Auch einzel- oder kollektivvertragliche Regelungen, die ein Ausscheiden des Arbeitnehmers vor dem Erreichen des gesetzlichen Rentenalters oder der Erlangung eines Anspruchs auf vorgezogenes Altersruhegeld vorsehen, können sachlich gerechtfertigt sein, z. B. dann, wenn mit der Tätigkeit erhebliche Gefahren verbunden sind.

Für die früher nach ständiger Rechtsprechung des BAG zulässige tarifliche Altersgrenze von 60 Jahren für Piloten gilt dies nicht mehr. Sie verstößt seit Inkrafttreten des AGG gegen das Benachteiligungsverbot wegen des Alters und ist nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam.[1] Das Ziel der Flugsicherheit unterfällt nicht dem Begriff des Ziels i. S. v. § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG. Ziele, die als "legitim" i. S. v. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der EU-Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie und damit als geeignet angesehen werden können, eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbots von Diskriminierungen aus Gründen des Alters zu rechtfertigen, sind sozialpolitische Ziele, wie solche aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt oder berufliche Bildung.[2] Die nationalen und die internationalen Lizenzregelungen lassen die Ausübung der Pilotentätigkeit im doppelt besetzten (Co-)Pilotencockpit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres zu, wenn der Besatzung ein (Co-)Pilot angehört, der das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Es gibt nach der aktuellen Rechtsprechung des BAG keine hinreichend belastbaren Erkenntnisse dafür, dass die derzeit geltenden öffentlich-rechtlichen Beschränkungen für die Sicherheit des Luftverkehrs nicht ausreichend und deshalb weiter gehende tarifliche Beschränkung erforderlich seien.[3]

Auch eine tarifliche Altersgrenze von 60 Jahren für Mitglieder des Kabinenpersonals ist mangels eines sie rechtfertigenden sachlichen Grundes unwirksam.[4] Nachvollziehbare Anhaltspunkte für die Annahme, das altersbedingte Nachlassen der Leistungsfähigkeit von Mitgliedern des Kabinenpersonals könne zu einer ernsthaften Gefährdung von Leben und Gesundheit der Passagiere, der Flugbesatzung oder der Personen in den überflogenen Gebieten führen, gibt es nach Auffassung des BAG nicht.

Eine vertragliche Regelung, bei der die Laufzeit eines Vorruhestandsverhältnisses mit einem Anspruch auf vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen verknüpft wird, benachteiligt schwerbehinderte Arbeitnehmer nach Auffassung des BAG unmittelbar gegenüber nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden und die erst mit einem höheren Lebensalter Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung beanspruchen können.[5]

Der finanzielle Vorteil, der einem schwerbehinderten Arbeitnehmer aus dem früheren Rentenbeginn erwächst, hat nicht zur Folge, dass seine Situation eine andere ist als die eines nicht schwerbehinderten Arbeitnehmers.

 
Hinweis

Beendigung wegen tatsächlicher Inanspruchnahme einer Altersrente

Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Auflösung des Arbeitsverhältnisses für den Zeitpunkt des erstmaligen tatsächlichen Bezugs von Rente wegen Alters, ist dies kein Fall von § 41 Satz 2 SGB VI.[6] Eine vertragliche Klausel, welche die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei tatsächlicher Inanspruchnahme (= Bezug von) Altersrente vorsieht, z. B. der Altersrente für langjährig Versicherte nach 35 Beitragsjahren (gleichgültig, ob abschlagsfrei oder mit Abschlägen) oder der abschlagsfreien Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach 45 Beitragsjahren, ist wirksam. Da der Arbeitnehmer frei entscheiden kann, ob er vorgezogene Altersrente beantragt und in Anspruch nimmt, hängt es insoweit allein von ihm ab, ob das Arbeitsverhältnis bereits vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze endet.

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