Leitsatz (amtlich)

Die Erträge einer (weiterhin) gewerblich tätigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts unterliegen auch dann in vollem Umfang der Gewerbesteuer, wenn ein Teilbetrieb verpachtet wird (Abgrenzung zu den BFH-Urteilen vom 13. November 1963 GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124, und vom 5. Oktober 1976 VIII R 62/72, BFHE 120, 257, BStBl II 1977, 42).

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 2 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist im Rahmen der Gewerbesteuermeßbetragsfestsetzung 1970, ob der Ertrag einer gewerblich tätigen Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GdbR) aus der Verpachtung eines Hotels der Gewerbesteuer unterliegt.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GdbR, betrieb zwei Hotels, das Haus A und seit 1954 das im selben Ort gelegene Haus B. Ab 1. Januar 1970 verpachtete die Klägerin das Haus B. Nach dem Pachtvertrag wurden das gesamte Wirtschaftszubehör sowie die Fremdenzimmereinrichtungen mitverpachtet. Das bewegliche Inventar und das Wirtschaftszubehör gehen nach Ablauf von zehn Jahren in das Eigentum der Pächter über. Während dieses Zeitraumes haben sie dafür eine monatliche Ratenzahlung von 500 DM zu leisten. Der Pachtvertrag kann erstmals nach zehn Jahren und danach zum jeweils folgenden Jahresende gekündigt werden. Der Pachtzins beträgt monatlich 2 500 DM.

Die Klägerin aktivierte Grundstück und Gebäude des Hauses B in der Bilanz auf den 31. Dezember 1970. Sie beantragte, den Gewerbeertrag um den anteiligen Gewinn aus der Verpachtung des Hauses B zu kürzen. Die Klägerin ist der Auffassung, bei dem Haus B handele es sich um einen sogenannten ruhenden Gewerbebetrieb. Die Einkünfte aus dem Pachtverhältnis unterlägen daher nicht der Gewerbesteuer. Der Beklagte und Revisionskläger (FA) versagte die Kürzung des Gewerbeertrags mit der Begründung, das Inventar sei nicht verpachtet, sondern veräußert worden und gehöre (neben dem Gebäude) zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen, so daß die Voraussetzungen für die Annahme eines ruhenden Gewerbebetriebes nicht vorlägen.

Den Einspruch wies das FA zurück. Die Klage hatte Erfolg. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das FG im wesentlichen aus: Die Gewerbesteuerpflicht der Klägerin sei hinsichtlich des Betriebes Haus B erloschen, weil es sich i. S. des Urteils des BFH vom 13. November 1963 GrS 1/63 (BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124) um eine Betriebsverpachtung im ganzen handle. Das verpachtete Hotelgebäude sei derart eindeutig auf einen Beherbergungsbetrieb zugeschnitten, daß es allein, eventuell zusammen mit dem Kundenstamm, jedoch ohne das Inventar, als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen sei. Es könne infolgedessen kein Zweifel daran bestehen, daß die Klägerin nach Ablauf der Pacht das Haus B ohne weiteres wieder in Eigenbewirtschaftung übernehmen und den alten Betrieb fortführen könne.

Zur Begründung der Revision, mit der das FA die Verletzung materiellen Rechts rügt, trägt es im wesentlichen vor: Die sachliche Steuerpflicht der Klägerin bestimme sich nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG. Bis zur Verpachtung des Hauses B seien beide Hotels der Klägerin als Teilbetriebe eines einheitlichen gewerblichen Unternehmens behandelt worden. Die Klägerin setzte ihre gewerbliche Tätigkeit durch die Fortführung des einen Hotels und durch die Verpachtung des anderen fort. Beide Gesellschafter der Klägerin seien als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebes anzusehen. Die gesamte Tätigkeit, also auch die Verpachtung, stelle kraft der Rechtsform der Klägerin ein einheitliches gewerbliches Unternehmen dar. Das FG habe deshalb unter Verletzung des § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG die sachliche Steuerpflicht für den verpachteten Teil des Unternehmens verneint. Ferner habe das FG verkannt, was nach der Rechtsprechung des BFH als wesentliche Grundlage eines Hotels anzusehen sei. Der BFH habe im Urteil vom 12. April 1967 VI R 240/66 (BFHE 88, 417, BStBl III 1967, 420) - allerdings für den Fall der völligen Einstellung eines Hotelbetriebes - die Auffassung vertreten, daß ein Grundstück für sich allein kein "ruhender" Gewerbebetrieb sein könne.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage. Der (anteilige) Gewinn aus der Verpachtung des Hauses B unterliegt der Gewerbesteuer.

1. Personengesellschaften werden vom Gesetz gewerbesteuerrechtlich als Steuersubjekte behandelt (BFH-Urteil vom 22. November 1972 I R 252/70, BFHE 108, 208, BStBl II 1973, 405). Die an ihre Rechtsform geknüpfte Gewerbesteuerpflicht ist von der Voraussetzung abhängig, daß die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebes anzusehen sind. Demnach können Personengesellschaften nur dann gewerbesteuerpflichtig sein, wenn sie einen Gewerbebetrieb unterhalten (BFH-Urteil I R 252/70 mit weiteren Nachweisen). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, gilt nach § 2 Abs. 2 die Tätigkeit der Gesellschaft "stets und in vollem Umfang" als Gewerbebetrieb. Das bedeutet nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, daß von einer Personengesellschaft ausgeübte verschiedene, ihrer Natur nach teils gewerbliche und teils nicht gewerbliche Tätigkeiten nicht getrennt beurteilt werden dürfen, sondern unterschiedslos als Bestandteil des Gewerbebetriebes zu behandeln sind (BFH-Urteile vom 9. Juli 1964 IV 427/62 U, BFHE 80, 154, BStBl III 1964, 530 unter 3.; vom 25. Mai 1977 I R 93/75, BFHE 122, 296, BStBl II 1977, 660 unter 2.).

Das gilt auch dann, wenn eine gewerblich tätige Personengesellschaft Erträge aus der Verpachtung eines selbständigen Betriebes oder Teilbetriebes erzielt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Gesellschaft vom Beginn ihrer Tätigkeit an den (Teil-)Betrieb verpachtet oder ob sie diesen zunächst selbst führt und erst später zur Verpachtung übergeht. Für den Fall des Einzelgewerbetreibenden hat zwar der BFH unter Berufung auf die Entscheidung des Großen Senats GrS 1/63 mit Urteil vom 5. Oktober 1976 VIII R 62/72 (BFHE 120, 257, BStBl II 1977, 42) ausgesprochen, daß die Verpachtung eines Teilbetriebes dann nicht zu der Gewerbesteuer unterliegenden Erträgen führt, wenn sie nicht im Rahmen des gesamten Betriebes vorgenommen wird. Die Grundsätze dieser Rechtsprechung zur Betriebsverpachtung treffen jedoch auf Personengesellschaften nicht zu. Denn die Gewerbesteuerpflicht einer Personengesellschaft entfällt nur, wenn der gesamte Betrieb (d. h. alle von der Gesellschaft unterhaltenen - Teil - Betriebe) verpachtet wird und die Gesellschaft insgesamt nicht mehr gewerblich tätig ist.

2. Im Streitfall ergibt sich aus diesen Grundsätzen, daß die aus der Verpachtung des Hauses B erzielten Erträge zur Gewerbesteuer heranzuziehen sind, da die Klägerin durch den Betrieb des Hauses A weiterhin gewerblich tätig ist und die Gesellschafter der Klägerin deshalb Mitunternehmer sind.

In der Heranziehung der Einkünfte aus der Verpachtung des einen Hotels liegt auch kein Verstoß gegen Art. 3 GG. Wenn eine Einzelperson, die mehrere steuerrechtlich verschieden zu qualifizierende Tätigkeiten ausübt, deren einheitliche Behandlung dadurch vermeiden kann, daß sie sie organisatorisch voneinander getrennt ausübt, so liegt darin gegenüber den Personengesellschaften keine Ungleichbehandlung (vgl. dazu BFH-Urteil VIII R 62/72). Denn eine Personengesellschaft beruht durch den Gesellschaftsvertrag auf einem einheitlichen und gemeinschaftlichen Organisationsakt ihrer Gesellschafter. Haben diese sich zum Zwecke der gemeinschaftlichen Gewinnerzielung durch ein Gewerbe zusammengeschlossen und sich die dafür geeignete Organisation gegeben, so erstreckt sich der auf Erwerb gerichtete organisierte gemeinsame Betätigungswille zwangsläufig auf alle Tätigkeitsbereiche der Gesellschaft. Der durch die Organisation geprägte Wille der Personengesellschaft kann daher gewerbesteuerrechtlich nur einheitlich beurteilt werden. Wollen die Gesellschafter weitere Tätigkeiten ausüben, die nicht zum Gewerbebetrieb der Gesellschaft gerechnet werden sollen, so müssen sie entweder als Einzelpersonen tätig werden oder im Rahmen einer zweiten, zwischen denselben Gesellschaftern gegründeten Gesellschaft. Die für die Einzelperson und die Personengesellschaft unterschiedliche Ausgangslage rechtfertigt insoweit die unterschiedliche gewerbesteuerrechtliche Beurteilung, die sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG ergibt.

3. Da der von der Klägerin durch die Verpachtung erzielte Teil des Gewinns schon nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegt, konnte der Senat dahinstehen lassen, ob dem FG darin zu folgen wäre, daß die Veräußerung des beweglichen Inventars des Hotels Haus B der Annahme einer Verpachtung der wesentlichen Betriebsgrundlagen dieses Teilbetriebes nicht entgegenstehe.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72611

BStBl II 1978, 73

BFHE 1978, 505

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