Mittelbare Zulieferer betreffen die weiter vorgelagerten Ebenen der Lieferkette, sodass hier keine direkte Vertragsbeziehung zum eigenen Unternehmen besteht und die Steuerung des Zulieferers primär einem anderen nachgelagerten – ggf. für das eigene Unternehmen unmittelbaren – Zulieferer unterliegt. Laut LkSG betrifft dies jeden Zulieferer, der kein unmittelbarer Zulieferer ist und dessen Zulieferungen für die Herstellung des Produktes des Unternehmens oder zur Erbringung und Inanspruchnahme der betreffenden Dienstleistung notwendig sind[1].

Aufgrund der limitierten – nicht vertraglich fixierten – Durchschlagskraft des eigenen Unternehmens auf mittelbare Zulieferer wird durch das LkSG hier eine Einschränkung der Verantwortlichkeiten vorgenommen. Während das Beschwerdeverfahren nach § 8 LkSG so auszurichten ist, dass es Personen auch ermöglicht, auf menschenrechtliche oder umweltbezogene Risiken sowie auf Verletzungen menschenrechtsbezogener oder umweltbezogener Pflichten hinzuweisen, die durch das wirtschaftliche Handeln eines mittelbaren Zulieferers entstanden sind[2] und das Risikomanagement auf das Erkennen und Evaluieren von menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken aus der gesamten Lieferkette ausgerichtet ist[3], sind alle anderen Aktivitäten lediglich "anlassbezogen" durchzuführen.

Anlassbezogenheit bezieht sich hierbei auf das Vorliegen einer substantiierten Kenntnis von möglichen aktuellen oder unmittelbar bevorstehenden Verstößen bei mittelbaren Zulieferern[4]. Die entsprechende Legaldefinition beschreibt dies als tatsächliche Anhaltspunkte, die eine menschenrechtsbezogene oder umweltbezogene Verletzung bei einem mittelbaren Zulieferer möglich erscheinen lassen.

 
Praxis-Beispiel

Substantiierte Kenntnis über eine Verletzung einer Sorgfaltspflicht

Exemplarisch können folgende Beispiele für eine substantiierte Kenntnis genannt werden:

  • Berichte über die schlechte Menschenrechtslage in der Produktionsregion,
  • Zugehörigkeit eines mittelbaren Zulieferers zu einer Branche mit besonders menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Risiken,
  • frühere Vorfälle beim mittelbaren Zulieferer und
  • Zugang über das Beschwerdeverfahren, die zuständige Behörde oder andere Informationsquellen.

Die Beschränkung auf die Anlassbezogenheit betrifft laut § 9 Abs. 3 LkSG folgende Sorgfaltspflichten gegenüber mittelbaren Zulieferern:

  1. Risikoanalyse gemäß § 5 Abs. 1 bis 3 LkSG,
  2. Verankerung angemessener Präventionsmaßnahmen gegenüber dem Verursacher,
  3. gegebenenfalls eine Aktualisierung der Grundsatzerklärung gemäß § 6 Abs. 2 LkSG und letztendlich
  4. Erstellung und Umsetzung eines Konzeptes zur Verhinderung, Beendigung oder Minimierung gegenwärtiger oder unmittelbar bevorstehender Pflichtverletzungen.
 
Wichtig

Substantiierte Kenntnis bei mittelbarem Zulieferer macht Handeln notwendig

Sobald eine substantiierte Kenntnis über einen mittelbaren Zulieferer vorliegt, ist dieser somit grundsätzlich identisch zu behandeln wie ein direkter unmittelbarer Zulieferer.

Bei der Unterscheidung in mittelbare und unmittelbare Zulieferer ist abschließend noch auf das Verbot von Umgehungsgeschäften hinzuweisen. § 5 Abs. 1 Satz 2 LkSG beinhaltet diesbezüglich folgende Ergänzung: "In Fällen, in denen ein Unternehmen eine missbräuchliche Gestaltung der unmittelbaren Zuliefererbeziehung oder ein Umgehungsgeschäft vorgenommen hat, um die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten in Hinblick auf den unmittelbaren Zulieferer zu umgehen, gilt ein mittelbarer Zulieferer als unmittelbarer Zulieferer".

 
Praxis-Beispiel

Umgehungsgeschäfte sind verboten

Als Beispiel für ein verbotenes Umgehungsgeschäft kann folgender Fall herangezogen werden: Ein dem LkSG verpflichtetes Unternehmen hat eine Geschäftsbeziehung mit einem Zulieferer in einem anderen Land, in dem Arbeitsrechtsverletzungen und Kinderarbeit noch immer weit verbreitet sind. Zur Erfüllung der Anforderungen des LkSG entscheidet sich das Unternehmen für den Aufbau einer komplexen Lieferkettenstruktur, anstatt sich direkt mit dem problematischen Zulieferer auseinanderzusetzen. Es wird ein zweites Unternehmen gegründet, das formal von einem Dritten geführt wird, um die Verbindung zwischen dem verpflichteten Unternehmen und dem problematischen Zulieferer zu verbergen. Das neue Unternehmen agiert als Zwischenhändler und nimmt Bestellungen und Waren entgegen, um sie anschließend direkt an das verpflichtete Unternehmen weiterzuleiten. Das verpflichtete Unternehmen behauptet gleichzeitig, keine direkte unmittelbare Verbindung zum problembehafteten Zulieferer zu haben.

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