BMF, 23.2.2016, III C 2 - S 7208/11/10001

Bezug: BFH-Urteil vom 7.10.2010, V R 4/10, BFH-Urteil vom 19.6.2011, XI R 8/09, BFH-Urteil vom 5.6.2014, XI R 44/12
 

I. Deckelung der Bemessungsgrundlage auf marktübliches Entgelt

Der EuGH (Urteil vom 29.5.1997, C-63/96, Skripalle, BStBl 1997 II S. 841) sowie nachfolgend der BFH (Urteile vom 8.10.1997, XI R 8/86, BStBl 1997 II S. 840, vom 7.10.2010, V R 4/10, BStBl 2016 II S. xxx, und vom 19.6.2011, XI R 8/09, BStBl 2016 II S. xxx) haben entschieden, dass die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 UStG voraussetzt, dass die Gefahr von Steuerhinterziehung oder -umgehungen besteht. Hieran fehlt es im Ergebnis, wenn die Umsatzsteuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen an eine in § 10 Abs. 5 UStG benannte Person höher wäre als für vergleichbare Umsätze mit Endverbrauchern. Insoweit ist der Umsatz höchstens nach dem marktüblichen Entgelt zu bemessen. Mit dem KroatienAnpG zum 31.7.2014 wurde die von der Rechtsprechung vorgegebene Deckelung der Umsatzbesteuerung auf das marktübliche Entgelt in § 10 Abs. 5 UStG verankert. Die in diesem Zusammenhang stehenden BFH-Urteile vom 7.10.2010, V R 4/10, und vom 19.6.2011, XI R 8/09, werden zeitgleich veröffentlicht. Im Nachfolgenden wird die aktuelle Verwaltungsauffassung in Abschnitt 10.7 Abs. 1 UStAE entsprechend angepasst.

 

II. Grundsätze des BFH-Urteils vom 5.6.2014, XI R 44/12

Nach den Grundsätzen des BFH-Urteils findet die Mindestbemessungsgrundlage bei Leistungen an einen zum vollen Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer jedenfalls dann keine Anwendung, wenn der vom Leistungsempfänger in Anspruch genommene Vorsteuerabzug keiner Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG unterliegt. Zur Begründung führt der BFH aus, dass § 10 Abs. 5 UStG als abweichende nationale Sondermaßnahme zur Verhütung von Steuerhinterziehungen und -umgehungen eng auszulegen ist und nur angewandt werden darf, soweit dies hierfür unbedingt erforderlich ist (Rz. 28).

 

III. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses

Unter Bezugnahme auf die BFH-Urteile vom 7.10.2010, V R 4/10, vom 19.6.2011, XI R 8/09, und vom 5.6.2014, XI R 44/12, und auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1.10.2010, BStBl 2010 I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 16.2.2016, III C 3 – S 7359/10/10003 (2016/0112341), BStBl 2016 I S. xxx, geändert worden ist, in Abschnitt 10.7 wie folgt geändert:

1. Absatz 1 wird wie folgt geändert:

  1. Satz 1 Nr. 1 wird wie folgt gefasst:

    „Umsätze der in § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG genannten Vereinigungen an ihre Anteilseigner, Gesellschafter, Mitglieder und Teilhaber oder diesen nahestehenden Personen (vgl. Beispiele 2 und 3);”

  2. Die Sätze 4 und 5 und die nachfolgenden Beispiele werden wie folgt gefasst:

    4Die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage setzt voraus, dass die Gefahr einer Steuerhinterziehung oder -umgehung besteht (vgl. BFH-Urteil vom 8.10.1997, XI R 8/86, BStBl 1997 II S. 840, und EuGH-Urteil vom 29.5.1997, C-63/96, Skripalle, BStBl 1997 II S. 841). 5Hieran fehlt es, wenn das vereinbarte Entgelt dem marktüblichen Entgelt entspricht oder der Unternehmer seine Leistung in Höhe des marktüblichen Entgelts versteuert (vgl. BFH-Urteil vom 7.10.2010, V R 4/10, BStBl 2016 II S. XXX). 6Insoweit ist der Umsatz höchstens nach dem marktüblichen Entgelt zu bemessen. 7Marktübliches Entgelt ist der gesamte Betrag, den ein Leistungsempfänger an einen Unternehmer unter Berücksichtigung der Handelsstufe zahlen müsste, um die betreffende Leistung zu diesem Zeitpunkt unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs zu erhalten. 8Dies gilt auch bei Dienstleistungen z.B. in Form der Überlassung von Leasingfahrzeugen an Arbeitnehmer. 9Sonderkonditionen für besondere Gruppen von Kunden oder Sonderkonditionen für Mitarbeiter und Führungskräfte anderer Arbeitgeber haben daher keine Auswirkung auf das marktübliche Entgelt. 10Das marktübliche Entgelt wird durch im Einzelfall gewährte Zuschüsse nicht gemindert. 11Das Vorliegen und die Höhe eines die Mindestbemessungsgrundlage mindernden marktüblichen Entgelts ist vom Unternehmer darzulegen.

Beispiel 1:

Fall Vereinbartes Entgelt Marktübliches Entgelt Wert nach § 10 Abs. 4 UStG Bemessungsgrundlage
1 10 20 15 15
2 12 10 15 12
3 12 12 15 12
4 10 12 15 12

Beispiel 2:

1Eine KG überlässt einem ihrer Gesellschafter einen firmeneigenen Personenkraftwagen zur privaten Nutzung. 2Sie belastet in der allgemeinen kaufmännischen Buchführung das Privatkonto des Gesellschafters im Kalenderjahr mit 2.400 EUR. 3Der auf die private Nutzung des Pkw entfallende Anteil an den zum Vorsteuerabzug berechtigten Ausgaben (z.B. Anschaffungs- oder Herstellungskosten verteilt auf den maßgeblichen Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG, Kraftstoff, Öl, Reparaturen) beträgt jedoch 3.600 EUR.

a) 1Die marktübliche Miete für den PKW beträgt 4.500 EUR für das Kalenderjahr.

2Das vom Gesellschafter durch Belastung seines Privatkontos entrichtete Entgelt ist niedr...

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