! Der Berechtigte eines dinglichen Vorkaufsrechts an einem Wohnungseigentum werde durch die reale Teilung des Grundstücks vor Eintritt des Vorkaufsfalls in seiner dinglichen Rechtsstellung nicht berührt, da sich das Vorkaufsrecht an dem abgeschriebenen, neuen Grundstück fortsetze. Infolgedessen erfordere die Realteilung für sich genommen nicht die Zustimmung des dinglich Vorkaufsberechtigten. Bei Grundstücken, die in Wohnungseigentum aufgeteilt seien, liege es nicht anders. Durch die Grundbucheintragung werde in Bezug auf die abzuschreibende Teilfläche die bestehende Verbindung der Miteigentumsanteile mit dem Sondereigentum und die Erstreckung der bestehenden Belastungen auf das Sondereigentum (§ 6 Abs. 2 WEG) aufgehoben. Das (jeweilige) Sondereigentum bestehe dagegen unverändert an dem Stammgrundstück fort. Die reale Teilung des Grundstücks unterscheide sich damit nicht wesentlich von derjenigen eines nicht in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstücks. Rechte, mit denen das geteilte Grundstück belastet gewesen sei, bestünden auch in diesem Fall im Grundsatz als Gesamtrecht an den einzelnen Teilen fort, die durch die Teilung zu selbstständigen Grundstücken geworden seien.

5 Hinweis

Problemüberblick

Wohnungseigentum wird durch einen Teilungsvertrag oder eine Teilungserklärung begründet. Dort wird u. a. bestimmt, wie viele Wohnungs- und/oder Teileigentumsrechte es gibt. Ferner wird bestimmt, wie groß die Miteigentumsanteile sind, die dem Sondereigentum an einer Wohnung (§ 1 Abs. 2 WEG) oder dem Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes (§ 1 Abs. 3 WEG) verbunden sind, und welchen Umfang das gemeinschaftliche Eigentum hat (siehe auch § 1 Abs. 5 WEG). Bei diesen ursprünglichen Bestimmungen muss es nicht bleiben. Es ist daher vorstellbar, eine Teilfläche des Grundstücks zu veräußern.

Bloße Realteilung

Der BGH klärt, dass der Berechtigte eines dinglichen Vorkaufsrechts durch die reale Teilung des Grundstücks vor Eintritt des Vorkaufsfalls in seiner dinglichen Rechtsstellung nicht berührt wird. Dies kann man anders sehen. Die Praxis wird sich aber wohl am BGH orientieren.

Was ist für die Verwaltung besonders wichtig?

Ob eine solche Fläche veräußert werden soll, beispielsweise, weil eine Straße verbreitert werden soll, kann weder beschlossen noch vereinbart werden. Denn Verfügungen über das gemeinschaftliche Eigentum sind keine "Verwaltung" i. S. v. § 18 Abs. 1 WEG (Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 1 Rn. 38).

6 Entscheidung

BGH, Beschluss v. 15.6.2023, V ZB 5/22

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