Zusammenfassung

 
Überblick

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) legt zwingend fest, dass das Arbeitsentgelt und die wesentlichen anderen Arbeitsbedingungen des Leiharbeitnehmers während der Dauer seiner Überlassung dem eines vergleichbaren Arbeitnehmers des entleihenden Unternehmens entsprechen muss – Gebot des sog. Equal Pay und Equal Treatment.

Auf diese beiden Grundsätze geht der Beitrag näher ein.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Seit der Neufassung des AÜG im Jahr 2017 vereinigt § 8 AÜG die zuvor im AÜG verteilten Regelungen zum Gleichstellungsgrundsatz; inhaltliche Änderungen waren im Ausgangspunkt nicht bezweckt.[1] § 8 Abs. 1 AÜG normiert dabei den Grundsatz der Gleichstellung von Leiharbeitnehmern mit den vergleichbaren Stammarbeitnehmern.

[1] BT-Drucks. 18/9231, S. 23.

1 Equal Pay und Equal Treatment

§ 8 Abs. 1 AÜG[1] bestimmt, dass Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung grundsätzlich einen Anspruch auf die im Betrieb des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers des Entleihers haben (Gebot des sog. Equal Pay und Equal Treatment).

Der Anspruch der Leiharbeitnehmer beschränkt sich auf die wesentlichen Arbeitsbedingungen eines vergleichbaren Arbeitnehmers. Aus dem Wortlaut ergibt sich, dass der Gleichstellungsgrundsatz nur für die Zeit der Überlassung gilt; für Zeiten ohne Überlassungen sind Abweichungen möglich.[2]

Der Begriff der wesentlichen Arbeitsbedingungen wird unter Rückgriff auf die Leiharbeitsrichtlinie bestimmt.[3] Nach Art. 3 Abs. 1 lit. Leiharbeitslinie[4] betreffen die wesentlichen Arbeitsbedingungen die Dauer der Arbeitszeit, Überstunden, Pausen, Ruhezeiten, Nachtarbeit, Urlaub, arbeitsfreie Tage sowie das Arbeitsentgelt. Mit seiner Entscheidung vom 12.5.2022[5] hat der EuGH dies auch noch einmal in Bezug auf den Jahresurlaub, das Urlaubsgeld und auch die Urlaubsabgeltung bestätigt.

Ferner hat der Entleiher die in seinem Unternehmen geltenden Bedingungen für Schwangere, Kinder und Jugendliche sowie Diskriminierungsverbote zu beachten.

Die vergleichbaren Arbeitsbedingungen sind tätigkeitsbezogen zu bestimmen (= tätigkeitsbezogene Gleichstellung). Für den Vergleich ist auf die konkrete Tätigkeit im Entleiherbetrieb abzustellen, also die, die der Entleiher dem Leiharbeitnehmer ausdrücklich oder konkludent durch Billigung oder Duldung zugewiesen hat oder zuweisen will. Hierbei ist z. B. das Entgelt zugrunde zu legen, welches der Leiharbeitnehmer erhalten hätte, wenn er bei dem Entleiher für die gleiche Tätigkeit eingestellt und unter Vertrag genommen worden wäre.

Beschäftigt der Entleiher keine vergleichbaren Stammarbeitnehmer, erfolgt der Vergleich fiktiv. Entscheidend ist, wie der Entleiher die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis vergütet hätte.

Die Prüfung, ob die Arbeitsbedingungen des Leiharbeitnehmers denen des Entleihers entsprechen, wird nach aktueller Rechtsprechung anhand eines sog. Sachgruppenvergleich durchgeführt, d. h., es werden die Vertragsbestandteile miteinander verglichen, die in einem sachlichen Zusammenhang zueinander stehen. So werden z. B. alle Gehalts- und Vergütungsbestandteile nicht isoliert, sondern zusammen betrachtet.

Zur Schaffung von Rechtssicherheit sieht das AÜG vor, dass von einer Einhaltung des Gleichstellungsgrundsatzes hinsichtlich des Arbeitsentgelts (nicht der weiteren Arbeitsbedingungen) auszugehen ist, wenn der Leiharbeitnehmer das im Einsatzbetrieb einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer geschuldete tarifliche Arbeitsentgelt erhält. In der Praxis ist diese Vermutungswirkung aber nur bedingt viel wert, da sie vom Leiharbeitnehmer oftmals leicht widerlegt werden kann.

[1] Nach Ansicht des BAG gewährt § 8 Abs. 1 AÜG einen ergänzenden bzw. korrigierenden gesetzlichen Anspruch: BAG, Urteil v. 21.10.2015, 5 AZR 604/14.
[2] Vgl. nur Wank/Roloff in: ErfK zum Arbeitsrecht, 22. Aufl. 2022, Rz. 7.
[4] Richtlinie 2008/104/EG v. 5.12.2008.

2 Abweichung durch tarifvertragliche Regelung

Besonders praxisrelevant ist die Abweichung von dem vorgenannten Gleichstellungsgebot durch tarifvertragliche Regelungen gem. § 8 Abs. 2 AÜG.[1]

Voraussetzung für diese Abweichungsmöglichkeit ist, dass

  • auf das Verhältnis von Verleiher und Leiharbeitnehmer ein Tarifvertrag zur Anwendung kommt,
  • der wirksam ist[2]
  • bzw. der Gleichstellungspflicht abweichende Regelungen vorsieht bzw. zulässt.

Der Tarifvertrag kann hierbei aufgrund beidseitiger Tarifbindung zur Anwendung kommen oder aber aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme von nicht tarifgebundenen Verleihern. Diese müssen aber den Tarifvertrag in Bezug nehmen, der für sie gelten würde, wenn sie tarifgebunden wären. Sie müssen in den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen.

 
Hinweis

Vollständige Inbezugnahme eines abweichenden Tarifvertrags

Bei einer Inbezugnahme eines abweichenden Tarifvertrags ist allerdings zu beachten, dass dieser vollständig in Bezug genommen werden muss. Erfolgt die Inbezugnahme nur teilweise, ist die vom Gleichstellungsgebot abweichende Regelung unwirksam. Der Arbeitne...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge