Zusammenfassung

 

Der vorliegende Beitrag stellt die Voraussetzungen für den Abschluss von Tarifverträgen vor. Dabei spielen die formellen Voraussetzungen (Schriftform, Bekanntgabe) eine der Praxis entsprechende geringere Rolle. Der Schwerpunkt des Beitrags liegt bei den tarifvertragsschließenden Parteien. Aufgrund der besonderen normativen Wirkung von Tarifverträgen und der Befugnis, im Einzelfall von ansonsten zwingenden gesetzlichen Regelungen abzuweichen, kann der Abschluss von Tarifverträgen nicht jedweden Personen oder Organisationen übertragen werden. Nach einer Beschreibung der Ist-Situation der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, stellt der Beitrag im Einzelnen die Anforderungen dar, die Tarifvertragsparteien erfüllten müssen. Dabei steht die Frage der Tariffähigkeit im Mittelpunkt, die aktuell die weitere Entwicklung der deutschen Gewerkschaftslandschaft prägt. Besonderes Augenmerk liegt hier auf der sogenannten sozialen Mächtigkeit, die von Gewerkschaften, nicht aber von Arbeitgeberverbänden oder einzelnen Arbeitgebern verlangt wird.

 

Gesetze, Vorschriften und Entscheidungen

Das geltende Tarifrecht baut auf Art. 9 Abs. 3 GG auf. Ausgefüllt wird diese grundlegende Norm durch die Vorschriften des Tarifvertragsgesetzes. Dieses Gesetz regelt im Wesentlichen die Mindestanforderungen an die Tarifvertragsparteien und legt die Bindungswirkung von Tarifverträgen fest. Die weitere Ausfüllung wurde von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes entwickelt. Gerade bei politisch brisanten Themen schweigt der Gesetzgeber und überlässt die Lösung der Rechtsprechung. Ergänzend gelten, insbesondere für schuldrechtliche Fragen, die allgemeinen Vorschriften des BGB.

1 Vertragsschluss

Tarifverträge bedürfen der Schriftform. Sie müssen daher von den Tarifvertragsparteien, genauer: von ihren Organmitgliedern oder sonstigen satzungsgemäßen Vertretern, eigenhändig unterzeichnet werden. Die elektronische Form ist für den Abschluss eines Tarifvertrages nicht genügend. Im Übrigen gelten für das Zustandekommen des Tarifvertrages die allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über den Vertragsschluss (§§ 145 ff. BGB) sowie über die Mängel beim Abschluss (§§ 119, 123, 142).

2 Tarifvertragsparteien

Tarifverträge können nur von den in § 2 TVG genannten tariffähigen Parteien abgeschlossen werden. Dies sind

  • Gewerkschaften,
  • Vereinigungen von Arbeitgebern (Arbeitgeberverbände),
  • Spitzenorganisationen von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften,
  • der einzelne Arbeitgeber.

Allerdings enthält das TVG keine Aussage, welchen Anforderungen diese Rechtssubjekte entsprechen müssen, um überhaupt Tarifverträge abschließen zu können (sog. Tariffähigkeit). Die Rechtsprechung hat daher besondere Kriterien entwickelt, die von den Tarifvertragsparteien erfüllt werden müssen und Voraussetzung für einen wirksamen Tarifvertragsabschluss sind.

2.1 Gewerkschaften

Tarifverträge können nach § 2 Abs. 1 TVG auf Arbeitnehmerseite nur von Gewerkschaften abgeschlossen werden, der einzelne Arbeitnehmer kann nicht Partei eines Tarifvertrages sein.

Definition:

Gewerkschaften sind Zusammenschlüsse von Arbeitnehmern und Beamten zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder. Dieser Zweck wird regelmäßig durch den Abschluss von Tarifverträgen angestrebt.

Nicht jede Arbeitnehmerkoalition ist eine Gewerkschaft i. S. d. § 2 Abs. 1 TVG und kann Partei eines Tarifvertrages sein. Gewerkschaften müssen ebenso wie Arbeitgeberverbände besondere Anforderungen erfüllen, damit ihnen Tariffähigkeit zukommt. Darüber hinaus darf eine Arbeitnehmerkoalition nicht von vornherein nur auf einen kurzfristigen Zusammenschluss ihrer Mitglieder beruhen. Notwendig ist vielmehr eine dauerhafte Organisation[1], da jedenfalls bei Abschluss des Tarifvertrages die Einhaltung der Pflichten aus seinem schuldrechtlichen Teil gewährleistet sein muss.[2]Spontanzusammenschlüsse von Arbeitnehmern sind deshalb keine Gewerkschaften.

Die Gewerkschaften in der Bundesrepublik, soweit sie dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) angehören, sind im Wesentlichen nach dem sog. Industrieverbandsprinzip organisiert. Die Zuständigkeit einer Gewerkschaft für einen bestimmten Arbeitnehmer richtet sich nicht nach dem von ihm ausgeübten Beruf, sondern nach dem Wirtschaftszweig seines Unternehmens. Das Industrieverbandsprinzip gilt teilweise auch für die christlichen Gewerkschaften unter dem Dach des Christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB), die im Wettbewerb zu den DGB-Gewerkschaften stehen. Daneben gibt es aber auch Gewerkschaften, die ihre Zuständigkeit nach bestimmten Berufsgruppen bestimmten. Bis zu ihrer Verschmelzung mit anderen Gewerkschaften zur Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di galt dies für die Deutschen-Angestellten-Gewerkschaft (DAG), deren Mitgliedschaft sich nach dem Berufsverbandsprinzip richtete, d. h. aufgenommen wurden die Angestellten aller Berufszweige. Neuerdings stehen eine Reihe von Berufsgruppen- oder Spezialistengewerkschaften im Fokus der Diskussion. Dies sind z. B. die Gewerkschaft der Lokführer (GdL) für das Fahrpersonal v...

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