Kryptowährungen: Was Steuerberater wissen sollten

Elon Musk sorgt wieder einmal für Furore: Tesla investiert 1,5 Milliarden Dollar in Bitcoins. Spätestens jetzt wird das Thema auch für andere Unternehmen interessant, denn Musk gibt den Takt vor. Für Steuerberater heißt das, dass sie sich mit Kryptowährungen auseinandersetzen sollten. Warum das Wissen darum für Steuerberater lohnend sein kann, erklärt Krypto-Experte Werner Hoffmann.

Herr Hoffmann, Sie bieten mit Ihrem Unternehmen Pekuna Gutachten und Wertermittlungen für den Bereich Kryptowährung an. Wie sind Sie mit dem Thema Kryptowährung in Berührung gekommen?  

Werner Hoffmann: Das hat mit meinem beruflichen Werdegang zu tun: Ich habe nach meinem Steuerrechtsstudium in der IT-Abteilung des Bayrischen Landesamt für Steuern gearbeitet und habe mich in der Zeit immer stärker für Software und Programmieren interessiert. So sehr, dass ich irgendwann meinen Job reduziert und mit einem Informatikstudium begonnen habe. Mit Kryptowährungen kam ich dann fast automatisch in Berührung, vor allem durch die Auseinandersetzung mit Datensicherheit, Privacy und Datenschutz. Das war sehr spannend für mich, denn beim Thema Kryptowährungen konnte ich mein Interesse an Finanzen mit der Leidenschaft für Technologie verbinden.

Grundsätzlich ist eine Kryptowährung jedes währungsähnliche Asset, das in einer Blockchain abgelegt ist.


Können Sie erklären, was Kryptowährungen sind?

Darauf gibt es keine leichte Antwort. Im Allgemeinen werden Kryptowährungen definiert als alles, was über eine Blockchain läuft und versucht einen Währungscharakter abzubilden. Eine Blockchain ist eine Technologie zum Speichern von Daten, die sehr viele spannende Vorteile bietet und mit der ersten Kryptowährung „Bitcoin“ erfunden wurde. Mittlerweile wird sie auch für andere Dinge verwendet. Das heißt, nicht alles was auf einer Blockchain ist, ist automatisch eine Kryptowährung. Dennoch sollte jede Kryptowährung auf einer Blockchain laufen, wobei es auch da Abweichungen gibt.  Aber grundsätzlich ist eine Kryptowährung jedes währungsähnliche Asset, das in einer Blockchain abgelegt ist.

Sie haben aus Ihrer Leidenschaft für Kryptowährungen ein Geschäftsmodell gemacht und gemeinsam mit Constantin Steininger die Pekuna GmbH gegründet. Ihre Zielgruppe sind Steuerberater und Kryptoanleger. Warum sollten sich Steuerberater mit dem Thema auseinandersetzen?

Zum einen, weil sich Steuerberater in diesem Bereich positionieren und so Neumandate gewinnen können.  Momentan gibt es in Deutschland kaum Steuerberater, die sich mit dem Thema auskennen oder es überhaupt nur anbieten. Sie müssen sich aus unserer Sicht auch nicht komplett damit auskennen. Das übernimmt Pekuna.  Wir sagen: „Ihr übernehmt den Teil, den ihr immer macht und die steuerliche Aufbereitung der Daten übernehmen wir.“

Wer auf der Suche nach Mandaten ist, für den sind Kryptowährungen ein sehr interessantes Thema.


Gibt es denn viele Mandanten, die Steuerberater auf diesem Gebiet suchen?

Die Nachfrage ist da. Wir haben viele potenzielle Mandanten, die wir gar nicht an Steuerberater vermittelt bekommen. Wer auf der Suche nach Mandaten ist, für den sind Kryptowährungen ein sehr interessantes Thema. Auch für das Employer Branding kann die Auseinandersetzung damit interessant sein. Kanzleien können ihren Mitarbeitern anbieten, sie darin zu schulen. Das ist nicht in jeder Kanzlei zu finden.

Dazu kommt: Auch Bestandsmandate werden Kryptowährungen aufnehmen, sowohl im Privat- als auch im Firmenbereich. Spätestens dann, wenn man Mandate nicht verlieren will, ist es für Steuerberater interessant, sich mit Kryptowährungen zu beschäftigen.

Werner Hoffmann Pekuna

Was sind die grundlegenden steuerlichen Unterschiede bei den verschiedenen Arten von Kryptowährungen?

Momentan packen wir die alle noch in einen Topf. Das liegt aber auch daran, dass es vom Bundesfinanzministerium noch keine Informationen dazu gibt, wie das BMF oder die Finanzverwaltungen Kryptowährungen einordnen. Bisher gibt es ein paar Guidelines, aber im Endeffekt packen wir fast alles unter die privaten Veräußerungsgeschäfte. Demnach wird alles als Wirtschaftsgut angesehen und dementsprechend im §23 EStG angesiedelt.

Sprich, die Bitcoins sind nach einem Jahr Haltefrist im Privatvermögen steuerfrei und wenn sie eine Art Dividende ausschütten sind sie es nach zehn Jahren?

So einfach ist es nicht, weil es in diesem Fall noch keine Regulierungen gibt. Es gibt den Gesetzeswortlaut, der besagt, dass sich die Haltefrist auf zehn Jahre verlängert, wenn mit diesen Wirtschaftsgütern Einkünfte erzielt werden. Andererseits gibt es auch ein BFH-Urteil, das sagt, dass das bei Zinseinkünften nicht der Fall ist.

Es gibt keine Guidelines, die beschreiben, wie Kryptowährungen dargestellt werden müssen.


Stichwort Regulierung: Wie dokumentiert man einen Kauf, Verkauf oder die Ausschüttung von Kryptowährungen?

Die Menschen, die mit Aktien handeln, sind es gewohnt, dass sie am Ende des Jahres von der Bank eine Bankbestätigung bekommen, in der alles schön aufgelistet ist. Der Steuerberater ist es gewohnt, dass er diese eine Bescheinigung in die Anlage „Kap“ eintippt. Das ist leider im Bereich Kryptowährung nicht der Fall. Es ist tatsächlich ein größeres Problem, diese Daten zu bekommen und sie aufzubereiten. Es gibt keine Guidelines, die beschreiben, wie Kryptowährungen dargestellt werden müssen.

Es gibt die allgemeinen Mitwirkungspflichten und es gibt die erweiterten Mitwirkungspflichten. Im Kryptobereich bewegen wir uns höchstwahrscheinlich im Bereich der erweiterten Mitwirkungspflichten, insbesondere da es immer wieder um Auslandszusammenhänge geht. Besonders schwere Mitteilungsmöglichkeiten kann man hier auch unterstellen. Dadurch gibt es eine erweiterte Mitwirkungspflicht des Steuerbürgers. Eine gute Dokumentation ist deshalb das A und O mit einer Einzelpostenauflistung für jede Transaktion. Das kann Pekuna dem Finanzamt in unserem Gutachten abliefern: Alle Anfangsbestände, alle Transaktionen und Endbestände.

Wie bewahrt man Kryptowährungen auf?

Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten. Es gibt den Begriff „Wallet“. Die Wallet ist sozusagen der Datenspeicher, der direkt auf der Blockchain liegt. Die Blockchain-Enthusiasten würden sagen, dass alles unbedingt auf eigenen Wallets liegen muss. Die, die es lieber ein bisschen einfacher haben wollen, sind auf einer Exchange. Sprich: Sie sind auf einer Börse angemeldet und haben eine Broker-App, auf der die Dinge verwaltet sind.

An einer Blockchain ist das Besondere, dass diese zwar pseudonymisiert, aber nicht anonym ist. Das heißt, in der Blockchain kann alles nachvollzogen werden bis auf die Namen der Personen. Sobald man allerdings zu einer Wallet oder einer Transaktion einen Namen hat, könnte man auch diesen nachvollziehen. Es ist also nicht ratsam zu versuchen, unter dem Radar der Steuerfahndung Bitcoin-Geschäfte zu betreiben.  

Sollte es zu einer Steuerprüfung kommen, sowohl im privaten als auch im betrieblichen Bereich, bräuchten die Prüfer aber einen Zugriff auf die jeweilige Wallet, um zu schauen, was im Besitz liegt, oder?

Dafür reicht sogar die Adresse. Sie ist so etwas wie eine Kontonummer und bietet einen Einblick in die Wallet.

Allerdings könnte eine Person auch nur eine Wallet angeben und zehn weitere besitzen. Dann ist die Finanzverwaltung doch stark auf die Mitwirkung des Steuerpflichtigen angewiesen?

Ja. Deshalb gibt es die Argumentation, dass es im Bereich dieser Blockchain-Technologien ein Vollzugsdefizit gibt, weil eben alles verschlüsselt ist, die Zuordnung nicht einfach zu machen ist und daher der Staat niemals sicherstellen kann, dass eine Gleichmäßigkeit der Besteuerung besteht. Es gibt eben keine Banken, keine zentralen Einheiten, die man dazu verpflichten könnte. Damit ist die gesamte Besteuerung von Kryptowährungen eigentlich verfassungswidrig. Das ist ein sehr gutes Argument für einen Einspruch und es gibt bereits ein anhängiges Musterverfahren. Wir haben jetzt schon mit der Einjahresfrist eine Regulatorik, die den Handelnden sehr zugute kommt.

Der aktuell häufigste Fall, bei dem Kryptowährungen auftauchen und staatlich überwacht werden, sind die Geldwäschegesetze.


Zudem gibt es noch andere Regelungen, bei denen dieser Gesamtfall aufgerollt werden könnte. Der aktuell häufigste Fall, bei dem Kryptowährungen auftauchen und staatlich überwacht werden, sind die Geldwäschegesetze. Wenn jemand größere Beträge aus dem Ausland auf sein Konto überwiesen bekommt, sind die Banken dazu verpflichtet nach dem Geldwäschegesetz Nachforschungen zu betreiben. Wenn sie sehen, dass die Beträge aus einem Handel mit Kryptowährung entstanden sind, geben sie diese Meldung weiter an die BaFin und an die Finanzämter. Es gibt eine harte Grenze von zehntausend Euro, aber in begründeten Verdachtsfällen, sind diese zehntausend keine magische Grenze. Wir hatten auch schon mit Fällen zu tun, da ging es um zweitausend Euro und das ist gerade im Bereich Kryptowährung kein hoher Betrag.  Wenn das Finanzamt Fragen zu den Krypto-Geschäften stellt, man nicht weiß, was dieses bereits weiß und was angegeben werden muss und man unter Umständen etwas Falsches angibt, begeht man Steuerhinterziehung.

Aber die Finanzämter haben nicht nur über das Geldwäschegesetz einen Hebel, sondern auch mit der Geldverkehrsrechnung. Die Finanzämter haben sehr viele Daten, die sie miteinander abgleichen. Wenn ein Student sich eine Villa am Starnberger See kauft, wird das Finanzamt irgendwann nachfragen: „Wo kommt eigentlich dieses Geld her?“ und wenn man da keine gute Antwort hat, ist das problematisch. Das wird in der Krypto-Szene aktuell noch zu oft vergessen.

Bisher haben wir viel über Privatvermögen, also §23 EStG, gesprochen. Gibt es denn Ihnen bekannte Fälle, bei denen Kryptowährungen auch im Betriebsvermögen gehalten werden?

Ja, wir haben einige Kunden, die Kryptowährungen zu ihrem Betriebsvermögen zählen. Manche sehen es als reines Investment. Dann ist es Teil des Anlagevermögens und muss bewertet werden.

Es gibt aber auch Unternehmen, die tief in der Krypto-Szene verankert sind. Sie betreiben aktiv Mining, sind Staking-Anbieter, verkaufen irgendwelche Services rund um Kryptowährungen und haben dann natürlich auch Geldflüsse in Kryptowährungen. Wir betreuen auch Personen, die in Kryptowährungen bezahlt werden, da sind wir dann wieder im Privatbereich, aber auch hierfür sind natürlich erstmal Mittel im Betriebsvermögen nötig. Außerdem gibt es Unternehmen, die Kryptowährungen als Zahlungsmittel entgegennehmen, hierzu gehören z.B. auch wir mit Pekuna.

Die Begriffe Mining und Staking sind sicherlich nicht jedem Steuerberater bekannt. Können Sie hier eine kurze Definition geben?

Mining und Staking sind beides Algorithmen, die entscheiden, wie in der Blockchain neue Transaktionen hinzugefügt werden. Die Blockchain ist ein Datenspeicher. Wenn ich eine Überweisung von Person A an Person B habe, muss ich diese dem Datenspeicher hinzufügen. Das große Problem von jedem Datenspeicher ist die Frage, welchen Informationen vertraut werden kann. Gerade wenn der Datenspeicher verteilt ist und mehrere Netzwerke mit dabei sind, die alle sagen, dass sie vertrauenswürdig sind. Man muss also definieren, wann ein Netzwerkvertrauenswürdig ist und was in die Blockchain aufgenommen werden kann. Hier kommen diese beiden Algorithmen ins Spiel.

Beim Mining geht es darum, dass dem Computer, der am meisten Rechenleistung in das Netzwerk einbringt, vertraut wird. Jemand, der viel für das Netzwerk arbeitet, also hohe Leistung bringt, komplexe Rechenaufgaben lösen kann und außerdem in der entsprechenden Kryptowährung bezahlt wird, der ist wohl am vertrauenswürdigsten. Das ist der Mining-Algorithmus.

Der Staking-Algorithmus geht anders vor und schaut nicht auf die Leistung des Rechners, sondern darauf, wer am meisten Pfand, einen sogenannten Stake, hinterlegt hat. Er unterstellt, dass das Netzwerk mit einem hohen Stake ein großes Interesse daran hat, dass Transaktionen und Abfolgen korrekt sind. Sind sie das nicht, würde die ganze Blockchain an Wert verlieren und der Stake, also der Anteil daran, würde sinken. Die Rechner, die diesen Stake halten beziehungsweise die Personen, die dahinterstehen, werden für diese Rechenleistung bezahlt und zwar in Kryptowährungen. Ebenso beim Mining.

Dieses Angebot ist aber, wenn man es auf das deutsche Steuerrecht herunterbricht, keine private, sondern bereits eine gewerbliche Tätigkeit?

Genau, da befinden wir uns dann je nach Art und Umfang meist im gewerblichen Bereich. Wir hatten aber auch schon den Fall, dass das Finanzamt bei einem unserer Kunden diese Tätigkeit als Liebhaberei eingestuft hat. Das haben wir natürlich gerne angenommen.

Bei der Frage, wie Steuerberater an die Daten gelangen, sind sie stark auf die Mitarbeit des Mandanten angewiesen.


Was sind denn neben der Dokumentation von Verkaufszeitpunkten weitere Hürden, die Steuerberater überwinden müssen, wenn sie die Mandanten im Bereich Kryptowährungen beraten?

Eine ist wahrscheinlich bereits vielen, die bisher gelesen haben, aufgefallen: Es gibt eine eigene Sprache beziehungsweise viele Fachbegriffe. Das ist die erste Einstiegsschwierigkeit, die die Steuerberater bei der ganzen Thematik haben. Sie müssen zunächst ihre Mandanten verstehen. Allerdings kann man sich dieses Wissen, zum Beispiel mit unseren Online-Seminaren, schnell aneignen.

Das nächste große Problem ist die Frage, wie Steuerberater an die Daten gelangen. Hier sind sie stark auf die Mitarbeit des Mandanten angewiesen.

Was ist Ihre persönliche Meinung, wie wird sich das Thema Kryptowährungen, insbesondere in Bezug auf Steuern, entwickeln?

Ich möchte das Thema gerne weiter fassen und auch die Blockchain in meine Bewertung mitaufnehmen. Denn es wird noch spannend zu sehen sein, was alles auf einer Blockchain abgebildet werden kann. In der Bundesregierung ist zum Beispiel das E-Wertpapiergesetz in der Diskussion. Auch steuerlich gibt es im Bereich Blockchain Ecken, die noch niemand betrachtet. Es wird aber noch einiges an Regulierung nötig sein. Ich hoffe sehr, dass wir in Deutschland bald etwas mehr Klarheit dazu haben werden. Aktuell wäre jede Regulierung besser als gar keine. Wir haben Kunden, die überlegen, ins Ausland abzuwandern, weil die Regulatorik in Deutschland so schlecht ist.

Aber grundsätzlich sehe ich ein starkes Wachstum am Markt. Allerdings werden die Anwendungsfälle erst explodieren, wenn die Blockchain und wenn Kryptowährungen aus diesem Hype-Zyklus raus sind und ein anderes Fundament bekommen. Dann wird sich zeigen, was alles mit der Blockchain möglich ist.


Zur Person

Werner Hoffmann ist Mitgründer der Pekuna GmbH, einem Gutachter zur steuerlichen Aufbereitung von Transaktionen mit Kryptowährungen. Er hat sowohl einen Abschluss in Steuerrecht wie auch Informatik. Er ist an Kryptowährungen seit 2014 interessiert und ist selbst aktiver Anleger. Den Großteil seiner beruflichen Karriere hat er an der Schnittstelle zwischen Steuerrecht und Informatik gearbeitet. Zuerst als Entwickler beim Bayerischen Landesamt für Steuern im Bereich Risiko Management Systeme, danach als technischer Produktmanager bei Taxfix, bevor er Pekuna gegründet hat.

Schlagworte zum Thema:  Bitcoin, Kanzleimanagement, Digitalisierung