Rz. 4

"Begründeter Verdacht" bedeutet mehr als ein Anfangsverdacht; es müssen deutliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Berufskrankheit besteht, und dass diese auch nachgewiesen werden kann. Der Arzt hat den Versicherten hierzu umfassend zu befragen und seine Erhebungen zu dokumentieren. Zu schwache Anhaltspunkte verpflichten die Unfallversicherungsträger auch bei einer Anzeige nach § 202 nicht zu weiteren Ermittlungen. Ein begründeter Verdacht setzt ernsthafte und konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Berufskrankheit voraus; völlige Gewissheit muss nicht bestehen, bloße Vermutungen sind aber auch nicht ausreichend (BSG, Urteil v. 2.5.2001, B 2 U 19/00 R; "subjektive Plausibilität" nach Koch, in: Lauterbach, SGB VII, Stand: November 1998, § 202 Rz. 20). Es kommt nicht darauf an, ob ein Arzt einen Verdacht hätte haben müssen, sondern allein darauf, ob er ihn hatte (BSG, a. a. O.). Eine Hilfestellung für die Frage, ob ein hinreichender Verdacht angenommen werden kann, geben insbesondere die jeweiligen Merkblätter zu den Berufskrankheiten.

 

Rz. 5

Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass ein Verdacht auf eine "Wie-Berufskrankheit" nach § 9 Abs. 2 nicht anzuzeigen ist (Ricke, in: KassKomm., SGB VII, Stand: Juni 2007, § 202 Rz. 3 m. w. N.). Die Durchbrechung der ärztlichen Schweigepflicht kann für diesen Fall angesichts des Wortlauts der Vorschrift nicht bereits deswegen angenommen werden, weil eine solche Meldepflicht sinnvoll erscheinen könnte. Eine andere Frage ist, ob dieser Verdacht mitgeteilt werden kann. Auch die Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung (UVAV) trifft hierzu keine Regelung. Jedenfalls mit dem Einverständnis des Versicherten, das vorab eingeholt werden sollte, dürfte dies nicht zu beanstanden sein.

 

Rz. 6

Ebenfalls keine Meldepflicht besteht, wenn nach dem Tod des Versicherten, etwa bei einer Obduktion, der Verdacht auf eine Berufskrankheit festgestellt wird. Denn in diesem Fall kann eine Berufskrankheit nicht mehr "bestehen" (a. A. Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, Stand: Mai 2003, § 202 Rz. 3; Koch, in: Lauterbach, a. a. O., § 202 Rz. 9).

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