1 Verpflichtung zu Dienstreisen

Die Verpflichtung zur Durchführung von Dienstreisen kann sich aus dem Arbeitsvertrag sowie aus einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag ergeben. Sinnvoll ist die Aufnahme einer entsprechenden Regelung in den Arbeitsvertrag, welche dann weitere Details zur Durchführung enthalten sollte. Erforderlich ist eine ausdrückliche Vereinbarung allerdings nicht. Sie kann von der geschuldeten Arbeitsleistung umfasst und insoweit konkludent Inhalt des Arbeitsvertrags geworden sein – dies wird bspw. bei Außendienstmitarbeitern, Vertretern und Monteuren[1] angenommen.

Kein Entstehungsgrund für die Dienstreisepflicht ist dagegen die betriebliche Übung oder der Gleichbehandlungsgrundsatz, da diese nur anspruchsbegründende Wirkung zugunsten des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber entfalten.

Die konkrete Anordnung einer Dienstreise erfolgt dann im Rahmen des Weisungsrechts des Arbeitgebers.[2] Neben dem dienstlichen Auftrag werden dabei der genaue Zeitraum sowie die Wahl der Verkehrsmittel, Übernachtungen und angemessene Ankündigungsfristen etc. festgelegt.

Insoweit steht dem Arbeitgeber ein weiter Raum zur Gestaltung von Arbeitsbedingungen im Rahmen der vereinbarten Arbeitsaufgabe zu, wobei sich das Direktionsrecht im Rahmen billigen Ermessens bewegen muss.

2 Vergütungspflicht bei Dienstreisen

Ohne abweichende arbeitsvertragliche Regelung sind Dienstreisezeiten als gewöhnliche Arbeitszeit zu vergüten.[1] Dies gilt ohne weiteres in Arbeitsverhältnissen, in denen die Reisetätigkeit zur geschuldeten Hauptleistung gehört[2] oder der Arbeitnehmer während der Reise angeordnete Arbeitsleistung (z. B. Aktenbearbeitung, E-Mail-Bearbeitung, Telefonate) erbringt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Arbeitnehmer während einer Dienstreise oftmals zu erheblichen Teilen nicht seiner eigentlich geschuldeten Tätigkeit nachgeht. Zu den "versprochenen Diensten" nach § 611 BGB zählt nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber im Synallagma verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt.[3] Hat der Arbeitnehmer seine Tätigkeit an einer auswärtigen Arbeitsstelle zu erbringen, leistet er mit den Fahrten zum Kunden und zurück vergütungspflichtige Arbeit, unabhängig davon, ob Fahrtantritt und Fahrtende vom Betrieb des Arbeitgebers oder von der Wohnung des Arbeitnehmers aus erfolgen.[4] Entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer während einer Dienstreise keine ausreichende Möglichkeit zur freien Einteilung seiner Zeit hat. Er erfüllt ein fremdes Bedürfnis und stellt dem Arbeitgeber seine Zeit zur Verfügung.[5]

Die Vergütungspflicht entfällt daher auch nicht für Zeiten, in denen sich der Arbeitnehmer passiv verhält bzw. verhalten muss, z. B. bei Bahn[6]- oder Flugreisen oder als Beifahrer; diese Zeiten dürfen zudem nicht pauschal als Pausen, Freizeit(-ausgleich) oder ähnlich behandelt werden.

[7]

Durch Arbeits- oder Tarifvertrag kann eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit und damit auch für Fahrten zur auswärtigen Arbeitsstelle getroffen werden. Dabei darf allerdings der gesetzliche Anspruch auf den Mindestlohn für die in einem Kalendermonat insgesamt geleistete vergütungspflichtige Arbeit nicht unterschritten werden[8]; ohne eine solche Regelung ist die Reisezeit wie sonstige Arbeitzeit vergütungspflichtig.[9] Bei Beachtung dieser Grenzen – die in jedem Arbeitsverhältnis zwingend gelten – kann auch ein vollkommener Ausschluss der Vergütungspflicht vereinbart werden. Möglich ist eine indirekte Vergütung über die Abgeltung des Unterkunfts- und Verpflegungsmehraufwand.[10]

Eine formularmäßige Klausel, nach der Reisezeiten mit der Bruttomonatsvergütung abgegolten sind, ist intransparent, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag nicht ergibt, welche "Reisetätigkeit" von ihr in welchem Umfang erfasst werden soll.[11]

Eine Abweichung vom Vergütungsgrundsatz kann sich schließlich auch aus der Auslegung und der besonderen Umstände des Arbeitsvertrages selbst ergeben. Ähnlich der Abgeltung von Überstunden kann bei überdurchschnittlich hohem Gehalt zumindest ein gewisser Reisezeitanteil als vom Grundgehalt abgedeckt angesehen werden.[12]

Unerheblich für die Vergütungspflicht von Reisezeiten ist deren arbeitszeitrechtliche Einordnung nach § 2 ArbZG.[13] Weder führt die Qualifikation einer bestimmten Zeitspanne als arbeitszeitschutzrechtliche Arbeitszeit zwingend zu einer Vergütungspflicht, noch lässt die Herausnahme bestimmter Zeiten aus der Arbeitszeit die Vergütungspflicht ohne weiteres entfallen.[14] Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH, wonach die Arbeitszeitrichtlinie[15] keine Anwendung auf die Vergütung der Arbeitnehmer findet.[16]

Begrenzt wird der Vergütungsanspruch in der Höhe durch die Erforderlichkeit der Reisezeit. Diesbezüglich gilt[17]:

  1. Gibt der Arbeitgeber Reisemittel und -verlauf vor, ist diejenige Reisezeit erforderlich, die der Arbeitnehme...

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