Rz. 5

Nach Abs. 1 Satz 1 kann die Agentur für Arbeit Schüler allgemeinbildender Schulen durch vertiefte Berufsorientierung und Berufswahlvorbereitung (Berufsorientierungsmaßnahmen) fördern, wenn sich Dritte mit mindestens 50 % an der Förderung beteiligen. Abs. 1 Satz 1 entspricht im wesentlichen § 33 Satz 3 und 5 a. F. Bei der Förderung von Berufsorientierungsmaßnahmen handelt es sich um eine Leistung an Träger (Hassel, in: Brand, SGB III, § 48 Rz. 2 m. w. N.).

 

Rz. 6

Adressat der Förderung sind Schüler an allgemeinbildenden Schulen. Schwerpunktmäßig sind dies die Schüler der Abgangsklasse (vgl. BT-Drs. 14/6944, Begründung zu § 33, S. 30). Zu den allgemeinbildenden Schulen gehören auch Förderschulen (BT-Drs. 17/6277 S. 95; Brecht-Heitzmann, in: Gagel, SGB III, § 48 Rz. 9; Schön, in: Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III, § 48 Rz. 4). Schulen, die auf dem zweiten Bildungsweg zum Nachholen von Schulabschlüssen dienen sowie dem berufsbildenden Schulsystem zuzuordnen sind, sind keine allgemeinbildenden Schulen i. S. v. § 48.

 

Rz. 7

Die Förderung von Berufsorientierungsmaßnahmen durch die Agentur für Arbeit kommt nur dann in Betracht, wenn sich Dritte mit mindestens 50 % an der Förderung beteiligen. Damit bringt der Gesetzgeber die Verantwortung der Schulen und damit der Länder und Kommunen, aber auch aller anderen an der Berufsorientierung oder den Arbeits- und Ausbildungsmärkten unmittelbar oder mittelbar beteiligten Stellen zum Ausdruck. Maßgebend sind die Gesamtkosten der Maßnahme, so dass auch Personal- und Sachkosten mit einbezogen werden (Brecht-Heitzmann, in: Gagel, SGB III, § 48 Rz. 14).

 

Rz. 8

Der Finanzierungsanteil des Dritten ist vorrangig als Geldleistung zu erbringen. Es können aber auch Personal- und Sachleistungen von dem Dritten eingebracht werden, sofern diese nicht bisher als Pflichtaufgaben eingesetzt wurden und somit zusätzlich sind. Eine Einbringung von ESF-Mitteln durch kofinanzierende Dritte ist möglich. Die Kofinanzierung eines Landes soll auch vorrangig in Geld erbracht werden. Nach der Praxis der Bundesagentur für Arbeit ist eine Abweichung hiervon möglich, wenn die "Vereinbarung zwischen der Kultusministerkonferenz und der Bundesagentur für Arbeit zur Ausgestaltung eines einheitlichen Verfahrens zur Abrechnung von durch die Länder erbrachten Personal- und Sachmitteln zur Kofinanzierung von Berufsorientierungsmaßnahmen gemäß § 48 SGB III" Anwendung findet.

 

Rz. 9

Die Agentur für Arbeit kann sich nach Abs. 1 Satz 2 auch mit bis zu 50 % an der Förderung beteiligen, die von Dritten eingerichtet werden. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die Agentur für Arbeit zusätzlich zu den durch sie selbst hauptverantwortlich eingerichteten Berufsorientierungsmaßnahmen auch weiterhin finanziell an Maßnahmen, die von einem Dritten hauptverantwortlich eingerichtet werden, beteiligen kann (BT-Drs. 17/6277, Begründung zu Art. 18 § 48, S. 94).

 

Rz. 10

Als "Dritte" im Sinne von Abs. 1 Satz 2 kommt grundsätzlich jeder private und öffentliche Träger in Betracht (Niewald, in: Gagel, SGB III, § 33 Rz. 4). Träger können z. B. sein: Allgemeinbildende und berufsbildende Schulen, Jugend- und Sozialämter; Kammern, Bildungseinrichtungen, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen, Freie und öffentliche Träger der Jugend- und Jugendberufshilfe, Stiftungen, gemeinnützige Vereine (Hassel, in: Brand, SGB III, § 48 Rz. 3; Brecht-Heitzmann, in: Gagel, SGB III, § 48 Rz. 15; Abler, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 48 Rz. 17). Träger, die im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit eine Berufsorientierungsmaßnahme durchführen wollen, müssen durch eine fachkundige Stelle nach Maßgabe der §§ 176 ff. zugelassen sein (Brecht-Heitzmann, a. a. O.). Die Zulassung muss vor Beginn der Maßnahme vorliegen. Die 50 %-Beteiligung der Agentur für Arbeit bezieht sich auf die Gesamtkosten der Maßnahme.

 

Rz. 11

Berufsorientierungsmaßnahmen können z. B. sein:

  • Erweiterung der Fähigkeiten zur Erkennung der Berufseignung,
  • Vertiefung berufs- oder betriebskundlicher Kenntnisse,
  • Verbesserung der Berufswahlkompetenz durch Verbesserung der Fähigkeit zur Selbsteinschätzung.
 

Rz. 12

Gegenstand von Berufsorientierungsmaßnahmen sind:

  • Fragen der Berufswahl,
  • Berufe, ihre Anforderungen und Aussichten,
  • Wege und Förderung der beruflichen Bildung,
  • Beruflich bedeutsame Entwicklungen in den Betrieben, Verwaltungen und auf dem Arbeitsmarkt.

Dagegen sind nach der Praxis der BA Maßnahmen, die sich im Wesentlichen auf Coaching von Einzelpersonen, Koordinierungsaktivitäten oder reines Bewerbungstraining beschränken, keine Maßnahmen der vertieften Berufsorientierung. Insbesondere ist das Bewerbungstraining, die individuelle Begleitung der Teilnehmer, die Allgemeinbildung und muttersprachlicher Unterricht sowie die Koordinierung von Berufsorientierungsmaßnahmen keine eigenständigen Berufsorientierungsmaßnahmen im Sinne von § 48 (Fachliche Weisung der BA zu § 48 SGB III, Stand: 12/2018). Berufsorientierungsmaßnahmen werden in der unterrichtsfreien Zeit durchgeführ...

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