Rz. 32

Das Recht des Arbeitnehmers, eine Neuverteilung seiner Arbeitszeit zu wünschen, findet seine Grenze im Rechtsmissbrauch (§ 242 BGB). Ein solcher ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer offensichtlich gar nicht die tatsächliche Verringerung der Arbeitszeit wünscht, sondern durch eine marginale Veränderung die Neuverteilung seiner Arbeitszeit erreichen will. In der Rechtsprechung findet sich die Auffassung, dass bei einer begehrten Reduzierung von z. B. 7,5 Arbeitsstunden auf 7 Arbeitsstunden pro Arbeitstag, also einer Reduzierung um etwa 7 %, ein entsprechender Rechtsmissbrauch angenommen werden kann.[1] Allerdings wurde eine Verringerung der Arbeitszeit lediglich um 1 ¼ Stunden und der Wunsch nach einer grundlegenden Neuverteilung der Arbeitszeitlage – die klagende Arbeitnehmerin wollte die Abholung ihres Kindes aus der Kinderkrippe sicherstellen – nicht als missbräuchlich angesehen.[2] Das gilt auch für das Verlangen eines Arbeitnehmers nach Verringerung seiner Arbeitszeit um 3,5 %, um für seine Kinder da sein zu können.[3] Aus den zitierten Entscheidungen lassen sich keine abstrakten Grenzwerte ableiten: Eine (beantragte) nur geringfügige Arbeitszeitverringerung indiziert nicht zwingend einen Rechtsmissbrauch.[4] Maßgeblich ist, ob im Einzelfall besondere Umstände darauf schließen lassen, dass der Arbeitnehmer seine Rechte aus § 8 TzBfG zweckentfremdet, um eine bestimmte Verteilung seiner Arbeitszeit durchzusetzen, auf die er sonst keinen Anspruch hätte.[5] Die Rechtsprechung ist vor allem durch Einzelfallentscheidungen geprägt:

So wurde das Teilzeitbegehren eines Piloten u. a. als rechtsmissbräuchlich eingestuft, der eine Reduzierung seiner Arbeitszeit um 8,22 % durch eine blockweise Freistellung für 30 Kalendertage jeweils zu Beginn der Sommerschulferien beantragt hatte[6]: Eine Freistellung sei regelmäßig nur durch die Beantragung von Urlaub möglich. In dem beklagten Unternehmen wurden Urlaubsanträge nach einem komplexen Vergabeverfahren auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung beschieden. Nach Ansicht des LAG Köln nutzte der Kläger daher im jeweiligen Streitfall seine Rechte aus § 8 TzBfG, um eine Freistellung durchzusetzen, die ihm als Urlaubsanspruch verwehrt oder zumindest nicht jährlich garantiert worden wäre.[7] Demgegenüber hielt das LAG Berlin-Brandenburg einen ähnlich lautenden Antrag für nicht rechtsmissbräuchlich: Der Kläger müsse als Vater von 2 minderjährigen und auf Jahre hinaus schulpflichtigen Kindern nicht regelmäßig mit der Ablehnung seiner Urlaubswünsche in den Schulferien rechnen.[8] Das beantragte Teilzeitmodell sei daher nicht ausschließlich auf die Umgehung des Urlaubsvergabesystems gerichtet. Das gilt nach Auffassung des LAG Köln[9] auch für beantragte Teilzeitblöcke von jeweils ca. 1,5 Monate, die sich mit einwöchigen Schulferien im Herbst und Winter überschneiden.

Das LAG Hessen bewertete einen Teilzeitantrag nach diesen Grundsätzen als rechtsmissbräuchlich, durch den der bereits in Teilzeit arbeitende Kläger eine Reduzierung seiner Arbeitszeit um weitere 0,21 % begehrt hatte.[10] Die Anpassung von 91 auf 92 Freistellungstage im Jahr sei lediglich das rechnerische Ergebnis der begehrten Freistellung in den Monaten April, August und Dezember eines jeden Jahres, nicht aber Ausdruck eines nachvollziehbaren Interesses an dem Umfang der Arbeitszeitreduzierung selbst. Auch hier stünde die Sicherung einer Freistellung in beliebten Ferienzeiträumen vor den kollidierenden Urlaubswünschen anderer Arbeitnehmer im Vordergrund.

 

Rz. 33

Das LAG Berlin-Brandenburg sah es als rechtsmissbräuchlich an, eine Arbeitszeitverringerung in einem Umfang von nicht einmal 10 % nur deshalb geltend zu machen, um künftig die Einteilung in eine bestimmte Schicht zu verhindern.[11] Eine Grenze kann das Teilzeitbegehren in einer Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat finden.[12] Betriebsvereinbarungen zur Festlegung der Arbeitszeit sind damit ein geeignetes Mittel, ausufernde Teilzeitwünsche bzw. Neuverteilungswünsche von Arbeitnehmern zu begrenzen. Da dieses "Privileg" an sich nur Arbeitgebern mit Betriebsrat vorbehalten ist, müsste Gleiches auch für betriebsinterne Vereinbarungen zwischen dem Arbeitgeber und der Arbeitnehmerschaft in betriebsratslosen Betrieben gelten.

[1] ArbG Würzburg, Urteil v. 28.1.2010, 5 Ca 1806/09, n. v.
[2] ArbG Stuttgart, Urteil v. 23.11.2001, 26 Ca 1324/01, NZA-RR 2002, 183, 185; a. A. Rieble/Gutzeit, NZA 2002, 7, 9 die eine Mindestreduzierung von 5 Stunden pro Woche vorschlagen; Husmann, SGb 2002, 22.

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