Rz. 30

Die ErbSt-Belastung muss innerhalb der letzten fünf Vz stattgefunden haben ("im Vz oder in den vorangegangenen vier Vz"). Hierbei ist die Entstehung der ErbSt maßgeblich, unabhängig davon, wann sie festgesetzt wird.[1] Die ErbSt entsteht bei Erwerben von Todes wegen stichtagsbezogen mit dem Tod des Erblassers (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Je nach Zeitpunkt des Erbfalls kann der Zeitraum für die Realisierung der ESt-Schuld vier oder fünf Zeitjahre betragen.

 
Praxis-Beispiel

Todeszeitpunkt und Realisierung der ESt-Schuld

Vz 2019: Tod des Erblassers a) am 1.1.2019; b) am 31.12.2019

Vz 2023: Mit Ablauf des 31.12.2023 entsteht die ESt

Der Begünstigungszeitraum beträgt bei a) fünf Zeitjahre und bei b) vier Zeitjahre.

 

Rz. 31

Bei einem abweichenden Wj. kann sich der Begünstigungszeitraum wegen § 4a Abs. 2 EStG noch verändern.[2]

 

Rz. 32

Liegen zwischen ErbSt- und ESt-Entstehung mehr als fünf Vz, kommt eine Ermäßigung nicht mehr in Betracht. Scheidet die Anwendbarkeit bei unverschuldeter Unmöglichkeit aus (z. B. bei Erstellung des Erbscheins sechs Jahre nach Tod des Erblassers), verbleibt dem Stpfl. nur die Möglichkeit, sich an die Verantwortlichen zu wenden, z. B. an einen sich offenkundig rechtswidrig auf die Erbenstellung berufenden Dritten oder im Wege der Amtshaftung gegen untätige Gerichte bzw. Behörden und den Schaden von diesen ersetzt zu verlangen.[3] Dass der Begünstigungszeitraum nicht mit den Sieben- und Zehn-Jahres-Fristen anderer erbschaftsteuerlicher Steuerbefreiungen (§§ 13a, 19a ErbStG) übereinstimmt, wird im Schrifttum kritisiert[4], weil dadurch bei einer späteren Nachversteuerung keine Steuerermäßigung mehr nach § 35b EStG in Anspruch genommen werden kann.

 

Rz. 33

Die Anwendung von § 35b EStG ist antragsabhängig. Für den Antrag ist das Wohnsitz-FA zuständig, weil es um die ESt-Veranlagung geht. Auch nicht erklärungspflichtige Stpfl. können durch die Abgabe einer ESt-Erklärung die Steuerermäßigung in Anspruch nehmen (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG). Der Antrag kann formlos gestellt werden, aber auch in der ESt-Erklärung (Anlage Sonstiges, Zeilen 4 bis 8). Das Gesetz normiert keine Frist für die Antragsstellung, sodass der Antrag bis zur materiellen und formellen Bestandskraft des entsprechenden Vz nachgeholt werden kann, auch im Einspruchs- oder im Klageverfahren vor dem FG. Für das Revisionsverfahren vor dem BFH gilt das nicht, weil es sich um eine nicht zu berücksichtigende neue Tatsache handeln würde (§ 118 Abs. 2 FGO). Die Gewährung der Steuerermäßigung wird nicht von Amts wegen geprüft.[5]

[2] Schallmoser, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 35b EStG Rz. 31.
[4] Zimmermann, in Lademann, EStG, § 35b EStG Rz. 17, 33, 45.
[5] Krit. dazu Zimmermann, in Lademann, EStG, § 35b EStG Rz. 17, 34.

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