Problemüberblick

Im Fall handelt es sich um eine Anfechtungsklage gegen einen Beschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG. Diese Klage hat jedenfalls Erfolg, wenn der Nachschuss, der auf die klagende Partei entfällt, der Höhe nach falsch ist. Dies ist der Fall, wenn die Verwaltung bei der Berechnung des Nachschusses in der Jahresabrechnung, aus der sich der Nachschuss ergeben muss, ganz oder teilweise unzutreffende Umlageschlüssel eingesetzt oder auf die klagende Partei Einnahmen oder Ausgaben umgelegt hat, die diese nicht oder in einer anderen Höhe zu tragen hat.

Solche Mängel macht der klagende Wohnungseigentümer im Fall nicht geltend. Er behauptet vielmehr Mängel der Jahresabrechnung und des Vermögensberichtes sowie Verstöße gegen die HeizkostenV.

Mängel der Jahresabrechnung

Die Verwaltung hat nach § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG jeweils eine Abrechnung über den Wirtschaftsplan (Jahresabrechnung) aufzustellen, die "darüber hinaus" die Einnahmen und Ausgaben enthält. Macht die Verwaltung hier Fehler, ist die Jahresabrechnung z. B. intransparent oder fehlen Einnahmen und Ausgaben, ist das unerheblich, wenn sich der Fehler nicht auf die Höhe der Nachschüsse bzw. die Anpassung der Vorschüsse auswirkt.

Allerdings muss den Wohnungseigentümern zum Verständnis des § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG die Jahresabrechnung vorgelegt werden (AG Köln, Urteil v. 19.7.2021, 215 C 6/21, ZMR 2022 S. 77). Wird auf Basis unzureichender Tatsachengrundlagen eine Zahlungspflicht beschlossen, widerspricht dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Denn die Wohnungseigentümer müssen auch nach geltendem Recht hinreichend die Möglichkeit haben, das Zahlenwerk der Jahresabrechnung auf (Ergebnis-)Richtigkeit zu prüfen (AG Köln, Urteil v. 19.7.2021, 215 C 6/21, ZMR 2022 S. 77). Nur dann können sie auf Grundlage der Erkenntnisse aus dieser Prüfung fundiert entscheiden, ob sie die sich ergebenden Zahlungspflichten beschließen oder die Beschlussfassung ablehnen wollen (AG Köln, Urteil v. 19.7.2021, 215 C 6/21, ZMR 2022 S. 77). Dies scheint aber in Wiesbaden auch der Fall gewesen zu sein.

Mängel des Vermögensberichtes

Die Verwaltung hat gem. § 28 Abs. 4 Satz 1 WEG nach Ablauf eines Kalenderjahres einen Vermögensbericht zu erstellen, der den Stand der in § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG bezeichneten Rücklagen und eine Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens enthält. Dieser Vermögensbericht ist jedem Wohnungseigentümer gem. § 28 Abs. 4 Satz 2 WEG zur Verfügung zu stellen.

Macht die Verwaltung hier Fehler, sind diese zu korrigieren. Auf den Beschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG können sie sich nicht auswirken. Fraglich ist aber, ob dies auch gilt, wenn der Vermögensbericht nicht vorgelegt wird. Ich selbst meine, dieser Fall liege anders als bei der Jahresabrechnung. Denn im Vermögensbericht finden sich keine Angaben, die für die Berechnung der Nachschüsse oder der Anpassung der Vorschüsse eine Bedeutung haben können (siehe auch BR-Drs. 168/20, S. 87).

Zwischenabrechnung

Nach dem Wortlaut der §§ 1 Abs. 2 Nr. 3, 6 Abs. 1 Satz 1, 9b Abs. 1 HeizkostenV, aber auch nach ihrem Sinn und Zweck hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als "Gebäudeeigentümer" i. S. d. HeizkostenV die Kosten der Versorgung mit Wärme und Warmwasser auf Grundlage der Verbrauchserfassung nach Maßgabe der §§ 7 bis 9 HeizkostenV auf den Veräußerer und den Sondernachfolger als "Nutzer" zu verteilen.

Veräußerer und Erwerber (dies wäre ein Vertrag zugunsten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer), aber auch die Wohnungseigentümer können nach § 9b Abs. 4 HeizkostenV etwas anderes vereinbaren, haben aber keine Beschlusskompetenz, nach § 9b Abs. 4 HeizkostenV etwas anderes zu beschließen: Rechtsgeschäftliche Bestimmungen i. S. v. § 10 HeizkostenV sind in Bezug auf das WEG nach Sinn und Zweck allein Vereinbarungen. Maßgeblich für die Verteilung ist im Übrigen nicht das Eigentum am Wohnungseigentum, sondern die Besitzzeit.

Umstritten ist, ob der Begriff "Verteilung" dazu zwingt, wenigstens in Bezug auf die Kosten der Versorgung mit Wärme und Warmwasser ausnahmsweise 2 Einzelabrechnungen zu erstellen – und also gegebenenfalls 2 Nachschüsse zu bestimmen. M. E. ist dies zu bejahen. Erfährt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer von einem Nutzerwechsel und ist sie in der Lage, etwas zu unternehmen, genügt sie ihrer Pflicht, die Kosten zu "verteilen", also nicht bereits damit, dass sie den Nutzern das Ergebnis der Zwischenablesung (§ 9b Abs. 1 HeizkostenV) bloß mitteilt. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist von Gesetzes wegen vielmehr gezwungen, 2 Einzelabrechnungen zu erstellen.

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