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Bei medizinischen Rehabilitationsleistungen für Bezieher von Arbeitslosengeld II (Alg II) ist das Alg II vom Jobcenter fortzuzahlen, wenn die Krankenkasse Kostenträger der Rehabilitationsleistung ist. Das ist gesetzeskonform, denn Bezieher von Alg II haben keinen Anspruch auf Krankengeld (vgl. § 44 Abs. 2 i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V).

Übernimmt dagegen der Rentenversicherungsträger die Kosten der Rehabilitationsleistungen, besteht vom Beginn an ein Anspruch auf Übergangsgeld. Allerdings zahlen die Jobcenter das Alg II als Vorschuss auf das Übergangsgeld fort (§ 25 Satz 1 SGB II) und stellen später einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Rentenversicherungsträger gemäß § 102 SGB X. Das Übergangsgeld wird somit nicht direkt an den Versicherten, sondern an das "vorleistende" Jobcenter gezahlt. Dieses ist für einen Erstattungsanspruch des Rentenversicherungsträgers nach § 16 rechtlich ohne Belang (Hess. LSG, Urteil v. 7.5.2015, L 8 KR 145/12).

Ist der Rentenversicherungsträger der zweitangegangene Rehabilitationsträger und für die konkrete Rehabilitationsleistung letztendlich die Krankenkasse zuständig, stellt der Rentenversicherungsträger gemäß § 111 SGB X i. V. m. § 16 SGB IX bei der Krankenkasse einen Erstattungsanspruch. Die Krankenkasse erkennt i. d. R. den geltend gemachten Erstattungsanspruch dem Grunde nach an, verweigert ggf. aber die Erstattung des Übergangsgeldes mit der Begründung, dass das Jobcenter für die spezielle Leistung "Übergangsgeld" zuständig wäre. Denn das Jobcenter hätte die Alg II-Leistung gezahlt, wenn die Krankenkasse die Leistung zur medizinischen Rehabilitation bewilligt und durchgeführt hätte. Der Rentenversicherungsträger solle das nach § 102 SGB X erstattete Alg II gemäß § 112 SGB X zurück verlangen. Es sei unbillig, gegen die Krankenkasse, die bei Alg II-Leistungsbeziehern keine adäquate Entgeltersatzleistung zu zahlen brauche (gemäß § 44 Abs. 2 kein Anspruch auf Krankengeld), gemäß § 16 einen Erstattungsanspruch wegen des Übergangsgeldes durchzusetzen, obwohl das Jobcenter (Sozialleistungsträger, aber kein Rehabilitationsträger) die artgleiche Leistung (= Leistung zur Bestreitung des Lebensunterhaltes) in ihrem Leistungsspektrum habe.

Das Hessische LSG entschied aber mit Urteil v. 7.5.2015 (L 8 KR 145/12), dass § 14 den zweitangegangenen Träger dazu anhält, umfassend nach allen Leistungsvorschriften als zuständiger Rehabilitationsträger zu leisten; deshalb bedürfe es eines umfassenden Ausgleichsmechanismus, der dem Zweck dient, dass der berechtigte Träger alle seine erbrachten Leistungen zurückerhalten soll. Hieraus folge, dass der Rehabilitationsfall von dem erstattungspflichtigen und eigentlich zuständigen Träger nicht noch einmal vollständig daraufhin zu prüfen ist, welche Einzelleistungen dem Versicherten zugestanden hätten, wenn nicht der zweitangegangene Rehabilitationsträger, sondern ersterer über den Rehabilitationsantrag entschieden hätte. Dies führe dazu, dass nicht darauf abzustellen ist, ob dem Versicherten für die Dauer der medizinischen Rehabilitationsleistung Krankengeld zu zahlen gewesen wäre. Vielmehr sei darauf abzustellen, ob der erstattungsberechtigte Rehabilitationsträger dem Versicherten nach den für ihn maßgeblichen Normen Entgeltersatzleistungen zu gewähren hatte. Dass eine solche Verpflichtung bestand, folgt aus § 20 Nr. 3 Buchst. b und § 21 Abs. 4 Satz 1 HS 2 SGB VI.

Inwieweit die Krankenkasse einen Erstattungsanspruch gegen die Bundesagentur für Arbeit hat, war nicht Gegenstand des Verfahrens. Aufgrund des "Bereicherungsgrundsatzes" des § 812 BGB (zum Begriff der ungerechtfertigten Bereicherung vgl. auch BSG, Urteil v. 4.3.2004, B 3 KR 4/03 R) wird die Bundesagentur für Arbeit nach Auffassung des Autors jedoch verpflichtet sein, der Krankenkasse die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Übergangsgeld zu erstatten.

Die Problematik des Durchgreifens von Erstattungsansprüchen war bereits unter TOP 6 der Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen und Rentenversicherungsträger über Rehabilitationsangelegenheiten am 25.8.2005 thematisiert worden. Die Vertreter der Krankenkassen regten an, für den Fall, in denen Erstattungsfälle auftreten, eine 3-seitige Verfahrensabsprache zwischen Krankenkassen und Rentenversicherungsträger sowie der Bundesagentur für Arbeit (Vorläufer der Jobcenter) zu treffen. Die Vertreter der Rentenversicherung erklärten sich bereit, deshalb mit der Bundesagentur für Arbeit Kontakt aufzunehmen. Zu der Verfahrensabsprache ist es allerdings nicht gekommen.

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