Rz. 68

Aus dem Wortlaut des § 4 Satz 1 KSchG ergibt sich, dass der Arbeitnehmer Klage beim örtlich zuständigen Arbeitsgericht erheben muss.[1]

 

Rz. 69

Die örtliche Zuständigkeit richtet sich grds. nach den allgemeinen Regeln der §§ 12 bis 38 ZPO. Einen ausschließlichen Gerichtsstand für Kündigungsschutzklagen gibt es nicht. Der Arbeitnehmer kann wählen, bei welchem Arbeitsgericht er seine Kündigungsschutzklage erhebt, wenn neben dem allgemeinen Gerichtsstand des Arbeitgebers auch ein besonderer Gerichtsstand begründet ist (vgl. § 35 ZPO).

 
Hinweis

Der Arbeitnehmer sollte sorgfältig prüfen, bei welchen Arbeitsgerichten er seine Kündigungsschutzklage einreichen kann. Vielfach wird der Arbeitnehmer zum Zweck der Zeit- und Kostenersparnis Klage beim nächstgelegenen Arbeitsgericht erheben wollen. Im Einzelfall kann sich aber auch eine Klage bei einem anderen Arbeitsgericht anbieten, z. B. wenn bei diesem bereits ähnlich gelagerte Verfahren gegen denselben Arbeitgeber anhängig sind.

[1] KR/Klose, 12. Aufl. 2019, § 4 KSchG, Rz. 233; a. A Berkowsky, NZA 1997, S. 352, 353 und Lüke, JuS 1996, S. 969, 970.

6.2.1.1 Allgemeiner Gerichtsstand

 

Rz. 70

Ist der Arbeitgeber eine natürliche Person, richtet sich dessen allgemeiner Gerichtsstand gem. § 13 ZPO nach seinem Wohnsitz.

Dagegen soll ein ausländischer Staat in Bezug auf eine Kündigungsschutzklage nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegen, wenn dem Arbeitnehmer nach dem Vertragsinhalt auch konsularische Tätigkeiten zugefallen sind. Dies gilt nach dem BAG grds. unabhängig davon, wie häufig oder in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer solche Tätigkeiten tatsächlich ausgeübt hat (BAG, Urteil v. 14.12.2017, 2 AZR 216/17[1]).

 

Rz. 71

Bei juristischen Personen ist nach § 17 Abs. 1 Satz 1 ZPO deren Sitz maßgeblich. Dieser ergibt sich im Allgemeinen aus der Satzung bzw. aus dem Gesellschaftsvertrag, vgl. z. B. §§ 5 AktG, 4a GmbHG. Falls der Sitz auch auf Grundlage des Handelsregisters nicht ermittelbar ist, findet § 17 Abs. 1 Satz 2 ZPO Anwendung. Dann gilt als Sitz der Ort, an dem die Verwaltung der juristischen Person geführt wird. Entscheidend ist dabei, wo die grundlegenden Entscheidungen der Geschäftsführung getroffen werden. Der Ort der tatsächlichen Ausführung dieser Entscheidungen ist nicht maßgeblich.[2]

 

Rz. 72

Behörden handeln regelmäßig als Vertreter von Körperschaften oder des Fiskus (§ 18 ZPO[3]). Sofern Behörden im Einzelfall als solche verklagt werden können, ist örtlich zuständig das Arbeitsgericht ihres Amtssitzes, § 17 Abs. 2 ZPO.

[1] BB 2018 S. 819
[2] Musielak/Voit/Heinrich, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 17 ZPO, Rz. 10.
[3] , Musielak/Voit/Heinrich, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 17 ZPO, Rz. 4.

6.2.1.2 Besonderer Gerichtsstand

 

Rz. 73

Neben dem allgemeinen Gerichtsstand besteht seit dem 1.4.2008 der besondere Gerichtsstand des Arbeitsorts gem. § 48 Abs. 1a ArbGG. Danach ist auch das Arbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat. Falls ein gewöhnlicher Arbeitsort i. d. S. nicht feststellbar ist, ist das Arbeitsgericht örtlich zuständig, von dessen Bezirk aus der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat. Der Gerichtsstand des Arbeitsorts kommt insbesondere den Arbeitnehmern zugute, die ihre Arbeit nicht am Firmensitz oder am Ort der Niederlassung des Arbeitgebers leisten, z. B. Außendienstmitarbeiter. Es ist zu erwarten, dass die folgenden besonderen Gerichtsstände durch die Einführung des Gerichtsstands des Arbeitsorts weiterhin erheblich an praktischer Bedeutung verlieren werden.

Der besondere Gerichtsstand der Niederlassung gem. § 21 Abs. 1 ZPO ist einschlägig, wenn der Arbeitsvertrag von einer Niederlassung aus oder in einer Niederlassung abgeschlossen worden ist.[1] Der besondere Gerichtsstand der Niederlassung kann auch für einen ausländischen Arbeitgeber gegeben sein, wenn dieser im Inland eine Geschäftsstelle unterhält, die aus eigener Entscheidung zum Geschäftsabschluss und zum Handeln berechtigt ist (BAG, Urteil v. 19.3.1996, 9 AZR 656/94[2]).

 

Rz. 74

Vor der Einführung des besonderen Gerichtsstands des Arbeitsorts war der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsorts gem. § 29 Abs. 1 ZPO von hoher praktischer Relevanz. Als gemeinsamer Erfüllungsort für die beiderseitigen Leistungsverpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis gem. § 269 Abs. 1 BGB gilt der Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses, der durch die Arbeitsleistung innerhalb eines Betriebs bestimmt wird (BAG, Urteil v. 19.3.1996, 9 AZR 656/94[3]). Sofern der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung an ständig wechselnden Orten erbringt, ist für den Erfüllungsort der Ort des Betriebs maßgeblich, von dem aus der Arbeitnehmer seine Anweisungen erhält.[4] Der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsorts kommt auch für einen ausländischen Arbeitgeber in Betracht (BAG, Urteil v. 19.3.1996, 9 AZR 656/94[5]).

 

Rz. 75

Gem. § 48 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kann tarifvertraglich für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten "aus einem Arbeitsverhältnis" die Zuständigkeit eines an sich örtlic...

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