Rz. 279

Solang der Titel nicht abgeändert worden ist, kann weiter vollstreckt werden. Zwar besteht ggf. ein Bereicherungsanspruch auf Rückzahlung, der jedoch wirtschaftlich wertlos sein kann.

In der anwaltlichen Realität besteht aber das Risiko, dass spätere – begründete – Rückzahlungsansprüche letztlich an der faktischen Mittellosigkeit des Rückzahlungspflichtigen scheitern.[315] Um diese Unsicherheiten bei der späteren Rückforderung von Überzahlungen zu vermeiden, ist es ratsam, bei einem Abänderungsverfahren auf Herabsetzung des Unterhaltes möglichst schnell die Einstellung der Zwangsvollstreckung zu erreichen.

 

Rz. 280

 

Praxistipp:

Daher sollte im Abänderungsverfahren bei Herabsetzungsanträgen immer zusätzlich zum Herabsetzungsantrag auch die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. § 242 FamFG i.V.m. § 769 ZPO beantragt werden, damit der Unterhaltsschuldner zunächst nicht weiter in der vollen titulierten Höhe zahlen muss.
Zwar löst § 241 FamFG die verschärfte Haftung des Gläubigers aus, so dass ein Rückzahlungsanspruch aus § 812 BGB gegeben ist, wenn das Herabsetzungsverlangen Erfolg hat.
Dieser Anspruch nützt dem Schuldner, der weiter zahlt, aber nichts, wenn entsprechende Rückzahlungsansprüche später nicht vollstreckt werden können.[316]
Zu beachten ist weiter, dass die Aufhebung des Titels im Wege des Abänderungsverfahrens noch keinen Titel auf Rückzahlung der Überzahlungen schafft.[317]
Die Aufhebung bereits erfolgter Vollstreckungsmaßnahmen muss gesondert beantragt werden (§ 776 S. 2 1. Hs. ZPO).[318]
[315] Schürmann, FuR 2009, 130, 134.
[316] Schürmann, FuR 2009, 130, 134; Viefhues in HK-FamFG, § 241 FamFG Rn 5; vgl. auch Keidel/Meyer/Holz, FamFG, 2020, § 242 FamFG Rn 7.
[317] Roßmann in Horndasch/Viefhues, FamFG, 2014, § 241 Rn 24; Viefhues in HK-FamFG, § 241 FamFG Rn 5.
[318] Keidel/Meyer/Holz, FamFG, 2020, § 242 FamFG Rn 32.

a) Voraussetzungen für die Einstellung der Zwangsvollstreckung

 

Rz. 281

Voraussetzung ist nach § 242 FamFG, dass

ein Abänderungsantrag auf Herabsetzung anhängig ist oder
hierfür ein Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe eingereicht wurde.
 

Rz. 282

Es reicht die Anhängigkeit des Herabsetzungsantrags aus; die Zustellung (= Rechtshängigkeit) ist also nicht erforderlich.[319] Alternativ genügt die Einreichung eines Verfahrenskostenhilfeantrages für einen beabsichtigten Herabsetzungsantrag. Dies betrifft also die Fälle, in denen erst nach Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe zugestellt werden soll.

Nicht erforderlich ist, dass die Zwangsvollstreckung bereits eingeleitet worden ist oder eine vollstreckbare Ausfertigung beantragt wurde.[320]

 

Rz. 283

In dem Einstellungsantrag des Schuldners sind die zur Begründung des Abänderungsbegehrens angeführten Tatsachen glaubhaft zu machen (§ 769 Abs. 1 S. 3 ZPO).[321] Dazu gehört die Darlegung der nach §§ 238, 239 FamFG erforderlichen Voraussetzungen für die verlangte Abänderung des Titels, also vor allem Ausführungen zu den Änderungsgründen.

 

Rz. 284

Umstritten ist, ob der nach § 114 Abs. 1 FamFG bestehende Anwaltszwang auch für den Einstellungsantrag nach § 242 FamFG gilt.

Nach einer Ansicht gilt der nach § 114 Abs. 1 FamFG bestehende Anwaltszwang auch für den Einstellungsantrag, wenn das Hauptsacheverfahren bereits anhängig ist.[322]
Nach der Gegenansicht gilt hier § 114 Abs. 4 Nr. 1 FamFG, nach dem bei einstweiligen Anordnungen kein Anwaltszwang besteht.[323]
Ist lediglich ein Verfahrenskostenhilfeantrag gestellt und ein Verfahrenskostenhilfe-Prüfungsverfahren anhängig, ist kein Anwaltszwang gegeben.[324]
[319] Keidel/Meyer/Holz, FamFG, 2020, § 242 FamFG Rn 2; MüKo-FamFG/Pasche, 2013, § 242 Rn 2.
[320] MüKo-FamFG/Pasche, 2013, § 242 Rn 3.
[321] Roßmann in Horndasch/Viefhues, FamFG, 2014, § 242 Rn 6; MüKo-FamFG/Pasche, 2018, § 242 Rn 4.
[322] Keidel/Meyer/Holz, FamFG, 2020, § 242 FamFG Rn 3.
[323] Musielak/Borth/Grandel, FamFG, 2018, § 242 FamFG Rn 3.
[324] Musielak/Borth/ Grandel, FamFG, 2018, § 242 FamFG Rn 3.

b) Textmuster für den Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung

 

Rz. 285

Muster 22.1: Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung

 

Muster 22.1: Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung

Der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – _________________________ vom _________________________,

Az: _________________________ wird mit Wirkung

ab dem _________________________
ab Zustellung

dahingehend geändert, dass der Antragsteller

nicht mehr verpflichtet ist, Unterhalt zu zahlen
nur noch verpflichtet ist, Unterhalt in Höhe von _________________________ EUR zu zahlen

Für den Fall, dass ein schriftliches Vorverfahren angeordnet wird, und die Antragsgegnerin säumig ist, wird beantragt, einen entsprechenden Säumnisbeschluss zu erlassen.

Ferner wird beantragt,

die Zwangsvollstreckung aus dem vorbezeichneten Unterhaltsbeschluss einstweilen ohne Sicherheitsleistung, hilfsweise durch Sicherheitsleistung, einzustellen.

Außerdem wird die Aufhebung bereits getroffener Vollstreckungsmaßnahmen beantragt.

 

Rz. 286

 

Praxistipp:

In dem Antrag muss eine Begründung gegeben werden. Erforderlich ist die Darlegung der nach §§ 238, 239 FamFG erf...

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