4.4.3.1 Bewertungswahlrecht des eingebrachten Vermögens auf Ebene der Kapitalgesellschaft

 

Rz. 103

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG die übernehmende Kapitalgesellschaft das eingebrachte Vermögen (Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil) zum gemeinen Wert anzusetzen. Pensionsrückstellungen sind gem. § 6a EStG zu bewerten, so dass damit insoweit die Aufdeckung stiller Lasten unterbleibt. Auf Antrag der übernehmenden Gesellschaft[1] kann nach § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG je Einbringenden ein einheitlicher Buchwert- oder Zwischenwertansatz vorgenommen werden. Hierbei besteht keine Bindung an die Handelsbilanz der Kapitalgesellschaft.[2] Vielmehr gilt § 20 UmwStG als selbstständige Bewertungsvorschrift.[3]

 

Rz. 104

Voraussetzungen für einen solchen Antrag sind, dass in Bezug auf das eingebrachte Vermögen soweit

  • sichergestellt ist, dass es später bei der übernehmenden Körperschaft der Besteuerung mit Körperschaftsteuer unterliegt,
  • die Passivposten des eingebrachten Betriebsvermögens (ohne Eigenkapital) die Aktivposten nicht übersteigen,
  • das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung des eingebrachten Betriebsvermögens bei der übernehmenden Gesellschaft nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird und
  • der gemeine Wert von sonstigen Gegenleistungen, die neben den neuen Gesellschaftsanteilen gewährt werden, nicht mehr beträgt als

    • 25 % des Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens oder
    • 500 000 EUR, höchstens jedoch den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens.
[1] § 20 UmwStG räumt dem Einbringenden kein Mitwirkungsrecht bei der Einbringung ein, vgl. 20.21 UmwStE.
[2] Diese ergibt sich auch nicht infolge des Maßgeblichkeitsprinzips des § 5 Abs. 1 EStG.
[3] Vgl. BT-Drucks 16/2710 S. 43, 69.

4.4.3.2 Besteuerung bei der übernehmenden Kapitalgesellschaft als Antragserfordernis

 

Rz. 105

Beispielhaft sei hier aufgeführt, dass diese Voraussetzung dann nicht erfüllt ist, wenn die übernehmende Körperschaft persönlich von der Körperschaftsteuer befreit ist.

4.4.3.3 Positives Vermögen als Antragserfordernis

 

Rz. 106

Übersteigt der Wert der Passivposten nach Abzug des Eigenkapitals den Wert der Aktivposten in der Steuerbilanz, ist eine Zwangsaufstockung insoweit vorzunehmen, dass sich die Aktiv- und Passivposten ausgleichen. Im Ergebnis muss der Wert des eingebrachten Vermögens mindestens 0 EUR betragen. Dies ist notwendig, da der angesetzte Wert auf Ebene der Kapitalgesellschaft gleichzeitig beim Einbringenden die Anschaffungskosten der gewährten Anteile darstellt und diese nicht negativ sein sollen.[1] Hierbei müssen für jeden Einbringungsgegenstand die Voraussetzung erfüllt sein, eine Saldierung mit anderen Einbringungsgegenständen ist unzulässig.[2]

 
Praxis-Beispiel

A und B wollen durch Sacheinlage die X-GmbH gründen. A bringt dazu einen Mitunternehmeranteil an der A&B OHG, sowie einen Mitunternehmeranteil an der A-GbR ein. B hingegen bringt seinen Mitunternehmeranteil an der A&B OHG ein. Der Mitunternehmeranteil des A an der OHG weist ein negatives Kapital von ./.100 auf, während sowohl der Mitunternehmeranteil des B (+110) als auch der Anteil des A an der A-GbR (+120) positiv ist.

Für den Mitunternehmeranteil des B an der OHG und den Anteil des A an der A-GbR sind die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG erfüllt und soweit kann die X-GmbH das Vermögen mit dem Buchwert ansetzen. Hinsichtlich des negativen Mitunternehmeranteils des A an der OHG, ist dieses weder mit dem Anteil des B noch mit seinem eigenen Anteil an der A-GbR zu saldieren. Soweit sind i. H. v. 100 die stillen Reserven aufzudecken. Es findet insoweit eine quotale Aufstockung statt.

[1] Vgl. Nitzschke, in Brandis/Heuermann, UmwStG, § 20 Rz. 82, Stand: 11/2023.

4.4.3.4 Kein Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts als Antragserfordernis

 

Rz. 107

Ausgeschlossen oder beschränkt wird das deutsche Besteuerungsrecht u. U. etwa bei Vorliegen eines Auslandsbezugs – z. B. Verlust des Besteuerungsrechts durch DBA.

Dies wäre z. B. der Fall, wenn vor der Einbringung ein Besteuerungsrecht ohne Anrechnungsverpflichtung bestand und nachher kein oder ein Besteuerungsrecht mit Anrechnungsverpflichtung besteht. Denkbar wäre auch, dass vor der Einbringung ein Besteuerungsrecht mit Anrechnungsverpflichtung bestand und nachher kein Besteuerungsrecht besteht.

 
Praxis-Beispiel

Der in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Einzelunternehmer E unterhält ein Warenlager in einem DBA-Staat und nach dem DBA hat Deutschland insoweit das Besteuerungsrecht. Im Rahmen einer Teilbetriebseinbringung i. S. d. § 20 Abs. 1 UmwStG wird auch dieses Warenlager in eine ausländische EU-/EWR-Kapitalgesellschaft eingebracht.

Lösung: Durch die Einbringung entfällt hinsichtlich des Warenlagers das deutsche Besteuerungsrecht, sodass das Warenlager (unabhängig davon, wie die übrige Einbringung sich gestaltet) mit dem gemeinen Wert anzusetzen ist, § 20 Abs. 2 UmwStG.

Hatte Deutschland vor der Einbringung kein Besteuerungsrecht, kann es auch nicht wegfallen oder beschränkt werden. Insoweit kann auf Gesellschaftsebene ein Wertansatz unter dem gemeinen Wert gewählt werden.

4.4.3.5 Begrenzung der Gegenleistung als Antragserfordernis

 

Rz. 108

Soweit der gemeine Wert von sonstigen Gegenleistungen, die neben den neuen...

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